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Dienstag, 19. Mai 2009

Ruskin Bond, Rahel Varnhagen

Der anglo-indische Schriftsteller Ruskin Bond wurde am 19. Mai 1934 in Kasauli, Himachal Pradesh, geboren. Bonds Vater war Schotte, aber in Indien geboren, seine Mutter war Anglo-Inderin. Nach der Scheidung der Eltern und dem frühen Tod seines Vaters wuchs Ruskin Bond teils bei seinen Großeltern in Dehradun, teils in Internatsschulen auf. Nachdem Indien 1947 unabhängig geworden war, emigrierten Bonds Großeltern und andere Verwandte nach England. Die inzwischen mit einem Inder verheiratete Mutter blieb mit dem Sohn im Land.
Nach dem Ende seiner Schulzeit verbrachte Bond vier Jahre in England. In London begann er mit siebzehn Jahren seinen ersten Roman, The Room on the Roof, die stark autobiographisch geprägte Geschichte des elternlosen jungen Anglo-Inders Rusty, der seinem überstrengen Ziehvater, einem britischen Missionar, entflieht und eine Familie kennen lernt, die ihm erlaubt, sich in einer Kammer auf dem Flachdach ihres Hauses wohnlich einzurichten. Von dem Vorschuss, den Bond für dieses Buch erhielt, kaufte er sich ein Schiffsticket nach Bombay und kehrte zurück nach Indien. Er arbeitete einige Jahre als Journalist in Dehradun und Neu-Delhi. Seit 1963 lebt er als freier Schriftsteller in Mussoorie.
Ruskin Bonds Werk umfasst Romane, Kurzgeschichten, längere Erzählungen, Essays, Reiseberichte und Jugendbücher. In Indien sind besonders seine Kurzgeschichten beliebt und wurden mehrfach aufgelegt. Seine 1975 veröffentlichte Erzählung A Flight of Pigeons („Ein Schwarm Tauben“) wurde 1978 unter dem Titel Junoon („Wahnsinn“) von Shyam Benegal verfilmt und ging als ein Klassiker in die Geschichte des Hindi-Films ein.

Aus: Visitors from the forest

”Sometimes during the day a bird visits me- a deep blue whistling thrush, hopping about on long dainty legs, too nervous to sing. She perches on a windowsill, looking out at the rain. If I sit quietly in my chair, she will sit quietly at her windowsill, glancing now and then to make sure I keep my distance. When the rain stops, she glides away, and it is only then, confident in her freedom, that she bursts into full-throated song, her broken but enchanting melody echoing down the ravine.

I am sure that these short paragraphs would have helped you more than all my blabbering, am I right? I hope Ruskin Bond charmed you.

Ruskin Bond is an artiste par excellence. Just reading his stories gives you a warm feeling inside. It cheers you up. If you are disappointed or upset because of something, pick up one of his books and read it; you are sure to feel nice after that. There are many authors who write awesome extra interesting stories, but authors like Ruskin Bond are rare. He writes stories which are truly entertain you, but in a calm, soothing way. He is an enchanter. Do read his books, you won?t be disappointed.”







Ruskin Bond (Kasauli, 19. Mai 1934)





Die deutsche Schriftstellerin Rahel Varnhagen wurde am 19. Mai 1771 als älteste Tochter des Kaufmanns Markus Levin und seiner Frau Chaie Levin in Berlin geboren. Während der Befreiungskriege 1813 organisierte Rahel die Versorgung der Verwundeten aller Kriegsparteien in Prag und sammelte Spenden für die Hinterbliebenen. Nach mehreren unglücklichen Beziehungen ehelichte Rahel am 27. September 1814 den Diplomaten, Historiker und Publizisten Karl August Varnhagen von Ense und konvertierte zum Christentum. Sie begleitete ihren Mann auf verschiedenen Reisen, z. B. nach Wien. Nach seiner Abberufung als Geschäftsträger am badischen Hof kehrte sie mit ihm im Oktober 1819 nach Berlin zurück.Als Schriftstellerin pflegte Rahel vor allem die Gattungen Tagebuch und Brief. Damit ist sie typisch für die im 19. Jahrhundert aufblühende Frauenliteratur, die kleine, intimere Formen bevorzugt. Der Wert ihres Schaffens resultiert jedoch nicht nur aus der Dokumentation historischer und kultureller Vorgänge, sondern aus Rahels brillantem Stil und ihrer politischen Weitsicht. 1812 publizierte Rahel Teile ihres Briefwechsels mit Karl August Varnhagen, die Johann Wolfgang von Goethe betrafen und dessen Ruhm als Weimarer Dichterfürst bestärkte. Weitere Veröffentlichungen in Journalen und Almanachen folgten. Sie blieb anonym, wurde aber als Schriftstellerin in zeitgenössischen Lexikonbeiträgen genannt. Der Großteil ihrer Schriften wurde allerdings postum von ihrem Ehemann und nach dessen Tod von seiner Nichte Ludmilla Assing ediert.

Aus: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde.

„Montag, den 5. November 1822.
Franzosen, Engländer, sonst die Spanier und Italiäner – und natürlich auch die alten Nationen – haben Nationalmeinungen, solche Gefühle, Ehre, Ehrgeiz, und Strebungen, die sich auf theils bleibende, theils eine große Zeit lang sich wiederholende gesellige Zustände beziehen; ihre Kunst, ihre Künstler und Dichter müssen sich auch darauf beziehen, wenn sie verstanden werden wollen, wie sie auch selbst darin befangen sind. Wir Deutschen klagen schon lange, und immer öfter darüber, daß unter uns die Dichter nicht auf Autorität verehrt werden. Diesen Übelstand können wir aber ertragen, wenn wir betrachten wollen, was wir eigentlich sind. Ein Volk nicht zu einer Nation abgeformt und geschliffen: der Menschheit, und also allen Nationen noch nahe; unser Dichter sieht sich in der ganzen menschlichen Welt nach Zuständen um; erhöht sie, denkt sie sich wie sie sein könnten, müßten, nicht nur wie sie sind, und sein können in einem engen vorgefundenen Zustand, den er noch ändern will, gemein mit allen Gesetzgebern, und Erfindern; je größer solches Menschen Geist, je erhabener seine Seele, je belebter sein Herz, je reichhaltiger, vielfältiger, muß er wählen und darstellen, und Zustände kombiniren, und in dem Alten Neues sehen und zeigen: aber desto weniger auch wird er begriffen, oder desto häufiger ihm nicht gefolgt werden können, er unverstanden bleiben; und also oft nicht anerkannt werden, und von Dreisteren, die sich vieles angelernt haben, ohne das zu ahnden, was nicht angelernt werden kann, getadelt; grad'zu. Dies ist eben der Zustand, in dem sich unser Publikum mit seinen Autoren befindet. Bei weitem vorzuziehen einer nur in einer Zeit, und auch da nur von den Verständnißreichen, wahr gewesenen, jetzt zu einem Patentbeifall gewordenen, unverdauten Anerkennung; die eine gänzlich äußere wird; aber auch Ansehen, Einkünfte und Orden giebt: bei uns ist alles dies im Werden und Wachsen; ganz lebendig mit allem andern Aufstreben und Gedeihen; in einer Art von Kriegszustand unter einander, der dem Selbst- und Doppelgespräch des Gewissens zu vergleichen ist; welches uns reinigt, fördert, immer beruhigen will, und eigentlich allein nur belebt. Welchem einzelnen Menschen wäre es wohl erlaubt, sich solche Komplimente zu schneiden, wie es jede Nation gegen sich selbst gelassen und blind ausführen darf; und wovon wir unfassionirten Deutschen bis vor einiger Zeit frei waren.“






Rahel Varnhagen (19. Mai 1771 – 7. März 1833)

Montag, 18. Mai 2009

W.G. Sebald, Yi Mun-yol

Der deutsche Schriftsteller und Literaturwissenschaftler W. G. (Winfried Georg) Sebald wurde am 18. Mai 1944 in Wertach, Allgäu, geboren. W. G. Sebald wuchs mit einer älteren Schwester in Wertach auf, wo sein Großvater mütterlicherseits, in dessen Haus er geboren wurde. 1954 besucht W. G. Sebald das Realgymnasium „Maria Stern“ in Immenstadt, dann die Oberrealschule in Oberstdorf, und legte dort auch im Jahr 1963 das Abitur ab. Wegen eines Herzfehlers vom Wehrdienst befreit, schaffte er schon nach zwei Jahren Studium der Literaturwissenschaft 1966 in Fribourg in der französischsprachigen Schweiz den Studienabschluss mit der „Licence ès (en les) Lettres“.
Im selben Jahr emigrierte er nach England, heiratete 1967 eine Österreicherin. Im Jahr darauf reichte er 1968 erfolgreich seine Magister-Arbeit über Carl Sternheim ein. Er war bis 1969 Lektor an der Universität Manchester. Dann lehrte er seit 1970 an der University of East Anglia in Norwich, 1973 promovierte er über Döblin. 1986 habilitierte sich Sebald an der Universität Hamburg mit „Die Beschreibung des Unglücks“. 1988 wurde er Ordinarius für Neuere Deutsche Literatur an der University of East Anglia. Neben seiner Universitätslaufbahn entstand seit Ende der 1980er Jahre sein literarisches Werk, das anfangs vor allem in Großbritannien, den USA, wo sich besonders Susan Sontag für ihn einsetzte - in beiden Ländern besitzt Sebald inzwischen Kultstatus - und Frankreich große Aufmerksamkeit fand. Dort wurde Sebald zuletzt sogar als Kandidat für den Nobelpreis gehandelt. Ab Mitte der 1990er Jahre wurde auch die deutsche Literaturkritik auf ihn aufmerksam. Er hat ein schmales, höchst eigentümliches, ganz und gar originelles Oeuvre hinterlassen.

Aus: Die Ringe des Saturn

“Unbegreiflich erschien es mir jetzt, als ich nach Lowestoft hineinging, wie es in einer verhältnismäßig so kurzen Zeit so weit hatte herunterkommen können.(...) Gleich einem unterirdischen Brand und dann wie ein Lauffeuer hatte der Schaden sich fortgefressen, Bootswerften und Fabriken waren geschlossen worden, eine um die andere, bis für Lowestoft als einziges nur noch die Tatsache sprach, daß es den östlichsten Punkt markierte auf der Karte der britischen Inseln. Heute steht in manchen Straßen der Stadt fast jedes zweite Haus zum Verkauf, Unternehmer, Geschäftsleute und Privatpersonen versinken immer weiter in ihren Schulden, Woche für Woche hängt irgendein Arbeitsloser oder Bankrotteur sich auf, der Analphabetismus hat bereits ein Viertel der Bevölkerung erfaßt, und ein Ende der stetig fortschreitenden Verelendung ist nirgends abzusehen. Obgleich mir dies alles bekannt war, bin ich nicht vorbereitet gewesen auf die Trostlosigkeit, die einen in Lowestoft sogleich erfaßt, denn es ist eine Sache, in den Zeitungen Berichte über sogenannte unemployment blackspots zu lesen, und eine andere, an einem lichtlosen Abend durch Zeilen der Reihenhäuser mit ihren verschandelten Fassaden und grotesken Vorgärtchen zu gehen und, wenn man endlich angelangt ist in der Mitte der Stadt, nichts vorzufinden als Spielsalons, Bingohallen, Betting Shops, Videoläden, Pubs, aus deren dunklen Türöffnungen es nach saurem Bier riecht, Billigmärkte und zweifelhafte Bed&Breakfest Etablissements mit Namen wie Ocean Dawn, Beachcomber, Balmoral Albion und Layla Lorraine.”







W.G. Sebald (18. Mai 1944 – 14. Dezember 2001)




Der südkoreanische Schriftsteller Yi Mun-yol wurde am 18. Mai 1948 in Yongyang geboren. Yi gehört zu den bedeutendsten und meistgelesenen koreanischen Schriftstellern der Gegenwart. Seine Romane und Erzählungen sind in viele Sprachen übersetzt worden. Kurz vor Ausbruch des Koreakrieges geboren, musste Yi schon bald ohne seinen Vater auskommen, der die Familie 1951 verließ und in das kommunistische Lager wechselte. Den Besuch der Oberschule in Andong brach er ab, um nach Obdachlosigkeit und längerer Krankheit seinen Abschluss nachzuholen. 1968 bestand er die Aufnahmeprüfung der Staatlichen Universität Seoul und studierte bis 1970 Koreanisch. Dann brach der das Studium ab, um Beamter zu werden. Er konnte aber die dafür nötige Prüfung mehrmals nicht bestehen und so trat er 1973 ins Militär ein. Nach seiner dreijährigen Dienstzeit arbeitet er als Dozent und Journalist. 1979 hatte er mit der Erzählung Saehagok seinen Durchbruch als Schriftsteller. Er bekam den Preis für Nachwuchsschriftsteller und schuf weitere Erzählungen und Romane, die mehrfach ausgezeichnet wurden. So erhielt er 1992 den Hyundae-Literaturpreis, den Koreanischen Preis für Literatur und Kunst sowie den französischen Verdienstorden für Kultur und Literatur. Von 1994 bis 1997 lehrte er koreanische Sprache und Literatur an der Sejong University. Später baute er eine kleine Akademie auf, in der er Dichter ausbildet.

Aus: Der entstellte Held (Übersetzt von Kim Hiyoul und Heidi Kang)

„Es muß Anfang Juni gewesen sein, denn die Akazien am Dammweg zu unserer Schule blühten. Yun Byongjo von der Wäscherei hatte etwas Besonderes mit in die Schule gebracht und prahlte in der Klasse damit. Es war ein teures vergoldetes Feuerzeug, eins von denen, die wir "runde Feuerzeuge" nannten. Es ging von Hand zu Hand und verursachte etwas Unruhe. Sokdae, der einen Moment draußen gewesen war, sah es, sobald er zurückkam. Er kam näher, streckte seine Hand aus und sagte:
"Zeig mal her!"
Die Schüler, die bis dahin lachend ihre Bewunderung gezeigt hatten, verstummten, und das Feuerzeug gelangte in Sokdaes Hände. Er drehte und wendete es eine Weile.
"Wem gehört es?" fragte er Byongjo ausdruckslos.
"Meinem Vater", antwortete dieser mit plötzlich erstickter Stimme.
"Hat er es dir geschenkt?"
"Nein, ich hab es nur mitgebracht."
"Wer weiß, daß du es genommen hast?"
"Nur mein Bruder."
Ein leichtes Lächeln umspielte Sokdaes Mund. Er begann, das Feuerzeug mit neuem Interesse zu untersuchen.
"Toll", sagte Sokdae schließlich, noch immer das Feuerzeug haltend, und blickte Byongjo fest an.
Ich hatte Sokdae von Anfang an beobachtet und war plötzlich gespannt. Aus meiner Erfahrung wußte ich, daß er mit seinen Worten etwas anderes meinte, als man allgemein darunter verstand.
Wenn er etwas haben wollte, das einem anderen gehörte, bedeutete sein Toll!, daß er es verlangte. Im allgemeinen reichte das aus, damit man es ihm gab, aber manchmal zögerte ein Schüler. Dann pflegte Sokdae zu sagen: "Leih es mir!" Natürlich wollte er damit sagen: "So gib schon her!" Niemand konnte sich dem widersetzen. Nie nahm er also den Jungen direkt etwas weg, es wurde ihm tatsächlich gegeben. Ich hatte damals noch keinen Begriff für indirekte Erpressung und hatte diese "Geschenke" immer in Ordnung gefunden, aber an diesem Tag erkannte ich, daß nicht einmal mehr ein Minimum an Schein gewahrt wurde.“







Yi Mun-yol (Yongyang, 18. Mai 1948)

Sonntag, 17. Mai 2009

Peter Høeg, Lars Gustafsson

Der dänische Schriftsteller Peter Høeg wurde am 17. Mai 1957 in Kopenhagen geboren. Als junger Erwachsener orientierte er sich in die künstlerische Richtung, studierte Schauspiel, Tanz und Literaturwissenschaften. 1984 schloss er mit dem Magister Artium in Vergleichender Literaturwissenschaft sein Studium ab. Er arbeitete in einer Vielzahl von Bereichen, u. a. als Schauspieler und Tänzer (Klassisches Ballett). Häufig befand er sich auch auf Reisen, vor allem in der Karibik und in Afrika. Zwischendurch arbeitete er als Matrose auf Yachten reicher Leute und spielte Theater in Afrika. Im Anschluss an diese Reisen gründete er auch eine Stiftung zugunsten von Frauen und Kindern in Entwicklungsländern. Der Autor lebt als freier Schriftsteller in Jütland (Dänemark).
Sein soziales Engagement spiegelt sich auch in seinen Texten. Internationalen Ruhm erlangte er mit der Veröffentlichung des Romans Fräulein Smillas Gespür für Schnee (Frøken Smillas fornemmelse for sne), der 1992 herauskam und später vom dänischen Regisseur Bille August mit Julia Ormond in der Titelrolle verfilmt wurde.

Aus: Der Plan von der Abschaffung des Dunkels (Übersetzt von Angelika Gundlach)

“Das Zweitbeste, um die Vorderpartie zu stärken, nach dem Geräteturnen, war Leichtathletik, vor allem die Wurfdisziplinen, das war im Winter jedoch schwieriger, weil sie im Freien stattfand.
Die einzige Ausnahme davon war Laufen. Klastersen hatte der Juniorennationalmannschaft beigebracht, im Winter auf den gefrorenen Mooren und Seen zu trainieren, und schöne Ergebnisse erzielt. Das war eines seiner Prinzipien: Wenn man lief, gab es kein Wetter, bei dem man nicht draußen sein konnte.
Also hatte man Lauftraining zu allen Jahreszeiten, er hatte jedoch eine Vorliebe für Schnee. Bei Schnee konnte man ziemlich sicher sein, daß man auf jeden Fall die erste halbe Stunde durch den Park laufen würde.
Er selbst lief vorneweg. Das bedeutete, wenn man nicht zur Spitzengruppe gehörte oder wenn man sich sogar zurückfallen ließ, war man plötzlich allein.
Sie stand an einem Baum, mit dem Rücken zu mir. Ich sah den schwarzen Mantel. Hinter ihr war der fallende Schnee eine Wand, sie löste sich von dem Baum, ging durch die Wand und war weg.
Ich bog vom Weg ab und kam hinunter an den See. Es war an einer Stelle, die lange eisfrei war. Da stand ein Reiher, und es gab auch Schwäne. Es war, als spürten sie die Kälte nicht, und sie waren in Bewegung, als sei jemand vorbeigegangen.
Ich dachte, ich hätte sie verloren, oder vielleicht war sie es nicht gewesen. Der Schnee bildete noch immer Räume, man lief durch eine Reihe von weißen Zimmern, die nie endeten. Ich wandte mich zu dem Hügel, wo die Statuen waren, mit gefrorenen Kleidern aus Schnee auf der grünen Bronzehaut. Eine von ihnen löste sich von den anderen und ging weg. Ich marschierte los. Wir kamen hinunter an die Stelle, wo im Sommer Rosen gestanden hatten. Sie waren zurückgeschnitten und mit Tannenzweigen bedeckt.”






Peter Høeg (Kopenhagen, 17. Mai 1957)




Der schwedische Lyriker und Schriftsteller Lars Gustafsson wurde am 17. Mai 1936 in Västerås geboren. Er studierte Literatur, Philosophie und Soziologie an den Universitäten von Uppsala/Schweden und Oxford. Durch ein DAAD-Stipendium gelangte er auch nach Deutschland und lebte ab 1972 zwei Jahre in West-Berlin. 1961 promovierte er in Philosophie, 1979 schloss er seine Habilitation ab. 1981 konvertierte Gustafsson zum Judentum. 1983 bis 2006 war er Professor für Germanistische Studien und Philosophie an der University of Texas in Austin/Texas. Seit Mai 2006 lebt er in Södermalm, Stockholm. Er ist als Lyriker, Philosoph und Romancier hervorgetreten. 1957 gab er sein literarisches Debüt mit dem Roman Vägvila (Wegesrast), der eine Mischung aus Prosa und Lyrik darstellt. In der Romanreihe Die Risse in der Mauer geht es um die späten 60er und frühen 70er Jahre. Der Band umfasst die Autobiographie Herr Gustafsson persönlich (1972), das Jugenddrama Wollsachen (1974) sowie Familientreffen (1976), Sigismund (1977) und Tod eines Bienenzüchters (1978).



A Men's Choir

The voice one has when
talking to small children
and large dogs
is not the same
as that at the barber's
or from the lectern.
It comes from another life
from far, far away
one that maybe never existed

whereas the voice
one has
when caressing a woman's breast
or belly
is a third voice
that comes from a third world
(green warm moist shadow under
huge ferns, marshland, and
huge birds that fly up).
And there are many, many more.

Not my own voice—
and not exactly that of anyone else.
Is there such a thing as
the voices in between?
I recall your foot
still warm with morning.
I imagine
they must be like that.
And if one could hear
all the voices at the same time
one would get the impression
of a men's choir
defiantly executing
a breakneck series of dissonances.





Übersetzt von John Irons






Lars Gustafsson (Västeras, 17. Mai 1936)

Samstag, 16. Mai 2009

Adrienne Rich, Friedrich Rückert

Die amerikanische Dichterin, Dozentin und Autorin Adrienne Rich wurde am 16. Mai 1929 in Baltimore, Maryland, geboren. 1951 schloss Rich das Radcliffe College ab und gewann für ihr erstes Buch A Change of World den angesehenen Wettbewerb „Yale Series of Younger Poets Competition“. W. H. Auden, der Richter bei diesem Preis, schrieb ein Vorwort für das Buch. 1953 heiratete Rich Alfred Conrad, einen Harvard-Ökonomen und zog nach Cambridge (Massachusetts), wo sie in den nächsten fünf Jahren drei Söhne gebar. 1966 zog Rich nach New York als ihr Mann einen Ruf an das City College annahm. Sie unterrichtete im Rahmen des SEEK-Programms, einem Programm, das speziell zur Verbesserung der Englischkenntnisse von angehenden Studenten aus armen schwarzen Familien sowie aus der Dritten Welt gegründet worden war. Es warf hochpolitische Fragen nach dem Aufeinanderprallen unterschiedlicher kultureller Codes und nach dem Verhältnis von Sprache und Macht auf, Fragen, die im Werk von Adrienne Rich von zentraler Bedeutung bleiben sollten. Sie war in der Zeit auch stark von dem Werk von James Baldwin und Simone de Beauvoir beeindruckt. Obwohl Rich und ihr Ehemann sich beide an Bewegungen für soziale Gerechtigkeit beteiligten, war der Schwerpunkt ihres Engagements in der Frauenbewegung. Leaflets (1969), The Will to Change (1971), und Diving into the Wreck (1973), das 1974 den National Book Award gewann, bewiesen ein zunehmendes Vertrauen in die eigene Kraft. Rich hat am Swarthmore College, an der Columbia University, Brandeis, Rutgers, Cornell, San Jose State und Stanford University unterrichtet. Seit 1976 lebt sie mit der Schriftstellerin und Lektorin Michelle Cliff. Sie ist aktiv in der Bewegung für die Rechte von Schwulen und Lesben, in der Bewegung für das Recht auf Abtreibung und in der progressiven jüdischen Bewegung New Jewish Agenda.


Burning Oneself Out

We can look into the stove tonight
as into a mirror, yes,

the serrated log, the yellow-blue gaseous core

the crimson-flittered grey ash, yes.
I know inside my eyelids
and underneath my skin

Time takes hold of us like a draft
upward, drawing at the heats
in the belly, in the brain

You told me of setting your hand
into the print of a long-dead Indian
and for a moment, I knew that hand,

that print, that rock,
the sun producing powerful dreams
A word can do this

or, as tonight, the mirror of the fire
of my mind, burning as if it could go on
burning itself, burning down

feeding on everything
till there is nothing in life
that has not fed that fire




November 1968

Stripped
you're beginning to float free
up through the smoke of brushfires
and incinerators
the unleafed branches won't hold you
nor the radar aerials

You're what the autumn knew would happen
after the last collapse
of primary color
once the last absolutes were torn to pieces
you could begin

How you broke open, what sheathed you
until this moment
I know nothing about it
my ignorance of you amazes me
now that I watch you
starting to give yourself away
to the wind








Adrienne Rich (Baltimore, 16. Mai 1929)





Der deutsche Dichter Friedrich Rückert wurde am 16. Mai 1788 in Schweinfurt geboren. Die Eindrücke seiner dort verlebten Frühjugend hat Rückert in dem 1829 entstandenen Zyklus Erinnerungen aus den Kinderjahren eines Dorfamtmannssohns in poetisch-humoristischen Genrebildern dargestellt. Nachdem er auf der lateinischen Schule in Schweinfurt die akademische Vorbildung erhalten hatte, begann er 1805 zunächst ein Studium der Rechte an der Universität Würzburg, wandte sich jedoch bald bis 1809 ausschließlich dem Studium der Philologie und Ästhetik zu. Während dieser Zeit war er auch beim Corps Franconia Würzburg aktiv. Nach einer kurzen Anstellung 1811 als Dozent in Jena und einer darauffolgenden, ebenfalls kurzen Beschäftigung als Gymnasiallehrer, zog sich Rückert für eine Weile ganz von amtlicher Tätigkeit zurück und ließ sich als Privatgelehrter in Würzburg nieder. In den folgenden Jahren wechselte er seinen Wohnsitz häufig zwischen Würzburg, Hildburghausen und seinem Elternhaus in Schweinfurt. Populär wurde Rückert zunächst mit seinen Geharnischten Sonetten, die er unter dem Pseudonym Freimund Reimar gegen die napoleonische Besatzung schrieb. 1815 ging Rückert auf Anregung des Ministers von Wangenheim nach Stuttgart, wo er die Redaktion des poetischen Teils des Cotta'schen Morgenblatts für gebildete Stände übernahm, den Kranz der Zeit (1817) und Napoleon, eine politische Komödie in zwei Stücken (1816-1818) erscheinen ließ. Im Herbst 1817 reiste Rückert nach Italien, wo er den größten Teil seiner Zeit Kontakt mit deutschen Künstlern pflegte und kehrte über Wien in die Heimat zurück. Von 1820 bis 1826 lebte Rückert als Privatgelehrter vornehmlich in Ebern und Coburg. 1821 heiratete er Luise Wiethaus-Fischer, mit der er 10 Kinder hatte. Rückert folgte 1826 einem Ruf als Professor der orientalischen Sprachen und Literaturen nach Erlangen. Erschütternd sind seine Kindertodtenlieder, in denen er den frühen Tod (Winter 1833/1834) seiner beiden Lieblingskinder beklagt.

Aus: Kindertotenlieder

Der Liebe Leben ist schnell vollbracht

Der Liebe Leben ist schnell vollbracht,
Es keimet, es reift in einer Nacht;
Frühmorgens erwacht,
Noch eh du's gedacht,
Hüpfts Kindlein frisch

Durch Blütengebüsch,
Und regt die Glieder
Mit Macht, mit Macht.
Kommts Abendroth,
Ists Kindlein todt,
Es legt sich nieder,
Ersteht nicht wieder,
Ist nimmer erwacht,
Gute Nacht, gute Nacht!
Dein Lauf ist vollbracht,
Dein Grab ist gemacht,
Gute Nacht, gute Nacht!





So kurz war euer Beider Leben

So kurz war euer Beider Leben,
Von euch ist wenig zu berichten
In Staats- und Zeit- und Weltgeschichten;
Es muß, euch irgend zu erheben,
Der Leichenstein so wie daneben
Der Leichenprediger verzichten;
Und nur der Liebe könnt ihr geben
Stoff zu unendlichen Gedichten.








Friedrich Rückert (16. Mai 1788 – 31. Januar 1866)
Statue in Schweinfurt

Freitag, 15. Mai 2009

Arthur Schnitzler, Judith Hermann

Der österreichische Erzähler und Dramatiker Arthur Schnitzler wurde am 15. Mai 1862 in Wien. Von 1871 bis 1879 besuchte er das Akademische Gymnasium und legte am 8. Juli 1879 die Matura mit Auszeichnung ab. Danach studierte er an der Universität Wien Medizin und wurde am 30. Mai 1885 zum Dr. med. promoviert. 1885 bis 1888 arbeitete er als Assistenz- und Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien und war danach bis 1893 Assistent seines Vaters an der laryngologischen Abteilung der Poliklinik in Wien, betätigte sich aber bereits in dieser Zeit als Schriftsteller. Nach dem Tod seines Vaters 1893 verließ er die Klinik und eröffnete seine eigene Praxis, zuerst am Burgring 1, dann in der Frankgasse 1. An dem 1895 posthum erschienenen Klinischen Atlas der Laryngologie seines Vaters hatte er noch mitgewirkt. Ab 1890 war Schnitzler gemeinsam mit seinen Freunden Hugo von Hofmannsthal und Richard Beer-Hofmann einer der Hauptvertreter des Jungen Wien, der literarischen Wiener Moderne, deren bevorzugter Treffpunkt das Café Griensteidl war. Schnitzler besuchte aber auch gerne das Restaurant Leidinger in der Kärntner Straße 61 und war auch mit Sigmund Freud gut bekannt. Er ist einer der bedeutendsten Kritiker der österreichisch-ungarischen K.u.k.-Gesellschaft und ihrer Entwicklung um die Jahrhundertwende.
Seit Anfang des 20. Jahrhundert gehörte der Literat zu den meistgespielten Dramatikern auf deutschen Bühnen. Nach der Veröffentlichung von Leutnant Gustl, in dem er den Ehrenkodex des österreichischen Militärs angreift, wurde ihm am 14. Juni 1901 der Offiziersrang als Oberarzt der Reserve aberkannt.Schnitzlers Werke beschäftigen sich häufig mit Themen wie Ehebruch (z.B. im Drama Der Reigen), heimlichen Affären und Frauenhelden (Anatol, Dramenzyklus).
Nicht zufällig war es Schnitzler, der mit seiner Novelle Leutnant Gustl (1900) den inneren Monolog in die deutsche Literatur einführte. Mithilfe dieser besonderen Perspektive gelang es ihm, dem Leser einen tieferen, direkteren Einblick in die inneren Konflikte seiner Figuren zu geben. Er führte diese Erzählform auch in Fräulein Else fort.

Aus: Reigen

„Morgen, gegen sechs Uhr.
Ein ärmliches Zimmer; einfenstrig, die gelblich-schmutzigen Rouletten sind heruntergelassen. Verschlissene grünliche Vorhänge. Eine Kommode, auf der ein paar Photographien stehen und ein auffallend geschmackloser, billiger Damenhut liegt. Hinter dem Spiegel billige japanische Fächer. Auf dem Tisch, der mit einem rötlichen Schutztuch überzogen ist, steht eine Petroleumlampe, die schwach brenzlich brennt; papierener, gelber Lampenschirm, daneben ein Krug, in dem ein Rest von Bier ist, und ein halb geleertes Glas. Auf dem Boden neben dem Bett liegen unordentlich Frauenkleider, als wenn sie eben rasch abgeworfen worden wären. Im Bett liegt schlafend die Dirne; sie atmet ruhig. – Auf dem Diwan, völlig angekleidet, liegt der Graf, im Drapp-Überzieher; der Hut liegt zu Häupten des Diwans auf dem Boden.

Graf bewegt sich, reibt die Augen, erhebt sich rasch, bleibt sitzen, schaut um sich Ja, wie bin ich denn... Ah so... Also bin ich richtig mit dem Frauenzimmer nach Haus... Er steht rasch auf, sieht ihr Bett Da liegt s' ja... Was einem noch alles in meinem Alter passieren kann. Ich hab' keine Idee, haben s' mich da heraufgetragen? Nein... ich hab' ja gesehn – ich komm in das Zimmer... ja... da bin ich noch wach gewesen oder wach 'worden... oder... oder ist vielleicht nur, dass mich das Zimmer an was erinnert?... Meiner Seel', na ja... gestern hab' ich's halt g'sehn... Sieht auf die Uhr was! gestern, vor ein paar Stunden – Aber ich hab's g'wusst, dass was passieren muss... ich hab's g'spürt... wie ich ang'fangen hab' zu trinken gestern, hab' ich's g'spürt, dass... Und was ist denn passiert?... Also nichts... Oder ist was...? Meiner Seel... seit... also seit zehn Jahren ist mir so was nicht vorkommen, dass ich nicht weiss... Also kurz und gut, ich war halt b'soffen. Wenn ich nur wüsst', von wann an... Also, das weiss ich noch ganz genau, wie ich in das Hurenkaffeehaus hinein bin mit dem Lulu und... nein, nein... vom Sacher sind wir ja noch weg'gangen... und dann auf dem Weg ist schon... ja richtig, ich bin ja in meinem Wagen g'fahren mit'm Lulu... Was zerbrich ich mir denn viel den Kopf. Ist ja egal. Schaun wir, dass wir weiterkommen. Steht auf. Die Lampe wackelt Oh! Sieht auf die Schlafende Die hat halt einen g'sunden Schlaf. Ich weiss zwar von gar nix – aber ich werd' ihr 's Geld aufs Nachtkastel legen... und Servus... Er steht vor ihr, sieht sie lange an Wenn man nicht wüsst', was sie ist! Betrachtet sie lang Ich hab' viel 'kennt, die haben nicht einmal im Schlafen so tugendhaft ausg'sehn. Meiner Seel'... also der Lulu möcht' wieder sagen, ich philosophier', aber es ist wahr, der Schlaf macht auch schon gleich, kommt mir vor; – wie der Herr Bruder, also der Tod... Hm, ich möcht' nur wissen, ob... Nein, daran müsst' ich mich ja erinnern... Nein, nein, ich bin gleich da auf den Diwan herg'fallen und nichts is g'schehn... Es ist unglaublich, wie sich manchmal alle Weiber ähnlich schauen... Na gehn wir. Er will gehen Ja richtig. Er nimmt die Brieftasche und ist eben daran eine Banknote herauszunehmen.








Arthur Schnitzler (15. Mai 1862 – 21. Oktober 1931)





Die deutsche Schriftstellerin Judith Hermann wurde am 15. Mai 1970 in Berlin-Tempelhof geboren. Sie begann ein Germanistik- und Philosophie-Studium mit der Absicht, als Journalistin zu arbeiten. Sie brach dieses ab und entschied sich für ein Praktikum in New York. Dort besuchte sie eine Journalistenschule. 1997 nahm sie an der Autorenwerkstatt Prosa im Literarischen Colloquium Berlin teil; im selben Jahr erhielt sie das Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste in Berlin. In Amerika schrieb sie ihre ersten literarischen Texte und entdeckte bald die Kurzgeschichte als „ihr“ Genre. 1998 veröffentlichte sie schließlich ihren ersten Prosaband Sommerhaus, später. Nach ihrem ersten Erfolg verstrichen mehrere Jahre, in denen sie – nach eigener Aussage – lernen musste, mit dem Druck, der durch Verlage, Medien und Öffentlichkeit auf sie ausgeübt wurde, umzugehen. 2003 folgte der zweite Erzählungsband Nichts als Gespenster. Für ihre Veröffentlichungen hat Hermann einige Auszeichnungen erhalten: 1999 wurde sie mit dem Bremer Literaturförderpreis ausgezeichnet. Für Sommerhaus, später erhielt sie 1999 den Hugo-Ball-Förderpreis sowie 2001 den Kleist-Preis. 2009 wurde Hermann der Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg zuerkannt.

Aus: Alice

„Nach fünfzig Metern, hatte Conrad geschrieben, treffen sich fünf Wege. Ihr nehmt den Weg durch das
schmiedeeiserne Tor hindurch, den »Fünften«. Auf das gelbe Haus zu.
Der fünfte Weg war ein Sandweg. Links ein kleiner Wasserlauf, ein Olivenhain, zwischen den Bäumen
Ziegen, die gelangweilt die Köpfe hoben. Das Auto schaukelte. In der Kurve oben am Hang ein alter großer Stall, ausgebaut, hohe Fenster zum See hin, die Läden zugezogen. Vor ihnen, am Ende des Weges, das gelbe Haus. Italienischer Palazzo. Geschlossene Läden. Efeu. Zwei Balkone, einer zum Berg hin, der andere zum See. Eine Terrasse, Feigenbäume, Agaven, Bougainvillea. Man kann ja Tatsache die Zikaden hören, sagte Anna von der Rückbank aus, andächtiges Staunen in der Stimme. Sie stiegen aus dem Auto, ließen die Türen offenstehen, gingen sofort auseinander.
Alice lief den Sandweg zurück und rauf zu Conrads und Lottes Haus. Steinchen in den Sandalen. Sie sah zu dem schwarzen Berg hinter dem Haus hoch und duckte sich. Stieg über breite Stufen zwischen riesigen, tropischen Lavendelbüschen hindurch. Feuerkäfer, leuchtend rot, die Leibchen aneinandergekettet. Hatten es eilig. Und Rauschen in den Bäumen, leichter Wind. Auf derTerrasse saß Lotte. DieTerrasse war, bis auf eine Kugel aus grauem Stein und dem Stuhl, auf dem sie saß, leer. Im unteren Teil des Hauses drei Türen, zwei geschlossen, die mittlere einen Spalt offen. Lotte stand auf, als Alice die Terrasse betrat, kam ihr entgegen, und sie begrüßten sich mit einer tastenden Umarmung, so vorsichtig, als könnte die andere sich bei einer Berührung in Luft auflösen.
Da bist du, sagte Lotte. Sie lächelte und hörte wieder auf zu lächeln, wenn sie nicht lächelte, waren die Falten um ihre Augen herum weiß. Lotte war siebzig Jahre alt. Conrad auch. Über ein Vierteljahrhundert älter als Alice. Ist alles gutgegangen, sagte Lotte. Hattet ihr eine gute Reise. Sie stellte Fragen im Ton von Feststellungen, erwartete aber trotzdem eine Antwort.“







Judith Hermann (Berlijn-Tempelhof, 15. Mai 1970)

Donnerstag, 14. Mai 2009

Karl-Markus Gauß, Dante Alighieri

Der österreichische Schriftsteller, Essayist und Herausgeber Karl-Markus Gauß wurde am 14. Mai 1954 in Salzburg geboren. Er lebt als Journalist in Salzburg und charakterisiert sich selbst als Privatgelehrter. Gauß, der von Donauschwaben abstammt, studierte Germanistik und Geschichte in Salzburg und trat schon früh durch literarische Essays hervor, die er zunächst vor allem im Wiener Tagebuch veröffentlichte. Als Herausgeber betreute er gemeinsam mit Ludwig Hartinger die (leider unabgeschlossene) Werkausgabe Ernst Fischers im Frankfurter Sendler Verlag. Seit 1991 ist Gauß als Herausgeber und Chefredakteur der Literaturzeitschrift Literatur und Kritik im Otto Müller Verlag (Salzburg) tätig. Gauß' Themen spiegeln sich auch in dieser Zeitschrift wider. Daneben schreibt er für überregionale deutschsprachige Tageszeitungen, u. a. für Die Zeit, FAZ, Neue Zürcher Zeitung, Salzburger Nachrichten und Die Presse. Ende 2006 wurde Karl-Markus Gauß als Mitglied in die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung aufgenommen und 2007 erhielt er das Ehrendoktorat der Philosophie der Salzburger Universität.

Aus: Die Hundeesser von Svinia

“Tornal’a war menschenverlassen, als hätte die Bevölkerung ihre eigene Stadt geräumt. Schnurgerade zog die staubige Hauptstraße, die die fünfzehn Kilometer nach Ungarn, vielleicht aber auch bis in die Steppen der Mongolei führte, durch den Ort, in dem an diesem Vormittag um zehn alle Geschäfte, Imbißbuden, Ämter geschlossen hatten. Die zweigeschossigen gelben Häuser, von denen viele aus der k. u. k. Zeit stammten, standen in rechtwinkelig angeordneten Zeilen, waren schmuck herausgeputzt und wirkten unbewohnt. Auf meinem Weg begegnete ich keinem einzigen Menschen, bis ich endlich gedämpfte Stimmen und Geräusche vernahm, die aus dem schwarzen Loch eines Eckhauses nach draußen drangen. Rasch, um mir keine Ausflucht zu lassen, schritt ich durch die geöffnete Tür des Cafés Casablanca, in dem ich den Erdmittelpunkt der Ereignislosigkeit zu entdecken fürchtete.
Das Casablanca war eine Kaschemme und bestand aus einem großen, düsteren Raum, der mit dem scharfen Geruch von Urin gebeizt war. An den zehn massiven Holztischen saßen jeweils zwei, drei Arbeiter in Overalls, die bereits das Mittagsmenü, Gulasch mit Knödel, verzehrten und dazu aus klobigen Gläsern, die an die Behälter von Grablichtern erinnerten, Schnaps tranken. Nur wenige von ihnen unterhielten sich, die meisten mampften schweigend, den Blick erschöpft auf den Teller gesenkt, von dem sie ihn nur manchmal hoben, um zum Fernseher über der Theke zu schauen, in dem sich ein paar reiche alte Damen aus Amerika ausgelassen auf slowakisch stritten, was ein imaginäres Publikum im Film fortwährend zum Lachen reizte, während jenes an den Tischen die Greisenalbernheit völlig ungerührt ertrug.”







Karl-Markus Gauß (Salzburg,14. Mai 1954)




Der italienische Dichter und Philosoph Dante Alighieri wurde zwischen dem 14. Mai und dem 13. Juni 1265 in Florenz geboren. Dante ist der bekannteste Dichter Italiens und gilt als einer der bedeutendsten Dichter des europäischen Mittelalters.Kein anderer Dichter vor und nach Dante wurde so oft, so umfangreich und mit einem solchen Aufwand an Gelehrsamkeit kommentiert, eine Entwicklung, die bereits kurz nach seinem Tod mit der Glossierung und öffentlichen Kommentierung der Commedia einsetzte. Auch seine eigenen Söhne und seit der Mitte des 14. Jahrhunderts Giovanni Boccaccio haben daran mitgewirkt.

Aus: Die Göttliche Komödie

Erster Gesang (Fragment)


Es war in unseres Lebensweges Mitte,
Als ich mich fand in einem dunklen Walde;
Denn abgeirrt war ich vom rechten Wege.
Wohl fällt mir schwer, zu schildern diesen Wald,
Der wildverwachsen war und voller Grauen
Und in Erinnrung schon die Furcht erneut:
So schwer, daß Tod zu leiden wenig schlimmer.
Doch um das Heil, das ich dort fand, zu künden,
Will, was ich sonst gesehen, ich berichten. –
Wie ich hineingelangt, kann ich nicht sagen,
So schlafbenommen war ich um die Zeit,
Als ich zuerst den wahren Weg verlassen.
Doch, als ich eines Hügels Fuß erreichte,
An welchem jenes Tal zu Ende ging,
Das mir das Herz mit solcher Furcht befangen,
Blickt' ich empor, und sah des Hügels Schultern
Bekleidet schon mit des Planeten Strahlen,
Der uns den rechten Pfad zeigt allerwege.
Beruhigt wurde da die Furcht ein wenig,
Die in des Herzens See mir angedauert
Die Nacht durch, die so angstvoll ich verbrachte.
Wie einer, der mit ganz erschöpftem Atem,
Dem Meer entronnen, das Gestad' erreicht,
Auf die verräterische Flut zurückblickt,
So wandte sich mein Geist, noch immer fliehend,
Zurück, um zu beschaun die dunkle Talschlucht,
Die keinen, der drin weilt, lebendig ließ. –
Als etwas ich den müden Leib gerastet,
Setzt' ich den Weg am wüsten Abhang fort,
So daß der ruh'nde stets der untre Fuß war.








Dante Alighieri (14. Mai/13. Juni 1265 - 13/14. September 1321)
Dante und Vergil, Gemälde von E. Delacroix (Detail)

Mittwoch, 13. Mai 2009

Bruce Chatwin, Daphne du Maurier

Der britische Schriftsteller Bruce Chatwin wurde am 13. Mai 1940 in Sheffield geboren. In den Kriegsjahren reiste seine Mutter mit ihm durch große Teile Englands, um bei Freunden und Verwandten vor den deutschen Luftangriffen Unterschlupf zu finden. Statt das geplante Architekturstudium zu beginnen, arbeitete er mit 18 Jahren als Botenjunge für das Auktionshaus Sotheby’s. Vier Jahre später war er bereits Direktor der Abteilung für impressionistische Kunst. Vorgeblich wegen eines Augenleidens gab er diese Stelle auf und reiste in den Sudan. Danach studierte er in Edinburgh ein Jahr lang Archäologie, brach das Studium jedoch ab. 1973 wurde er Mitarbeiter der Sunday Times, zunächst als Berater für Kunst. Bald darauf widmete er sich vielfältigen Themen, reiste für Interviews und Berichte durch die Welt. Im Dezember 1974 kündigte er dort, angeblich mit dem Telegramm an die Redaktion: „Für vier Monate fort nach Patagonien“.
Eine Begegnung mit der Architektin und Designerin Eileen Gray gab den entscheidenden Anstoß zu einer halbjährigen Reise nach Patagonien, um den Brontosaurus zu suchen. Hier wurde ihm klar, dass das Erzählen und Schreiben die für ihn angemessene Beschäftigung wäre. Er bereiste auch Australien und setzte sich mit der Kultur der Aborigines auseinander. Reisebücher wie In Patagonien und Traumpfade wurden Bestseller. Die Romane Auf dem schwarzen Berg und Der Vizekönig von Ouidah wurden verfilmt, letzterer unter dem Titel Cobra Verde durch den Regisseur Werner Herzog mit Klaus Kinski in der Hauptrolle.

Aus: Aus: Was mache ich hier (Übersetzt von Anna Kamp)

„Vor langer Zeit, als ich bei Sotheby's arbeitete, dem Kunst-Auktionshaus, brachten zwei undurchsichtig wirkende Schweizer einen prähistorischen Goldschatz: Halsketten, Armreifen, Haarspangen, Broschen. Sie behaupteten, daß er aus Mitteleuropa komme, aber ich wußte, daß er iberischen Ursprungs war. Wir gaben ihnen eine Empfangsbestätigung, und sie gingen davon.
In der Bibliothek hatten wir ein Buch über iberische Vorgeschichte. Ich fand mehrere der Objekte darin abgebildet, als Besitzer wurde eine Fundacion Don Juan de Valencia in Madrid angegeben. Mit Hilfe der internationalen Telefonvermittlung kam ich zu der Stiftung durch und fragte, ob ich den Kurator sprechen könne.
"Sie haben das Gold?" rief er mit erregter Stimme. "Das ist wunderbar! Es ist uns gestohlen worden. Bewahren Sie es auf. Wir werden Interpol benachrichtigen...Entschuldigen Sie, wie, sagten Sie, war ihr Name, Cha...? Cha...? Chatwin! Wir werden uns mit Ihnen in Verbindung setzen. Vielen Dank!"
Am nächsten Morgen gegen elf rief mich die Empfangsdame an und sagte, der Herzog von M**** warte auf mich.
Er war ein weißhaariger Grande der alten Schule. er trug den schwarzen Hut, den nur ein Grande tragen kann. Ich führte ihn in einen Warteraum und holte das Gold aus dem Safe.
Zitternd vor Aufregung nahm der Herzog von M**** die Objekte eines nach dem anderen in die Hand. Nichts fehlte.
"ich kann Ihnen nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin", sagte er. "Sie können sich nicht vorstellen, was ich durchgemacht habe. Diese Schweizer gaben sich als Archäologen aus, und wir gestatteten ihnen, sich die Sammlung anzusehen. Sie haben sie gestohlen. Ich bin verantwortlich für die Stiftung. Ich wäre in eine schreckliche Lage geraten, wenn das Gold nicht gefunden worden wäre."
Wir kamen überein, den Schatz wieder in den Safe zu legen und die Anweisungen von Interpol abzuwarten.“







Bruce Chatwin (13. Mai 1940 – 18. Januar 1989)





Die englische Schriftstellerin Daphne du Maurier wurde am 13. Mai 1907 in London geboren. Du Maurier wuchs wohlbehütet mit ihren Schwestern in London und Paris auf, wo sie Privatunterricht erhielt. Finanziell unabhängig widmete sie sich dem Segeln und Reisen – und schrieb nebenbei ihre ersten Kurzgeschichten. Im Alter von 19 entschied sie nach einem Urlaub in Cornwall, sich dort niederzulassen. Fortan spielten ihre Geschichten vorwiegend an der englischen Küste. Schon 1928 veröffentlichte ein angesehener Verlag ihren ersten Roman Der Geist von Plyn, der ihr nicht nur Ruhm, sondern auch die Aufmerksamkeit ihres späteren Ehemannes, des Generals Frederick Browning, einbrachte, mit dem sie drei Kinder hatte – zwei Töchter und einen Sohn. Berühmt wurde sie durch die erfolgreichen Romane Gasthaus Jamaica und Rebecca, die von dem Regisseur Alfred Hitchcock verfilmt wurden. Rebecca, mit Joan Fontaine und Laurence Olivier in den Hauptrollen besetzt, wurde 1940 mit dem Oscar für den besten Film des Jahres ausgezeichnet. 1963 folgte die Verfilmung von Du Mauriers Kurzgeschichte Die Vögel, die ebenfalls von Alfred Hitchcock auf die Leinwand gebracht wurde. Ähnlich erfolgreich war die Verfilmung ihrer Erzählung Dreh dich nicht um, die als Wenn die Gondeln Trauer tragen (1973) von Regisseur Nicolas Roeg mit Donald Sutherland und Julie Christie inszeniert wurde. Ihre Romane und Erzählungen zeichnen sich durch Spannung und psychologische Tiefe aus, auch wenn sie meist Abenteuer und Romanzen zum Thema haben und zu ihrer Zeit als melodramatisch galten. Doch Du Maurier verfasste auch historische Romane, Theaterstücke und Biographien. 1969 wurde ihr von der britischen Königin als Commander of the British Empire der Titel Dame erteilt. Sie lebte zuletzt recht zurückgezogen und schrieb ab 1977 nicht mehr. 1989 verstarb Daphne du Maurier in Cornwall.

Aus: The Parasites

„Someone from a newspaper had telephoned him the other day. ‘Mr Delaney, we are running a series shortly in our paper, “What Success has done for Me.” Can we have your contribution?’ No, they could not have his contribution. All success had done for him was to make it impossible to pay his super-tax. ‘But what is your recipe, Mr Delaney, for the short road to success?’ Mr Delaney had no recipe.

Success. Well, what did it mean, to him? Supposing he had answered the newspaper and spoken the truth? A song burning in his head for two days until he had written it down, when he was purged; when he was free again. Until the next pain came. And the performance was repeated. The disillusion came when the songs were plugged upon the air, moaned by crooners, whispered by wailing women, clanged by orchestras, hummed by housemaids; so that what had been once his little private pain became, to put it bluntly, everyone’s diarrhoea. Which was cheapening and intolerable. Negroes offered thousands for the rights to sing his songs. God! The cheques that had rolled in from coloured crooners. Too many cheques, all in one year. Niall had to attend conferences in the City with hard-faced men round desks, all because of some little song that had come into his head one afternoon, when lying on his back in the sun. How to escape? Travel. He could always travel.“







Daphne du Maurier (13. Mai 1907 – 19. April 1989)

Dienstag, 12. Mai 2009

Diana Raznovich, Dante Gabriel Rossetti

Die argentinische Schriftstellerin, Theatermacherin und Karikaturistin Diana Raznovich wurde am 12. Mai 1945 in Buenos Aires geboren. Mit 16 veröffentlichte sie ihren ersten Gedichtband, Tiempo de Amar, mit rebellischen, nihilistischen Texten. Ihr erstes Theaterstück, El Guardagente, wurde 1970 am Teatro de la Sociedad Hebraica Argentina uraufgeführt, bald folgte das Drama Marcelo, el Mecánico (später unter dem Titel Jardín de otoño). Bei Ausbruch der Militärdiktatur musste sie 1976 nach Spanien ins Exil gehen. Von 1976 bis 1983 lebte sie in Madrid, wohin sie später noch für mehrere Jahre zurückkehrte (1988 bis 1993). In dieser Zeit in Europa erschienen auch die ersten Übersetzungen ihrer Stücke ins Italienische und Deutsche. Zusammen mit anderen Theaterleuten gründete sie das Centro de Estudios Teatrales, wo sie auch Schauspielunterricht erteilte. 1981 kehrte Diana Raznovich für kurze Zeit nach Argentinien zurück, um mit dem Einakter Desconcierto am ersten Zyklus des Teatro Abierto teilzunehmen, einer Initiative verschiedener Theatermacher, die das Bewusstsein der Öffentlichkeit in den letzten Jahren der Militärdiktatur mit kritischen Stücken aufrütteln wollte. Das Teatro Abierto brachte Dramatiker, Regisseure, Schauspieler und Bühnentechniker zusammen, die alle auf der so genannten „schwarzen Liste“ standen und um ihre Sicherheit fürchten mussten. Sie produzierten 1981 einen Zyklus von 21 Einaktern verschiedener Autoren, der deutlich machen sollte, dass sich die argentinischen Künstler nicht den Taktiken der Diktatur gebeugt hatten und nicht zum Schweigen bringen ließen.

Uit: Herbstzeitlose (Übersetzt von Gerd-Rainer Prothmann)

“Aufgeschreckt von ihren eigenen Träumen stößt ROSALIA einen Schrei aus. Zu
ganz unangemessener Zeit erhebt sie sich und schaltet den Fernseher aus. Sie
schaut sich um und sieht die schlafende GRISELDA.

ROSALIA Hatten wir für diese Nacht nicht was verabredet, du und ich?
GRISELDA schläft tief. ROSALIA versucht, sich zu beruhigen. Sie setzt
sich. Pause. Sie steht auf und öffnet das Fenster.
Guck mal, was für ein Mond. Nur für uns. Aber was weißt du schon vom Mond?
Du hast nicht die nötige Kraft, um mit mir wach zu bleiben. Ich hab's ja gewusst.
Und außerdem bin ich's so gewohnt... Wenn ich so schlafen könnte... den
Körper entspannt ... So mit runterhängenden Händen. (Sie streichelt ihren
Kopf.) Wie ein Kind, das – müde vom Spielen – erschöpft hinfällt, nachdem es
seinen Karamellpudding gegessen hat. Nicht mal Gute Nacht sagst du mir...
nicht mal Gute Nacht... Ich würde dir auch nicht Gute Nacht sagen... (Sie
nähert sich dem Fenster und betrachtet still den Mond.) Der Mond lacht sich
heute tot. Der lacht über dich, die die Nacht über wach bleiben wollte. Bist du
nicht beim Karneval die ganze Nacht lang wachgeblieben?
GRISELDA Ist heute Karneval?
ROSALIA Siehst du, was dir alles entgeht...
GRISELDA Wie spät ist es?
ROSALIA Ob ich dir nun ein Uhr, zwei, drei oder vier Uhr sage...
GRISELDA Vier Uhr ist es! (Erschreckt von der Uhrzeit setzt sie sich auf.)
ROSALIA Lauter Uhrzeiten, die du nicht kennst.
GRISELDA Weil ich nicht unter Schlaflosigkeit leide.
ROSALIA Schlaflosigkeit. Was für ein Wort. Genauso wie Haarknoten. Haarknoten,
Schlaflosigkeit, Schlafsucht. Ich leide unter Schlaflosigkeit und du unter Schlafsucht.
GRISELDA Genau, ich bin schläfrig. Können wir nicht ein bisschen das Radio
ausmachen? Es ist vier Uhr morgens, Mädchen.
ROSALIA Es ist nicht vier Uhr. Halb eins ist es.”






Diana Raznovich (Buenos Aires, 12. Mai 1945)




Der britische Dichter und Maler Dante Gabriel Rossetti wurde am 12. Mai 1828 in London geboren. Er besuchte das King’s College und die Royal Academy in London. Mit den Akademiekollegen John Everett Millais und Holman Hunt gründete er 1848 die Bruderschaft der Präraffaeliten. Diese Vereinigung von Malern und Kritikern strebte eine Reform der Kunst durch eine teils religiös gefärbte Rückbesinnung auf das Mittelalter an und wurde zu einer der bedeutendsten Bewegungen im England des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Nach einer Phase didaktisch-religiös geprägter Malerei wandte Rossetti sich der Illustration literarischer Texte zu und schuf u. a. Aquarelle und Zeichnungen zu Dantes Göttlicher Komödie und Malorys Le Morte d’Arthur. Rossetti trat auch als Lyriker hervor und übersetzte zahlreiche Werke von Dante und anderen italienischen Schriftstellern ins Englische. 1871 veröffentlichte die renommierte Zeitschrift The Contemporary Review einen Artikel, in dem Rossettis Gedichte und seine dort zutage tretenden morali-schen Auffassungen heftig angegriffen wurden. Seine Gegenschrift „The Stealthy School of Criticism” erschien wenig später in Athenaeum. 1881 wurde Rossettis Sammlung der Ballads and Sonnets publiziert, die einige seiner bedeutendsten Dichtungen, die Sonettfolge The House of Life, enthielt.



Broken Music

The mother will not turn, who thinks she hears
Her nursling's speech first grow articulate;
But breathless with averted eyes elate
She sits, with open lips and open ears,
That it may call her twice. 'Mid doubts and fears
Thus oft my soul has hearkened; till the song,
A central moan for days, at length found tongue,
And the sweet music welled and the sweet tears.

But now, whatever while the soul is fain
To list that wonted murmur, as it were
The speech-bound sea-shell's low importunate strain, -
No breath of song, thy voice alone is there,
O bitterly beloved! and all her gain
Is but the pang of unpermitted prayer.





Genius in Beauty

Beauty like hers is genius. Not the call
Of Homer's or of Dante's heart sublime, --
Not Michael's hand furrowing the zones of time, --
Is more with compassed mysteries musical;
Nay, not in Spring's Summer's sweet footfall
More gathered gifts exuberant Life bequeaths
Than doth this sovereign face, whose love-spell breathes
Even from its shadowed contour on the wall.

As many men are poets in their youth,
But for one sweet-strung soul the wires prolong
Even through all change the indomitable song;
So in likewise the envenomed years, whose tooth
Rends shallower grace with ruin void of truth,
Upon this beauty's power shall wreak no wrong.







Dante Gabriel Rossetti (12. Mai 1828 – 9. April 1882)

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