Ko Un
Der koreanische Dichter und Schriftsteller Ko Un wurde am 1. August 1933 in Kunsan/Südkorea geboren. Während des Korea-Krieges wurde er zum Arbeitsdienst in die koreanische Volksarmee eingezogen; 1952 wurde er buddhistischer Mönch. Er studierte östliche Lehren und westliche Philosophie (Kant, Hegel) und gründete eine "Buddhistische Zeitung". 1960 erschien sein erster Gedichtband. Er wurde Prior des Chondung-Tempels, später Erziehungsdirektor das Haein-Tempels. Aus Protest gegen den sich zum Buddhismus bekennenden Militärmachthaber Park Chung-Hee gab Ko Un sein Mönchsleben auf. Während der Zeit des Militärregimes leistete er politischen Widerstand, was er mit zahlreichen Verhaftungen und Folter bezahlte. Außerdem erhielt er Publikationsverbot. Seit 1992 ist er Professor für koreanische Sprache und Literatur in Seoul.
Laute des Nachtregens
Es regnet.
Tropfen für Tropfen spalten die Bahnen des Regens
tausend- und zehntausendfach den schwarzen Lack der Nacht.
Für gewöhnlich in solchen Nächten
sind Vögel wie Vieh beunruhigt
und wachen offenen Augs.
Auch Strandvögel und Schnepfen
verbringen diese Nacht geradeso wie das Meer
weit aufgerissenen Augs.
Der Schauer hört auf.
Noch ist des Menschen Gehör vom Getrippel des Regens ertaubt.
Vögel und Vieh schlummern ein.
Auch die von ihnen beherrschte Nacht entschwindet.
Draußen im Garten ist schließlich auch auf den Blättern der Morgenlilie
das Tröpfeln ganz verstummt.
Von einem höheren Standpunkt aus:
Die sogenannte Arbeit der Natur ist Tatenlosigkeit.
Herbstbrief
Im Herbst werd' ich einen Brief schreiben.
Wer du auch sein magst, bitte empfange ihn.
Schon häuft sich's Laub überall.
Einsame Frau, du bist schön.
Im Herbst werd' ich einen Brief schreiben.
Wer du auch sein magst, bitte empfange ihn.
Schon wirbelt's Laub umher überall.
Umherschlendernde Frau, du bist schön.
Im Herbst werd' ich einen Brief schreiben.
Mein ganzes grübelndes Herz send' ich dir.
Schon verweht's Laub überall.
Fremde Frau, du bist schön.
Übersetzt von Frank Hoffmann

Ko Un (Gunsan, 1. August 1933)
Laute des Nachtregens
Es regnet.
Tropfen für Tropfen spalten die Bahnen des Regens
tausend- und zehntausendfach den schwarzen Lack der Nacht.
Für gewöhnlich in solchen Nächten
sind Vögel wie Vieh beunruhigt
und wachen offenen Augs.
Auch Strandvögel und Schnepfen
verbringen diese Nacht geradeso wie das Meer
weit aufgerissenen Augs.
Der Schauer hört auf.
Noch ist des Menschen Gehör vom Getrippel des Regens ertaubt.
Vögel und Vieh schlummern ein.
Auch die von ihnen beherrschte Nacht entschwindet.
Draußen im Garten ist schließlich auch auf den Blättern der Morgenlilie
das Tröpfeln ganz verstummt.
Von einem höheren Standpunkt aus:
Die sogenannte Arbeit der Natur ist Tatenlosigkeit.
Herbstbrief
Im Herbst werd' ich einen Brief schreiben.
Wer du auch sein magst, bitte empfange ihn.
Schon häuft sich's Laub überall.
Einsame Frau, du bist schön.
Im Herbst werd' ich einen Brief schreiben.
Wer du auch sein magst, bitte empfange ihn.
Schon wirbelt's Laub umher überall.
Umherschlendernde Frau, du bist schön.
Im Herbst werd' ich einen Brief schreiben.
Mein ganzes grübelndes Herz send' ich dir.
Schon verweht's Laub überall.
Fremde Frau, du bist schön.
Übersetzt von Frank Hoffmann

Ko Un (Gunsan, 1. August 1933)
froumen - 1. Aug, 18:35