Nikolaus Lenau
Der österreichische Lyriker und Schriftsteller Nikolaus Lenau wurde er am 13. August 1802 in Csatád im Banat, Kaisertum Österreich, heute Lenauheim in Rumänien geboren. Lenau studierte an den Universität Wien und Pressburg Recht und Medizin, konnte sich aber nicht für einen Beruf entscheiden. Verse schrieb er bereits in seiner Jugend und 1827 erschienen seine ersten Gedichte in der Zeitschrift Aurora des jungen Verlegers Johann Gabriel Seidl. Seine kreativste Schaffensphase war allerdings von 1832 bis 1844, in der er ein umfangreiches Werk schuf. Von Stuttgart aus, wo er 1831 hingezogen war, baute er Kontakt zum Seracher Dichterkreis auf, der sich aus Emma Niendorf, Gustav Schwab, Justinus Kerner, Ludwig Uhland und Hermann Kurz zusammensetzte. Eine Reise in die Vereinigten Staaten im Jahre 1832-1833 enttäuschte ihn und er sprach von den USA als „verschweinte Staaten von Amerika“. Ein Schlaganfall 1844 führte zu seinem geistigen Zusammenbruch und zur Einlieferung in eine Nervenheilanstalt. Nach sechs Jahren des Dahinsiechens starb Lenau am 22. August 1850 in die Pflegestätte des Dr. Görgen in Oberdöbling bei Wien
Der Baum der Erinnerung
Ja, du bist es, blütenreicher
Baum, das ist dein süßer Hauch!
Ich auch bins, nur etwas bleicher,
Etwas trauriger wohl auch.
Hinter deinen Blütenzweigen
Tönte Nachtigallenschlag,
Und die Holde war mein eigen,
Die an meinem Herzen lag.
Und wir meinten selig beide,
Und ich meint es bis zur Stund,
Daß so herrlich du vor Freude
Blühtest über unsern Bund.
Treulos hat sie mich verlassen;
Doch du blühst wie dazumal,
Kannst dich freilich nicht befassen
Mit der fremden Liebesqual.
»Allzulieblich scheint die Sonne,
Weht der linde Maienwind,
Und das Blühen und die Wonne
Allzubald vorüber sind!«
Mahnend säuseln mir die Lehre
Deine frohen Blüten zu;
Doch ungläubig fließt die Zähre,
Und mein Herz verlor die Ruh.
Dein Bild
Die Sonne sinkt, die Berge glühn,
Und aus des Abends Rosen
Seh ich so schön dein Bild mir blühn,
So fern dem Hoffnungslosen.
Strahlt Hesperus dann hell und mild
Am blauen Himmelsbogen,
So hat mit ihm dein süßes Bild
Die Sternenflur bezogen.
Im mondbeglänzten Laube spielt
Der Abendwinde Säuseln;
Wie freudig um dein zitternd Bild
Des Baches Wellen kräuseln! –
Es braust der Wald, am Himmel ziehn
Des Sturmes Donnerflüge,
Da mal ich in die Wetter hin,
O Mädchen, deine Züge.
Ich seh die Blitze trunkenhaft
Um deine Züge schwanken,
Wie meiner tiefen Leidenschaft
Aufflammende Gedanken.
Vom Felsen stürzt die Gemse dort,
Enteilet mit den Winden;
So sprang von mir die Freude fort
Und ist nicht mehr zu finden.
Da bin ich, weiß nicht selber wie,
An einen Abgrund kommen,
Der noch das Kind der Sonne nie
In seinen Schoß genommen.
Ich aber seh aus seiner Nacht
Dein Bild so hold mir blinken,
Wie mir dein Antlitz nie gelacht; –
Wills mich hinunterwinken? –

Nikolaus Lenau (13. August 1802 – 22. August 1850)
Porträt von Johann Umlauf
Der Baum der Erinnerung
Ja, du bist es, blütenreicher
Baum, das ist dein süßer Hauch!
Ich auch bins, nur etwas bleicher,
Etwas trauriger wohl auch.
Hinter deinen Blütenzweigen
Tönte Nachtigallenschlag,
Und die Holde war mein eigen,
Die an meinem Herzen lag.
Und wir meinten selig beide,
Und ich meint es bis zur Stund,
Daß so herrlich du vor Freude
Blühtest über unsern Bund.
Treulos hat sie mich verlassen;
Doch du blühst wie dazumal,
Kannst dich freilich nicht befassen
Mit der fremden Liebesqual.
»Allzulieblich scheint die Sonne,
Weht der linde Maienwind,
Und das Blühen und die Wonne
Allzubald vorüber sind!«
Mahnend säuseln mir die Lehre
Deine frohen Blüten zu;
Doch ungläubig fließt die Zähre,
Und mein Herz verlor die Ruh.
Dein Bild
Die Sonne sinkt, die Berge glühn,
Und aus des Abends Rosen
Seh ich so schön dein Bild mir blühn,
So fern dem Hoffnungslosen.
Strahlt Hesperus dann hell und mild
Am blauen Himmelsbogen,
So hat mit ihm dein süßes Bild
Die Sternenflur bezogen.
Im mondbeglänzten Laube spielt
Der Abendwinde Säuseln;
Wie freudig um dein zitternd Bild
Des Baches Wellen kräuseln! –
Es braust der Wald, am Himmel ziehn
Des Sturmes Donnerflüge,
Da mal ich in die Wetter hin,
O Mädchen, deine Züge.
Ich seh die Blitze trunkenhaft
Um deine Züge schwanken,
Wie meiner tiefen Leidenschaft
Aufflammende Gedanken.
Vom Felsen stürzt die Gemse dort,
Enteilet mit den Winden;
So sprang von mir die Freude fort
Und ist nicht mehr zu finden.
Da bin ich, weiß nicht selber wie,
An einen Abgrund kommen,
Der noch das Kind der Sonne nie
In seinen Schoß genommen.
Ich aber seh aus seiner Nacht
Dein Bild so hold mir blinken,
Wie mir dein Antlitz nie gelacht; –
Wills mich hinunterwinken? –

Nikolaus Lenau (13. August 1802 – 22. August 1850)
Porträt von Johann Umlauf
froumen - 13. Aug, 18:26