Achtzig Jahre Armando
Der niederländische Lyriker, Schriftsteller, Musiker und Maler Armando (eigentlich Herman Dirk van Dodeweerd) wurde am 18. September 1929 in Amsterdam geboren. Er wird heute also achtzig Jahre alt.
Als Fünfjähriger begann Armando mit dem Geigenunterricht. 1935 bis 1950 wohnte er in Amersfoort. 1945-1949 spielte er Geige in verschiedenen Bands mit Swing- und Zigeunermusik. Er studierte von 1949 bis 1954 Kunstgeschichte und Philosophie an der Universität von Amsterdam. 1949 wendete er sich dem Zeichnen zu, 1950 entstanden erste Gedichte, 1951 begann er zu malen. 1958 gründete er mit den Künstlern Kees van Bohemen, Henk Peeters, Jan Henderikse und Jan Schoonhoven die Niederländische Informelle Gruppe, 1960 die Gruppe nul. In den Jahren 1961 bis 1965 pflegte er intensive Kontakte zur niederländischen und internationalen Zero-Bewegung. Von 1965 bis 1967 war er ausschließlich als Schriftsteller tätig, 1967 veröffentlichte er mit Hans Sleutelaar das Buch De SS-ers. Nederlandse vrijwilligers in de Tweede Wereldoorlog, eine Dokumentation von Interviews mit ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS in den Niederlanden, das in den Niederlanden für Aufsehen und heftig geführte Diskussionen sorgte.

Armando: Kelch
Fortan setzte sich Armando immer wieder künstlerisch und literarisch mit seinen Kindheitserinnerungen - er war in der Nähe des Kamp Amersfoort (Polizeiliches Durchgangslager Amersfoort) aufgewachsen - auseinander. Die durchweg schwarzen Bildgegenstände stellen eine Symbolik der Gewalt dar. Es schrieb sieben Gedichtbände. 1973 entstand die erste Skulptur. 1979 übersiedelte Armando nach Berlin und schrieb für die Tageszeitung NRC-Handelsblad eine regelmäßige Kolumne Armando uit Berlijn. 1982 war Armando teilnehmender Künstler auf der documenta 7 in Kassel, 1984 vertrat er den Niederländischen Pavillon auf der 41. Biennale di Venezia. 1993 wurde das Armando-Quartett gegründet, 1994 erschien sein erstes Kinderbuch „Dirk de dwerg“. 1996 wurde er zum Mitglied der Akademie der Künste Berlin berufen. Im selben Jahr wurde ihm von der Stadt Reutlingen der von HAP Grieshaber und Rolf Szymanski begründete Jerg-Ratgeb-Preis verliehen. 1998 wurde das Armando Museum in Amersfoort eröffnet, das am 22. Oktober 2007 durch einen Brand zerstört wurde.
Aus: Sämtliche Märchen (Übersetzt von Mirjam Pressierund Marlene Müller-Haas)
Dirk, der Zwerg
“Es lebte einmal ein Zwerg, der hieß Dirk. Was war er doch für ein blöder Kerl, echt. Ein richtiger
Angeber. Immer wollte er Eindruck schinden. Er mischte sich überall ein und wusste alles besser. Wirklich, ein lästiger Kerl. Man kann gut verstehen, dass die anderen Zwerge die Nase voll hatten von Dirk. Eines Abends kamen sie zusammen und sprachen über ihn. Immer wieder klagten sie, wie blöd
dieser Dirk doch sei, bis einer von ihnen, ein gewisser Wout, das Wort ergriff und sagte: »Gehen
wir doch zu Koos, dem König des Zwergenlandes. Er ist ein kluger Kopf, er weiß bestimmt, wie wir Dirk dazu bringen können, nicht mehr so blöd zu sein.«
»Genau«, riefen die anderen. »Das haben wir auch gerade gedacht. Gehen wir zu Koos.« Sie
wuschen sich die Hände und machten sich auf den Weg. Als sie bei König Koos ankamen, sagte der:
»Ihr kommt bestimmt, um euch über diesen lästigen Dirk zu beschweren Das habe ich mir schon gedacht. Ich kenne euch doch. Ich werde euch sagen, was ihr tun müsst. Wenn er zu euch kommt und mal wieder alles besser weiß, dann lasst ihn einfach reden. Was haltet ihr davon?«
Die Zwerge jubelten. »Genau, Koos!«, riefen sie. »Genau das haben wir uns auch überlegt.«
Gesagt, getan. Dirk wusste nicht, wie ihm geschah.
Als er zu Wim, dem Schmied, kam und sagte: »Hör mal, du musst den Blasebalg anders
halten«, sagte Wim: »Ach, du bist's, Dirk« und arbeitete ruhig weiter. Und als Dirk zu Franz, dem
Bäcker, kam und sagte: »Hör mal, wie du den Teig knetest, das ist doch nichts«, sagte Franz:
»Schönes Wetter heute, Dirk.«

Armando: Das Haus
Dirk war verblüfft. Er dachte: Komisch, ich mache keinen Eindruck auf sie. Sie lassen mich einfach reden. Früher war das anders. Was soll ich bloß machen?
Er ging nach Hause und las zehn dicke Bücher. Er fand viele Wörter, die er nicht verstand, und das machte großen Eindruck auf ihn. Er schlug das zehnte Buch zu und murmelte: »Jetzt weiß ich's. Wenn ich die anderen Zwerge beeindrucken will, muss ich seltsame Wörter benutzen. Wörter, die sie nicht verstehen. Das macht Eindruck. Ich kriege sie schon klein.«
Er rieb sich die Hände und pfiff ein fröhliches Lied. Dann setzte er sich eine dicke Brille auf, um gelehrt auszusehen, machte ein bedeutungsvolles Gesicht und stapfte zu Wim, dem Schmied.
»Sag mal, Wim«, sagte Dirk, »hast du die Riggen schon gekuppt?«
Wim, der Schmied, hörte sofort mit der Arbeit auf. »Was hast du gesagt?«, fragte er erstaunt.
»Ich habe gefragt«, sagte Dirk, »ob du die Riggen schon gekuppt hast. War nur eine Frage.
Wenn du es nicht weißt, brauchst du mir nicht zu antworten, echt.«
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete Wim.
»Wirklich, ich habe keine Ahnung.«

Armando (Amsterdam, 18. September 1929)
Als Fünfjähriger begann Armando mit dem Geigenunterricht. 1935 bis 1950 wohnte er in Amersfoort. 1945-1949 spielte er Geige in verschiedenen Bands mit Swing- und Zigeunermusik. Er studierte von 1949 bis 1954 Kunstgeschichte und Philosophie an der Universität von Amsterdam. 1949 wendete er sich dem Zeichnen zu, 1950 entstanden erste Gedichte, 1951 begann er zu malen. 1958 gründete er mit den Künstlern Kees van Bohemen, Henk Peeters, Jan Henderikse und Jan Schoonhoven die Niederländische Informelle Gruppe, 1960 die Gruppe nul. In den Jahren 1961 bis 1965 pflegte er intensive Kontakte zur niederländischen und internationalen Zero-Bewegung. Von 1965 bis 1967 war er ausschließlich als Schriftsteller tätig, 1967 veröffentlichte er mit Hans Sleutelaar das Buch De SS-ers. Nederlandse vrijwilligers in de Tweede Wereldoorlog, eine Dokumentation von Interviews mit ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS in den Niederlanden, das in den Niederlanden für Aufsehen und heftig geführte Diskussionen sorgte.

Armando: Kelch
Fortan setzte sich Armando immer wieder künstlerisch und literarisch mit seinen Kindheitserinnerungen - er war in der Nähe des Kamp Amersfoort (Polizeiliches Durchgangslager Amersfoort) aufgewachsen - auseinander. Die durchweg schwarzen Bildgegenstände stellen eine Symbolik der Gewalt dar. Es schrieb sieben Gedichtbände. 1973 entstand die erste Skulptur. 1979 übersiedelte Armando nach Berlin und schrieb für die Tageszeitung NRC-Handelsblad eine regelmäßige Kolumne Armando uit Berlijn. 1982 war Armando teilnehmender Künstler auf der documenta 7 in Kassel, 1984 vertrat er den Niederländischen Pavillon auf der 41. Biennale di Venezia. 1993 wurde das Armando-Quartett gegründet, 1994 erschien sein erstes Kinderbuch „Dirk de dwerg“. 1996 wurde er zum Mitglied der Akademie der Künste Berlin berufen. Im selben Jahr wurde ihm von der Stadt Reutlingen der von HAP Grieshaber und Rolf Szymanski begründete Jerg-Ratgeb-Preis verliehen. 1998 wurde das Armando Museum in Amersfoort eröffnet, das am 22. Oktober 2007 durch einen Brand zerstört wurde.
Aus: Sämtliche Märchen (Übersetzt von Mirjam Pressierund Marlene Müller-Haas)
Dirk, der Zwerg
“Es lebte einmal ein Zwerg, der hieß Dirk. Was war er doch für ein blöder Kerl, echt. Ein richtiger
Angeber. Immer wollte er Eindruck schinden. Er mischte sich überall ein und wusste alles besser. Wirklich, ein lästiger Kerl. Man kann gut verstehen, dass die anderen Zwerge die Nase voll hatten von Dirk. Eines Abends kamen sie zusammen und sprachen über ihn. Immer wieder klagten sie, wie blöd
dieser Dirk doch sei, bis einer von ihnen, ein gewisser Wout, das Wort ergriff und sagte: »Gehen
wir doch zu Koos, dem König des Zwergenlandes. Er ist ein kluger Kopf, er weiß bestimmt, wie wir Dirk dazu bringen können, nicht mehr so blöd zu sein.«
»Genau«, riefen die anderen. »Das haben wir auch gerade gedacht. Gehen wir zu Koos.« Sie
wuschen sich die Hände und machten sich auf den Weg. Als sie bei König Koos ankamen, sagte der:
»Ihr kommt bestimmt, um euch über diesen lästigen Dirk zu beschweren Das habe ich mir schon gedacht. Ich kenne euch doch. Ich werde euch sagen, was ihr tun müsst. Wenn er zu euch kommt und mal wieder alles besser weiß, dann lasst ihn einfach reden. Was haltet ihr davon?«
Die Zwerge jubelten. »Genau, Koos!«, riefen sie. »Genau das haben wir uns auch überlegt.«
Gesagt, getan. Dirk wusste nicht, wie ihm geschah.
Als er zu Wim, dem Schmied, kam und sagte: »Hör mal, du musst den Blasebalg anders
halten«, sagte Wim: »Ach, du bist's, Dirk« und arbeitete ruhig weiter. Und als Dirk zu Franz, dem
Bäcker, kam und sagte: »Hör mal, wie du den Teig knetest, das ist doch nichts«, sagte Franz:
»Schönes Wetter heute, Dirk.«

Armando: Das Haus
Dirk war verblüfft. Er dachte: Komisch, ich mache keinen Eindruck auf sie. Sie lassen mich einfach reden. Früher war das anders. Was soll ich bloß machen?
Er ging nach Hause und las zehn dicke Bücher. Er fand viele Wörter, die er nicht verstand, und das machte großen Eindruck auf ihn. Er schlug das zehnte Buch zu und murmelte: »Jetzt weiß ich's. Wenn ich die anderen Zwerge beeindrucken will, muss ich seltsame Wörter benutzen. Wörter, die sie nicht verstehen. Das macht Eindruck. Ich kriege sie schon klein.«
Er rieb sich die Hände und pfiff ein fröhliches Lied. Dann setzte er sich eine dicke Brille auf, um gelehrt auszusehen, machte ein bedeutungsvolles Gesicht und stapfte zu Wim, dem Schmied.
»Sag mal, Wim«, sagte Dirk, »hast du die Riggen schon gekuppt?«
Wim, der Schmied, hörte sofort mit der Arbeit auf. »Was hast du gesagt?«, fragte er erstaunt.
»Ich habe gefragt«, sagte Dirk, »ob du die Riggen schon gekuppt hast. War nur eine Frage.
Wenn du es nicht weißt, brauchst du mir nicht zu antworten, echt.«
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete Wim.
»Wirklich, ich habe keine Ahnung.«

Armando (Amsterdam, 18. September 1929)
froumen - 18. Sep, 19:17