Hugh MacDiarmid, Ernst Stadler
Der schottische Lyriker und Schriftsteller Hugh MacDiarmid wurde am 11. August 1892 als Christopher Murray Grieve in Langholm, Dumfriesshire, geboren. Seinen späteren Radikalismus schrieb er einerseits seinem Vater, einem Landpostboten, als Erbe zu, andererseits führte er ihn auf die strikt auf Unabhängigkeit bedachte Tradition der Gemeinde zurück, in der er aufwuchs. Einer seiner Lehrer an der Langholm Academy war Francis George Scott, der später zahlreiche seiner Gedichte und Gesänge vertonen sollte. Zur Dichtung und Schriftstellerei kam er durch George Ogilvie, der als väterlicher Freund seine Studienjahre in Edinburgh begleitete. 1911, nach dem Tod des Vaters widmete sich Grieve dem Journalismus, diente von 1915 bis 1920 als Sanitäter in der Armee, bevor er sich ab 1921 wiederum als Journalist in Montrose niederließ. A Drunk man looks at the thistle, allgemein als sein Hauptwerk gesehen, erschien 1926. Daneben verfasste er zahlreiche Artikel für das Scottish educational journal. Mit diesen vielbeachteten Contemporary Scottish studies gab er der literarischen Szene Schottlands eine neue Perspektive, wobei er alles und jeden aus dem Establischment angriff. Als sie 1926 erstmals im Zusammenhang publiziert wurden, gab es einen ersten "kulturpolitischen Skandal". 1931 folgte ein zweiter mit MacDiarmid's First hymn to Lenin, die das kommunistische Bewusstsein zahlreicher englischer Autoren förderte und prägte: Auden, Spender, und Day Lewis.
Facing The Chair
Here under the rays of the sun
Where everything grows so vividly
In the human mind and in the heart,
Love, life, and all else so beautifully,
I think again of men as innocent as I am
Pent in a cold unjust walk between steel bars,
Their trousers slit for the electrodes
And their hair cut for the cap
Because of the unconcern of men and women,
Respectable and respected and professedly Christian,
Idle-busy among the flowers of their gardens here
Under the gay-tipped rays of the sun.
And I am suddenly completely bereft
Of la grande amitié des choses créés,
The unity of life which can only be forged by love.
Gairmscoile (Fragment)
Aulder than mammoth or than mastodon
Deep i’ the herts o’ a’ men lurk scaut-heid
Skrymmorie monsters few daur look upon.
Brides sometimes catch their wild een, scansin’ reid,
Beekin’ abune the herts they thocht to lo’e
And horror-stricken ken that i’ themselves
A like beast stan’s, and lookin’ love thro’ and thro’
Meets the reid een wi’ een like seevun hells.
... Nearer the twa beasts draw, and, couplin’, brak
The bubbles o’ twa sauls and the haill warld gangs black.
Yet wha has heard the beasts’ wild matin’-call
To ither music syne can gi’e nae ear.
The nameless lo’enotes haud him in a thrall.
Forgot are guid and ill, and joy and fear.
... My bluid sail thraw a dark hood owre my een
And I sail venture deep into the hills
Whaur, scaddows on the skyline, can be seen
—Twinin’ the sun’s brent broo wi’ plaited horns
As gin they crooned it wi’ a croon o’ thorns—
The beasts in wha’s wild cries a’ Scotland’s destiny thrills.
The lo’es o’ single herts are strays; but there
The herds that draw the generations are,
And whasae hears them roarin’, evermair
Is yin wi’ a’ that gangs to mak’ or mar
The spirit o’ the race, and leads it still
Whither it can be led, ’yont a’ desire and will.

Hugh MacDiarmid (11. August 1892 – 9. September 1978)
Der elsässische Lyriker Ernst Stadler wurde am 11. August 1883 in Colmar geboren. Er besuchte in Straßburg das Gymnasium. Er war mit René Schickele und Otto Flake befreundet und gab mit ihnen 1902 die Zeitschrift Der Stürmer heraus, die 1903 in Der Merker umbenannt wurde. Er studierte in Straßburg und ab 1904 in München Germanistik, Romanistik und vergleichende Sprachwissenschaft und promovierte mit einer Arbeit über den Parzival. 1906–08 war er Dozent in Oxford, daraufhin habilitierte er sich in Straßburg mit einer Arbeit über Wielands Shakespeare-Übersetzungen. Von 1910 bis 1914 lehrte Stadler deutsche Philologie als Professor in Brüssel. Das Angebot, als Gastprofessor nach Toronto zu gehen, musste er ausschlagen, da der Erste Weltkrieg begann und Stadler als Artillerieoffizier eingezogen wurde. Noch im selben Jahr wurde er durch eine Granate getötet.
Mit der Veröffentlichung seiner Gedichtsammlung Der Aufbruch (1914) wurde Stadler zu einer Leitfigur des literarischen Expressionismus.
Mittag
Der Sommermittag lastet auf den weißen
Terrassen und den schlanken Marmortreppen·
die Gitter und die goldnen Kuppeln gleißen·
leis knirscht der Kies. Vom müden Garten schleppen
sich Rosendüfte her· wo längs der Hecken
der schlaffe Wind entschlief in roten Matten·
und geisternd strahlen zwischen Laubverstecken
die Götterbilder über laue Schatten.
Die Efeulauben flimmern. Schwäne wiegen
und spiegeln sich in grundlos grünen Weihern·
und große fremde Sonnenfalter fliegen
traumhaft und schillernd zwischen Düfteschleiern.
Sonnwendabend
Die Sträucher ducken fiebernd sich zusammen
im Rieseln brauner Schleier und im Schwanken
nachtbleicher Falter um erglühte Ranken.
Nun schüren wir das falbe Laub zu Flammen
und feiern wiegend in verlornen Tänzen
und Liedern· die im lauen Duft verfluten·
den flüchtigen Rausch der sommerlichen Gluten·
und Mädchen weich das Haar genetzt mit Kränzen
und strahlend bleich im schwebenden Gefunkel
streun brennend dunklen Mohn und blasse Nelken.
Und bebend fühlen wir den Abend welken.
Und wilder glühn die Feuer in das Dunkel.

Ernst Stadler (11. August 1883 – 30. Oktober 1914)
Facing The Chair
Here under the rays of the sun
Where everything grows so vividly
In the human mind and in the heart,
Love, life, and all else so beautifully,
I think again of men as innocent as I am
Pent in a cold unjust walk between steel bars,
Their trousers slit for the electrodes
And their hair cut for the cap
Because of the unconcern of men and women,
Respectable and respected and professedly Christian,
Idle-busy among the flowers of their gardens here
Under the gay-tipped rays of the sun.
And I am suddenly completely bereft
Of la grande amitié des choses créés,
The unity of life which can only be forged by love.
Gairmscoile (Fragment)
Aulder than mammoth or than mastodon
Deep i’ the herts o’ a’ men lurk scaut-heid
Skrymmorie monsters few daur look upon.
Brides sometimes catch their wild een, scansin’ reid,
Beekin’ abune the herts they thocht to lo’e
And horror-stricken ken that i’ themselves
A like beast stan’s, and lookin’ love thro’ and thro’
Meets the reid een wi’ een like seevun hells.
... Nearer the twa beasts draw, and, couplin’, brak
The bubbles o’ twa sauls and the haill warld gangs black.
Yet wha has heard the beasts’ wild matin’-call
To ither music syne can gi’e nae ear.
The nameless lo’enotes haud him in a thrall.
Forgot are guid and ill, and joy and fear.
... My bluid sail thraw a dark hood owre my een
And I sail venture deep into the hills
Whaur, scaddows on the skyline, can be seen
—Twinin’ the sun’s brent broo wi’ plaited horns
As gin they crooned it wi’ a croon o’ thorns—
The beasts in wha’s wild cries a’ Scotland’s destiny thrills.
The lo’es o’ single herts are strays; but there
The herds that draw the generations are,
And whasae hears them roarin’, evermair
Is yin wi’ a’ that gangs to mak’ or mar
The spirit o’ the race, and leads it still
Whither it can be led, ’yont a’ desire and will.

Hugh MacDiarmid (11. August 1892 – 9. September 1978)
Der elsässische Lyriker Ernst Stadler wurde am 11. August 1883 in Colmar geboren. Er besuchte in Straßburg das Gymnasium. Er war mit René Schickele und Otto Flake befreundet und gab mit ihnen 1902 die Zeitschrift Der Stürmer heraus, die 1903 in Der Merker umbenannt wurde. Er studierte in Straßburg und ab 1904 in München Germanistik, Romanistik und vergleichende Sprachwissenschaft und promovierte mit einer Arbeit über den Parzival. 1906–08 war er Dozent in Oxford, daraufhin habilitierte er sich in Straßburg mit einer Arbeit über Wielands Shakespeare-Übersetzungen. Von 1910 bis 1914 lehrte Stadler deutsche Philologie als Professor in Brüssel. Das Angebot, als Gastprofessor nach Toronto zu gehen, musste er ausschlagen, da der Erste Weltkrieg begann und Stadler als Artillerieoffizier eingezogen wurde. Noch im selben Jahr wurde er durch eine Granate getötet.
Mit der Veröffentlichung seiner Gedichtsammlung Der Aufbruch (1914) wurde Stadler zu einer Leitfigur des literarischen Expressionismus.
Mittag
Der Sommermittag lastet auf den weißen
Terrassen und den schlanken Marmortreppen·
die Gitter und die goldnen Kuppeln gleißen·
leis knirscht der Kies. Vom müden Garten schleppen
sich Rosendüfte her· wo längs der Hecken
der schlaffe Wind entschlief in roten Matten·
und geisternd strahlen zwischen Laubverstecken
die Götterbilder über laue Schatten.
Die Efeulauben flimmern. Schwäne wiegen
und spiegeln sich in grundlos grünen Weihern·
und große fremde Sonnenfalter fliegen
traumhaft und schillernd zwischen Düfteschleiern.
Sonnwendabend
Die Sträucher ducken fiebernd sich zusammen
im Rieseln brauner Schleier und im Schwanken
nachtbleicher Falter um erglühte Ranken.
Nun schüren wir das falbe Laub zu Flammen
und feiern wiegend in verlornen Tänzen
und Liedern· die im lauen Duft verfluten·
den flüchtigen Rausch der sommerlichen Gluten·
und Mädchen weich das Haar genetzt mit Kränzen
und strahlend bleich im schwebenden Gefunkel
streun brennend dunklen Mohn und blasse Nelken.
Und bebend fühlen wir den Abend welken.
Und wilder glühn die Feuer in das Dunkel.

Ernst Stadler (11. August 1883 – 30. Oktober 1914)
froumen - 11. Aug, 17:45