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Sonntag, 30. August 2009

Libuše Moníková, Mary Shelley

Die tschechische, deutschsprachige Schriftstellerin Libuše Moníková wurde am 30. August 1945 in Prag geboren. Von 1963 bis 1968 studierte sie an der dortigen Karls-Universität Anglistik und Germanistik. 1970 promovierte sie bei Eduard Goldstücker über den Coriolan im Vergleich bei Brecht und Shakespeare. Am 28. September 1970 heirateten Libuše Moníková und der deutsche Student Michael Herzog - sie hat zeitweilig ein Besuchsvisum für die Bundesrepublik Deutschland. 1971 zieht sie endgültig zu ihrem Mann nach Deutschland. Die Übersiedlung geschah auch aus politischen Gründen. In Deutschland arbeitete Moníková als Lehrbeauftragte an der Gesamthochschule Kassel und ab 1977 an der Universität Bremen. Von 1978 bis 1981 war sie als Referendarin und Lehrerin tätig. Seit 1981 lebte sie als freie Schriftstellerin in Berlin. Libuše Moníková begann erst während ihres Deutschlandaufenthalts in deutscher Sprache zu schreiben. Ihre u. a. von Franz Kafka, Jorge Luis Borges und Arno Schmidt beeinflussten, häufig phantastische und mythische Elemente einbeziehenden Werke sind von der Erinnerung an die Prager Jahre geprägt, von der Erfahrung der Niederschlagung des Prager Frühlings und des Exils, aus dem Moníková auch nach der Wende in Osteuropa nicht mehr in ihre Heimat zurückzukehren vermochte.

Aus: Die Fassade

„Orten liegt auf dem Gerüst vor der Nordfassade des Schlosses und zeichnet in die überhängende Wölbung des Giebels die Allegorie der Gerechtigkeit. Der feuchte Verputz sprüht unter der Spachtelkante, er kneift die Augen und den Mund zu, hält den Kopf seitwärts und versucht, durch die Nase zu atmen. Den Staub nimmt er kaum noch wahr, größere Krümel verschmiert er mit dem Handrücken. Es fehlt noch eine Hand an der Figur, die restliche Gestalt und ihre Attribute im Hauptfeld des Giebels sind fertig.
Auf seinem Gesicht, Hals und Unterarmen hat sich weißlich grauer Kalk gesetzt, auf den Händen bildet er eine Kruste, die Augenbrauen und Wimpern sind bemehlt. Von der Anspannung der Augen hat er ein Lidflattern, es ist so unkontrollierbar und unpersönlich, als würde es nicht ihn meinen, sondern eine phylogenetische Fehlentwicklung anzeigen, eine verspätete Antwort auf das schwache Ticken in den siebenschaligen Eiern der Saurierjungen, die ihre Schutzhüllen nicht mehr verlassen konnten; die Panzerung, die Ubersicherung des Geleges war der falsche evolutive Weg, die Zukunft gehörte kleinen, beweglichen Arten. Urechsen, Trilobiten — aus Sympathie für Versteinerungen, für die Sackgassen in der Evolution ritzt Orten ein Kerbtier in den Fries.
Schräg unter ihm, zwei Stockwerke tiefer, arbeitet Podol am zentralen Sgraffito. Der sechzigjährige Patera hilft ihm, den geweißten Verputz zu glätten, die Kartons zu entfalten und an der Front über den Fenstern zu befestigen. Podol zieht mit dem Spachtel die Linien auf denn Karton nach und drückt sie
so in die feuchte Wand. Nach Abnahme des Kartons verbessert er die Zeichnung, und sie fangen mit dem Durchkratzen des Bildes an.
Im ersten Stockwerk sind es zwei symmetrisch geordnete Kriegsszenen, in der Mitte getrennt durch eine Sonnenuhr. Die linke stellt eine Eroberung der Stadt das, die rechte ist ein Ausschnitt der Schlacht an der Milvaner Brücke, frei nach einer Kopie des Wandgemäldes von Giulio Romano in der päpstlichen Galerie. Zwischen den Fenstern soll die Geschichte von Samson und Dalila nach den ursprünglichen Vorlagen erneuert werden. Die antiken Motive im zweiten Stockwerk, die Jagdszenen und das flache Landschaftspanorama unter dem Dachsims sind bereits restauriert.“






Mon-kov-
Libuše Moníková (30. August 1945 – 12. Januar 1998)





Die englische Schriftstellerin Mary Shelley wurde als Mary Godwin am 30. August 1797 in London geboren. Die Mutter starb als Mary zur Welt kam. Nachdem William 1801 wieder geheiratet hatte, wuchs sie mit vier Geschwistern verschiedener Eltern auf. Häufig wurde sie Freunden zur Pflege übergeben. Dadurch verbrachte Mary längere Zeit in Schottland. Früh erwachte ihr literarisches Talent. Mit zehn Jahren schrieb sie ihr erstes Buch. 1814 brannte Mary, noch nicht 17 Jahre alt, mit dem jungen Dichter Percy Shelley durch. Bis zu ihrem 25. Lebensjahr war sie fünf mal schwanger. Aber nur ein Kind überlebte. Mary und Percy heirateten 1816. Im Frühjahr 1816 reisten die beiden mit Maries Schwester Claire in die Schweiz. Claire war auf der Suche nach Lord Byron. Während des Sommers verbrachten sie manche gemeinsame Nacht in seiner Villa Diodati. Während gespenstischer Gewitternächte lasen sich die fünf gerne Schauergeschichten (gothic novels) vor. Angeregt durchs Lesen der Gruselgeschichten und unter dem Einfluß von Opiaten entstand die Idee, den Phantasien beim Schreiben eigener Schauergeschichten freien Lauf zu lassen. Aber nur Mary und John arbeiteten ihre Entwürfe aus. Mary erweiterte ihre Geschichte zum Frankenstein Roman, den sie 1818 veröffentlichen konnte. Im Alter von 19 Jahren hatte sie den ersten Science Fiction Roman geschrieben. John veröffentlichte 1819 die Erzählung The Vampyre.

Aus: Frankenstein

“ I am already far north of London; and as I walk in the streets of Petersburgh, I feel a cold northern breeze play upon my cheeks, which braces my nerves, and fills me with delight. Do you understand this feeling? This breeze, which has travelled from the regions towards which I am advancing, gives me a foretaste of those icy climes. Inspirited by this wind of promise, my day dreams become more fervent and vivid. I try in vain to be persuaded that the pole is the seat of frost and desolation; it ever presents itself to my imagination as the region of beauty and delight. There, Margaret, the sun is for ever visible; its broad disk just skirting the horizon, and diffusing a perpetual splendour. There--for with your leave, my sister, I will put some trust in preceding navigators--there snow and frost are banished; and, sailing over a calm sea, we may be wafted to a land surpassing in wonders and in beauty every region hitherto discovered on the habitable globe. Its productions and features may be without example, as the phenomena of the heavenly bodies undoubtedly are in those undiscovered solitudes. What may not be expected in a country of eternal light? I may there discover the wondrous power which attracts the needle; and may regulate a thousand celestial observations, that require only this voyage to render their seeming eccentricities consistent for ever. I shall satiate my ardent curiosity with the sight of a part of the world never before visited, and may tread a land never before imprinted by the foot of man. These are my enticements and they are sufficient to conquer all fear of danger or death, and to induce me to commence this laborious voyage with the joy a child feels when he embarks in a little boat, with his holiday mates, on an expedition of discovery up his native river. But, supposing all these conjectures to be false, you cannot contest the inestimable benefit which I shall confer on all mankind to the last generation, by discovering a passage near the pole to those countries, to reach which at present so many months are requisite; or by ascertaining the secret of the magnet which, if at all possible, can only be effected by an undertaking such as mine.
These reflections have dispelled the agitation with which I began my letter, and I feel my heart glow with an enthusiasm which elevates me to heaven; for nothing contributes so much to tranquillise the mind as a steady purpose--a point on which the soul may fix its intellectual eye. This expedition has been the favourite dream of my early years. I have read with ardour the accounts of the various voyages which have been made in the prospect of arriving at the North Pacific Ocean through the seas which surround the pole. You may remember that a history of all the voyages made for purposes of discovery composed the whole of our good uncle Thomas's library. My education was neglected, yet I was passionately fond of reading. These volumes were my study day and night, and my familiarity with them increased that regret which I had felt, as a child, on learning that my father's dying injunction had forbidden my uncle to allow me to embark in a seafaring life.“






Shelley1
Mary Shelley (30. August 1797 – 1. Februar 1851)
Porträt von Richard Rothwell, 1840

Samstag, 29. August 2009

Thom Gunn, Djamel Amrani

Der britische Dichter Thomson („Thom“) William Gunn wurde am 29. August 1929 in Gravesend, Kent, geboren. Thom Gunns Eltern waren Journalisten. Als er neun Jahre alt war, ließen sie sich scheiden. Die Mutter beging sechs Jahre später Selbstmord. Nach einem Studium der englischen Literatur am Trinity College in Cambridge, das er 1953 mit einem akademischen Grad abschloss, lebte er seit 1954 in den USA und lehrte von 1958 bis 1966 und von 1973 bis 1990 an der University of California (Berkeley). Zusammen mit Philip Larkin und Kingsley Amis war er Mitbegründer der Gruppe The Movement. Der britische Lyriker zählte zu den bedeutendsten Gegenwartsdichtern und schrieb über 30 Gedichtbände und Bücher. Bereits sein erster Gedichtband, Fighting Terms (1954), ließ die Kritik auf ihn aufmerksam werden. Gunns Veröffentlichungen reichen bis in die Gegenwart, sein Werk weist neben utopistischen Darstellungen, sozialgeschichtlichen Aspekten und destruktiven Realitätseinwirkungen viele Facetten auf; doch in den Darstellungen des alltäglichen Lebens innerhalb der Protestbewegung der sechziger Jahre, insbesondere in Gestalt des ungezwungenen American Way of Life, drückte Gunn das Lebensgefühl der jungen Generation (Beat Generation) aus. So handeln viele Gedichte von aktueller Popmusik, vom Motorradfahren, von Aspekten der Drogenabhängigkeit und der Sexualität.



Black Jackets

In the silence that prolongs the span
Rawly of music when the record ends,
The red-haired boy who drove a van
In weekday overalls but, like his friends,

Wore cycle boots and jacket here
To suit the Sunday hangout he was in,
Heard, as he stretched back from his beer,
Leather creak softly round his neck and chin.

Before him, on a coal-black sleeve
Remote exertion had lined, scratched, and burned
Insignia that could not revive
The heroic fall or climb where they were earned.

On the other drinkers bent together,
Concocting selves for their impervious kit,
He saw it as no more than leather
Which, taught across the shoulders grown to it,

Sent through the dimness of a bar
As sudden and anonymous hints of light
As those that shipping give, that are
Now flickers in the Bay, now lost in sight.

He stretched out like a cat, and rolled
The bitterish taste of beer upon his tongue,
And listened to a joke being told:
The present was the things he stayed among.

If it was only loss he wore,
He wore it to assert, with fierce devotion,
Complicity and nothing more.
He recollected his initiation,

And one especially of the rites.
For on his shoulders they had put tattoos:
The group's name on the left, The Knights,
And on the right the slogan Born to Lose.





A Map of the City

I stand upon a hill and see
A luminous country under me,
Through which at two the drunk sailor must weave;
The transient's pause, the sailor's leave.

I notice, looking down the hill,
Arms braced upon a window sill;
And on the web of fire escapes
Move the potential, the grey shapes.

I hold the city here, complete;
And every shape defined by light
Is mine, or corresponds to mine,
Some flickering or some steady shine.

This map is ground of my delight.
Between the limits, night by night,
I watch a malady's advance,
I recognize my love of chance.

By the recurrent lights I see
Endless potentiality,
The crowded, broken, and unfinished!
I would not have the risk diminished.






gunn
Thom Gunn (29. August 1929 – 25. April 2004)





Der algerische Lyriker und Schriftsteller Djamel Amrani wurde am 29. August 1935 in Sour El-Ghozlane, Algerien, geboren. Seine Familie ließ sich 1952 in Algier nieder. Nach seinem Schulabschluss nimmt er aktiv am Studentenstreik 1956 teil. Während der Schlacht von Algier 1957 wird er verhaftet und gefoltert. Die Mitglieder seiner Familie werden getötet. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis wird er nach Frankreich ausgewiesen. In seinem ersten Buch Le Temoin (Der Zeuge) berichtet er 1960 über die Folter in Algerien, Später produziert er ein maghrebinisches Programm im französischen Fernsehen. Nach seiner Rückkehr macht er Lyriksendungen im algerischen Fernsehen. 2004 erhält er vom chilenischen Präsidenten Ricardo Lagos die Pablo Neruda-Medaille.



Lettres Jaunies

Salut lettres jaunies de ma mélancolie
Salut à toi mon jasmin, ma lumière rendue légale
multicolore, inexorable
plus profonde que mon avant-pudeur
qu'une insulte insolvable.
Salut eau brûlante de ma révolte
réveil en miettes de mon brise-coeur
Et gloire à vous tendresse abyssales
flammes charnelles de la raison
pain de l'innocence et du regret
encens de crépuscule.
Et pourtant encore, pourtant je tremble
de chimères
comme l'heure avance languide
à cause du flou des inquiétudes.





Ravi d'aise

Ravi d'aise au jour de ton corps
je t'appelle
jusqu'aux racines de mon mal
jusqu'au leure pactisé.
J'accepte de ne pas toujours te saisir
et te suivre, mais je t'appelle.
Je t'extirpe des clameurs en rotation
Tu es mon tout
ma floraison ma tunique d'ascète.
Tu es ma dent déchaussée
et tu coupes ma vie en deux
Toi mon vaisseau céleste
errant parmi les lunes
Toi mon ciel à la puissance zéro
à la main chaude à la douceur de lait.







amrani
Djamel Amrani (29. August 1935 – 2. März 2005)

Freitag, 28. August 2009

Johann Wolfgang von Goethe, John Betjeman

Der deutsche Dichter Johann Wolfgang von Goethe wurde am 28. August1749 in Frankfurt(Main) geboren. Er begann sein Studium der Jura 1768 in Leipzig, das er aber wegen einer schweren Krankheit unterbrach und 1771 in Straßburg fortsetzte. Auf Einladung von Herzog Carl August zog er nach Weimar, wo er ab 1776 im Staatsdienst arbeitete. In den Jahren 1786 - 1788 machte er seine erste Italienreise, im Jarhe 1790 folgte die zweite. Goethe starb am 22. März 1832 in Weimar.

Aus: Italienische Reise

“Rom, den 8. Juni 1787
Vorgestern bin ich glücklich wieder hier angelangt, und gestern hat der feierliche Fronleichnamstag mich sogleich wieder zum Römer eingeweiht. Gern will ich gestehen, meine Abreise von Neapel machte mir einige Pein; nicht sowohl die herrliche Gegend als eine gewaltige Lava hinter mir lassend, die von dem Gipfel aus ihren Weg nach dem Meere zu nahm, die ich wohl hätte in der Nähe betrachten, deren Art und Weise, von der man so viel gelesen und erzählt hat, ich in meine Erfahrungen hätte mit aufnehmen sollen.
Heute jedoch ist meine Sehnsucht nach dieser großen Naturszene schon wieder ins gleiche gebracht; nicht sowohl das fromme Festgewirre, das bei einem imposanten Ganzen doch hie und da durch abgeschmacktes Einzelne den innern Sinn verletzt, sondern die Anschauung der Teppiche nach Raffaels Kartonen hat mich wieder in den Kreis höherer Betrachtungen zurückgeführt. Die vorzüglichsten, die ihm am gewissesten ihren Ursprung verdanken, sind zusammen ausgebreitet, andere, wahrscheinlich von Schülern, Zeit- und Kunstgenossen erfundene, schließen sich nicht unwürdig an und bedecken die grenzenlosen Räume.

Rom, den 16. Juni.
Laßt mich auch wieder, meine Lieben, ein Wort zu euch reden. Mir geht es sehr wohl, ich finde mich immer mehr in mich zurück und lerne unterscheiden, was mir eigen und was mir fremd ist. Ich bin fleißig und nehme von allen Seiten ein und wachse von innen heraus. Diese Tage war ich in Tivoli und habe eins der ersten Naturschauspiele gesehen. Es gehören die Wasserfälle dort mit den Ruinen und dem ganzen Komplex der Landschaft zu denen Gegenständen, deren Bekanntschaft uns im tiefsten Grunde reicher macht.
Am letzten Posttage habe ich versäumt zu schreiben. In Tivoli war ich sehr müde vom Spazierengehen und vom Zeichnen in der Hitze. Ich war mit Herrn Hackert draußen, der eine unglaubliche Meisterschaft hat, die Natur abzuschreiben und der Zeichnung gleich eine Gestalt zu geben. Ich habe in diesen wenigen Tagen viel von ihm gelernt.
Weiter mag ich gar nichts sagen. Das ist wieder ein Gipfel irdischer Dinge. Ein sehr komplizierter Fall in der Gegend bringt die herrlichsten Wirkungen hervor.
Herr Hackert hat mich gelobt und getadelt und mir weiter geholfen. Er tat mir halb im Scherz, halb im Ernst den Vorschlag, achtzehn Monate in Italien zu bleiben und mich nach guten Grundsätzen zu üben; nach dieser Zeit, versprach er mir, sollte ich Freude an meinen Arbeiten haben. Ich sehe auch wohl, was und wie man studieren muß, um über gewisse Schwierigkeiten hinauszukommen, unter deren Last man sonst sein ganzes Leben hinkriecht.
Noch eine Bemerkung. Jetzt fangen erst die Bäume, die Felsen, ja Rom selbst an, mir lieb zu werden; bisher hab' ich sie immer nur als fremd gefühlt; dagegen freuten mich geringe Gegenstände, die mit denen Ähnlichkeit hatten, die ich in der Jugend sah. Nun muß ich auch erst hier zu Hause werden, und doch kann ich's nie so innig sein als mit jenen ersten Gegenständen des Lebens. Ich habe verschiednes bezüglich auf Kunst und Nachahmung bei dieser Gelegenheit gedacht.
Während meiner Abwesenheit hatte Tischbein ein Gemälde von Daniel von Volterra im Kloster an der Porta del Popolo entdeckt; die Geistlichen wollten es für tausend Skudi hergeben, welche Tischbein als Künstler nicht aufzutreiben wußte. Er machte daher an Madame Angelika durch Meyer den Vorschlag, in den sie willigte, gedachte Summe auszahlte, das Bild zu sich nahm und später Tischbein die ihm kontraktmäßige Hälfte um ein Namhaftes abkaufte. Es war ein vortreffliches Bild, die Grablegung vorstellend, mit vielen Figuren. Eine von Meyer darnach sorgfältig hergestellte Zeichnung ist noch vorhanden.”







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Johann Wolfgang von Goethe (28. August 1749 – 22. März 1832)
Johann Heinrich Wilhelm Tischbein: Goethe in der Campagna, 1787






Der britische Dichter, Publizist und Journalist Sir John Betjeman wurde 28. August 1906 in London geboren. Er ging in Highgate zur Schule (wo T. S. Eliot einer seiner Lehrer war) und studierte recht erfolglos an der Universität Oxford, die er ohne höheren Abschluss verließ. Daraufhin war er als Grundschullehrer, Privatsekretär, 1930 als Redakteur der Architekturzeitschrift Architectural Review und 1933 als Filmkritiker des London Evening Standard tätig. In den 1930er Jahren erschienen Betjemans erste Gedichtbände Mount Zion (1931) und Continual Dew (1937), die später für ihre bereits völlig souveräne Beherrschung der verschiedensten lyrischen Tonlagen gerühmt wurden. Weit mehr allerdings wurde zur Zeit der Veröffentlichung 1933 sein Traktat Ghastly Good Taste beachtet, dem er den Untertitel „Eine deprimierende Geschichte des Aufstiegs und Untergangs der englischen Architektur“ gab.Seine dichterischer Ruhm mehrte sich mit zwei weiteren Gedichtbänden. 1958 erschienen seine gesammelten Gedichte, 1960 das zweitausendzeilige autographische Gedicht Summoned by Bells, in der er über seine Kindheit, Jugend und Studienzeit berichtet. Betjeman erhielt zahlreiche Preise und Ehrendoktorgrade. 1960 wurde er zum Commander of the British Empire (CBE) ernannt, 1969 zum Ritter (Knight Bachelor) geschlagen. 1972 wurde er zum „Poet laureate“, dem offiziellen Nationaldichter, gekürt.



Seaside Golf

How straight it flew, how long it flew,
It clear'd the rutty track
And soaring, disappeared from view
Beyond the bunker's back -
A glorious, sailing, bounding drive
That made me glad I was alive.

And down the fairway, far along
It glowed a lonely white;
I played an iron sure and strong
And clipp'd it out of sight,
And spite of grassy banks between
I knew I'd find it on the green.

And so I did. It lay content
Two paces from the pin;
A steady putt and then it went
Oh, most surely in.
The very turf rejoiced to see
That quite unprecedented three.

Ah! Seaweed smells from sandy caves
And thyme and mist in whiffs,
In-coming tide, Atlantic waves
Slapping the sunny cliffs,
Lark song and sea sounds in the air
And splendour, splendour everywhere.





Sun and Fun

I walked into the night-club in the morning;
There was kummel on the handle of the door.
The ashtrays were unemptied.
The cleaning unattempted,
And a squashed tomato sandwich on the floor.

I pulled aside the thick magenta curtains
-So Regency, so Regency, my dear –
And a host of little spiders
Ran a race across the ciders
To a box of baby ‘pollies by the beer.

Oh sun upon the summer-going by-pass
Where ev’rything is speeding to the sea,
And wonder beyond wonder
That here where lorries thunder
The sun should ever percolate to me.

When Boris used to call in his Sedanca,
When Teddy took me down to his estate
When my nose excited passion,
When my clothes were in the fashion,
When my beaux were never cross if I was late,

There was sun enough for lazing upon beaches,
There was fun enough for far into the night.
But I’m dying now and done for,
What on earth was all the fun for?
For I’m old and ill and terrified and tight.







betjeman
John Betjeman (28. August 1906 – 19. Mai 1984)

Donnerstag, 27. August 2009

Tom Lanoye, Jeanette Winterson

Der belgische Lyriker, Performer, Schriftsteller, Übersetzer und Kolumnist Tom Lanoye wurde am 27. August 1958 in Sint-Niklaas (Belgien) geboren. Bereits während seiner Studienzeit an der Rijks- Universiteit Gent (Deutsche Philologie und Soziologie) erschienen - teilweise noch im Selbstverlag - seine ersten Texte, er wurde Mitglied der 'unabhängigen und subversiven Sprachvereinigung' "'t zal wel gaad" ('S wird schon klappen), veröffentlichte diverse literarische Polemiken in den Zeitschriften "'t zwarte Gat" (Das schwarze Loch) und "De Zwijger" (Der Schweiger), und seine ersten Gedichtbände IN DE PISTE (Auf der Piste) und BAGGER (Schlamm) wurden verlegt. Die Kabarettprogramme "Café Paniek", eine Persiflage auf den Papstbesuch in Belgien, und "'t 's Karel Dillen", ein Angriff auf den Vorsitzenden des ultrarechten 'Vlaams Blok', sorgten für tagespolitischen Aufruhr.
Mit seinem Prosadebut METZGERSOHN MIT SCHRILLER BRILLE von 1986 wurde Tom Lanoye überregional wahrgenommen. Ab 1987 folgten diverse Zyklen von Liebesgedichten, sein Romandebut ALLES MOET WEG (Alles muss weg), multimediale Literaturhappenings und verschiedene Theaterstücke. Sein Roman PAPPSCHACHTELN erschien in mehreren Auflagen. Immer wieder mischte sich Lanoye in die sozialen Debatten Belgiens ein, sei es zur der Legalisierung der Homo-Ehe, sei es anlässlich der Affaire Dutroux oder als unabhängiger Kandidat für die grüne Partei bei den Stadtwahlen Antwerpens.

Aus: DIE WOLF-GANG (Übersetzt von Rainer Kersten)

“WOLFGANG zuckt mit den Schultern Anders als die anderen. Langes
Schweigen.
WOLFGANG Na, vielen Dank!
WOLFGANG Jetzt wissen wir das auch.
WOLFGANG »Anders als die anderen«, sagt er.
WOLFGANG Au backe!!
WOLFGANG Das muss uns wieder passieren.
WOLFGANG Und hast du das schon lang?
WOLFGANG weint; tief beschämt Von frühster Jugend an. So lang ich mich erinnern kann. Und es wird immer schlimmer mit den Jahren. Mach alles mit und racker mich ab, ich tret mich tot in Kneipen und raff doch immer weniger, wozu. Es soll im Weltall Löcher geben, kleiner als ein Tennisball, doch mächtiger als alle Meere auf der Welt zusammen. Son Loch saugt Energien an, alles um sich her, glatt zwei Galaxien pro Tag... So geht’s mir
auch, nur umgekehrt: Ich zerfließ, lös mich auf in allem, was ich seh. Die Schwäne in schwindelnder Höh? Das liebliche Bächlein, der Tau auf dem Moos? Der Spiegel, der vor der Maske zerbirst, die da heißt »mein Gesicht«?
Sie saugen mich aus, ich bin gar nichts mehr. Oder nein! Wie son Ei früher zu Ostern, genauso ausgeblasen und leer. So werd ich zerstoßen wie unter 'nem Schuh, jeden Tag etwas mehr, jeder Schritt eine Fron, nichts macht mich mehr froh, selbst lachen klingt mir wie Krächzen und hohles Hallo....
Und dann seh ich uns hier zusammen, und ich schäm mich kaputt. Schnäuzt sich laut die Nase. Wenn ich etwas bin, ist das: Verrat. Schweigt.
WOLFGANG Ja. Natürlich.
WOLFGANG Wenn man das so sieht?
WOLFGANG Das ist anders.
WOLFGANG Das ist ganz schön abweichend.
WOLFGANG Nein, nein, das ist konträr!
WOLFGANG Das ist nicht wie alle anderen.
WOLFGANG Mmmbwah... Ich weiß nicht....
WOLFGANG Wieso: »mmmbwah«?
WOLFGANG zerknirscht, bezwingt mühsam seine Tränen Ich bin auch nicht mehr ganz so wie jedermann. Tu zwar immer noch alles wie früher – grad so wild, grad so lang –, aber in letzter Zeit kommt’s mir vor, als ob ich bloß noch was imitier – etwas, das ich doch nie kapier. Tanzen? Tu ich nicht mehr. Ich stelz stilisiert, rühr die Knochen forciert, bis mein Gestümper irgendwie langt fürs Turnier. Aber gestern, unter der Dusche? Als ich uns da
stehn sah und dabei an früher dacht? Unsere Körper – so jung noch, so schön! Da warn wir im Wachstum, voll Saft und voll Kraft, wurden jeden Tag schöner und heiler und geiler.”






lanoye1
Tom Lanoye (Sint-Niklaas, 27. August 1958)





Die britische Schriftstellerin Jeanette Winterson wurde am 27. August 1959 in Manchester geboren. Winterson wurde in Manchester geboren und von einem pfingstlerischen Ehepaar adoptiert, das sich wünschte, Jeanette solle Missionarin werden. Sie wuchs in Accrington (Lancashire) auf. Mit 16 Jahren zog sie mit der Begründung, dass sie eine lesbische Affäre habe, zuhause aus. Sie studierte Englisch am St Catherine's College in Oxford. Nach ihrem Umzug nach London schrieb sie ihren ersten Roman mit dem Titel Oranges Are Not the Only Fruit, den sie im Alter von 26 Jahren veröffentlichen konnte. Damit gewann Winterson 1985 den angesehenen Whitbread Prize für ein Erstlingswerk. 1990 bearbeitete sie es für die gleichnamige Fernsehserie der BBC, wo es den British Academy of Film and Television Arts (BAFTA)-Award als bestes Drama gewann. 1987 erhielt sie den John Llewellyn Rhys Memorial Prize. Jeanette Wintersons weitere Romane gewannen in den Folgejahren verschiedene Literaturpreise. Ihr Bühnenstück The PowerBook wurde 2002 am Royal National Theatre in London gespielt. Winterson wurde 2006 zum Officer im Order of the British Empire ernannt. Zwölf Jahre lang hatte sie eine Beziehung mit der Wissenschaftlerin Peggy Reynolds. Eine weitere, einflussreiche ehemalige Lebensgefährtin war Pat Kavanagh, ihre Literaturagentin.

Aus: Oranges Are Not The Only Fruit

“I cannot recall a time when I did not know that I was special. We had no Wise Men because she didn't believe there were any wise men, but we had sheep. One of my earliest memories is me sitting on a sheep at Easter while she told me the story of the Sacrificial Lamb. We had it on Sundays with potato.
Sunday was the Lord's day, the most vigorous days of the whole week; we had a radiogram at home with an imposing mahogany front and a fat Bakelite knob to twiddle for the stations. Usually we listened to the Light Programme, but on Sundays always the World Service, so that my mother could record the progress of our missionaries. Our Missionary map was very fine. On the front were all the countries and on the back a number chart that told you about Tribes and their Peculiarities. My favourite was Number 16, The Buzule of Carpathian. They believed that if a mouse found your hair clippings and built a nest with them you got a headache. If the nest was big enough, you might go mad. As far as I knew no missionary had yet visited them.
My mother got up early on Sundays and allowed no one into the parlour until ten o'clock. It was her place of prayer and meditation. She always prayed standing up, because of her knees, just as Bonaparte always gave orders from his horse, because of his size. I do think that the relationship my mother enjoyed with God had a lot to do with positioning. She was Old Testament through and through. Not for her the meek and paschal Lamb, she was out there, up front with the prophets, and much given to sulking under trees when the appropriate destruction didn't materialise. Quite often it did, her will or the Lord's I can't say.
She always prayed in exactly the same way. First of all she thanked God that she had lived to see another day, and then she thanked God for sparing the world another day. Then she spoke of her enemies, which was the nearest thing she had to a catechism.
As soon as 'Vengeance is mine saith the Lord' boomed through the wall into the kitchen, I put the kettle on. The time it took to boil the water and brew the tea was just about the length of her final item, the sick list. She was very regular. I put the milk in, in she came, and taking a great gulp of tea said one of three things.”





winterson
Jeanette Winterson (Manchester, 27. August 1959)

Mittwoch, 26. August 2009

Christopher Isherwood, Julio Cortázar

Der britisch-amerikanische Schriftsteller Christopher Isherwood wurde am 26. August 1904 in High Lane in der Grafschaft Cheshire in England geboren. Nach eigenen Angaben bemerkte er im Alter von zehn Jahren seine Homosexualität. Er studierte Geschichte und Medizin in Cambridge und London. Von 1929 bis 1933 lebte er als Sprachlehrer in Berlin, zunächst in Magnus Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft, dann in Berlin-Kreuzberg und schließlich ab Dezember 1930 in Berlin-Schöneberg, Nollendorfstraße 17, wo heute eine Gedenktafel an Isherwood erinnert (auf der als Einzugsjahr fälschlich 1929 angegeben ist). Die Romane Goodbye To Berlin und Mr Norris Changes Trains greifen Isherwoods Erlebnisse im Berlin der frühen 1930er Jahre auf. Die Motive wurden zum Teil für das Musical Cabaret adaptiert. Nach ausgedehnten Auslandsreisen in Europa und in die Republik China (1938) emigrierte Isherwood 1939 in die USA. In Kalifornien sesshaft geworden, war er als freier Schriftsteller und Drehbuchautor für Hollywood-Studios tätig. 1946 nahm Isherwood die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Von 1959 bis 1962 hatte er eine Gastprofessur für moderne englische Literatur in Los Angeles. Isherwood lebte 33 Jahre in einer anfangs von seinen Freunden als skandalös empfundenen Beziehung mit dem 30 Jahre jüngeren Maler Don Bachardy. Das Paar bearbeitete Dramatisierungen von Isherwoods Novelle Meeting By The River und dem Buch October. Im Alter engagierte sich Isherwood im US-Gay-Rights.

Aus: The Dog beneath the Skin (Zusammen mit W.H. Auden)

ACT ONE

SCENE I
The garden of the Vicarage at Pressan Ambo. The scene
suggests the setting of a pre-war musical comedy. The
stage is crowded with villagers of all classes, who prome
nade to the strains of a distant band. The characters, as
they pass in turn along the footlights, address the audi
ence.
VICAR. Here come I, the Vicar good
Of Pressan Ambo, it's understood;
Within this parish border
I labour to expound the truth
To train the tender plant of Youth
And guard the moral order.
CHORUS. With troops of scouts for village louts
And preaching zest he does his best
To guard the moral order.
GENERAL. General Hotham is my name.
At Tatra Lakes I won my fame,
I took the Spanish Lion.
In Pressan now my home I've made
And rule my house like a brigade
With discipline of iron.
CHORUS. Side by side his peacocks stride:
He rules them all at Conyers Hall
With discipline of iron.
GENERAL'S WIFE.
Woman, though weak, must do her part







Auden-Isherwood
Christopher Isherwood (26 augustus 1904 – 4 januari 1986)
Isherwood (l) und W. H. Auden (r) in 1938






Der argentinische Schriftsteller Julio Cortázar wurde am 26. August 1914 in Brüssel geboren. Mit seinen argentinischen Eltern zog er im Alter von vier Jahren in einen Vorort von Buenos Aires. Er absolvierte dort an einer sogenannten "Escuela Normal" eine Ausbildung zum Grundschullehrer und nahm ein Universitätsstudium auf, das er aber er aus finanziellen Schwierigkeiten frühzeitig abbrechen mußte. Er arbeitete dann als Lehrer in verschiedenen Provinzschulen und begann in dieser Zeit, sich ernsthaft dem Schreiben zuzuwenden. 1938 erschien ein erster Gedichtband, und 1944 veröffentlichte er seine erste Erzählung in einer Zeitschrift. Im selben Jahr erhielt er an der Universität von Mendoza (Argentinien) eine Dozentur für französische Literatur, aber schon 1946, aus Protest gegen den Wahlsieg Peróns, legte er sein Lehramt nieder. Er veröffentlichte weiter in Zeitschriften, ließ sich zum Übersetzer für Englisch und Französisch ausbilden und erhielt 1951 ein Stipendium des französischen Staates. Er ging nach Paris, wo er bis 1974 als Übersetzer für die UNESCO tätig war. In Paris verfaßte er 1963 auch den Roman Rayuela (dt. Rayuela. Himmel und Hölle), der in den sechziger Jahren zum "Kultbuch" einer ganzen Generation von Intellektuellen und Studenten wurde. Seit den sechziger Jahren engagierte sich Cortázar, wie viele lateinamerikanische Intellektuelle, zunehmend politisch, unterstützte die kubanische Revolution, die Regierung Allendes und später auch die sandinistische Revolution in Nicaragua.

Aus: Rayuela

„I touch your mouth, I touch the edge of your mouth with my finger, I am drawing it as if it were something my hand was sketching, as if for the first time your mouth opened a little, and all I have to do is close my eyes to erase it and start all over again, every time I can make the mouth I want appear, the mouth which my hand chooses and sketches on your face, and which by some chance that I do not seek to understand coincides exactly with your mouth which smiles beneath the one my hand is sketching on you.
You look at me, from close up you look at me, closer and closer and then we play cyclops, we look closer and closer at one another and our eyes get larger, they come closer, they merge into one and the two cyclopses look at each other, blending as they breathe, our mouths touch and struggle in gentle warmth…Then my hands go to sink into your hair, to cherish slowly the depth of your hair while we kiss as if our mouths were filled with flowers or with fish, with lively movements and dark fragrance. And if we bite each other the pain is sweet, and if we smother each other in a brief and terrible sucking in together of our breaths, that momentary death is beautiful. And there is but one saliva and one flavor of ripe fruit, and I feel you tremble against me like a moon on the water.“






Julio_Cortazar_Paris_enero_1969
Julio Cortázar (26 augustus 1914 - 12 februari 1984)
In Paris, 1969

Dienstag, 25. August 2009

Brian Moore, Johann Gottfried von Herder

Der irisch-kanadischer Schriftsteller und Drehbuchautor Brian Moore wurde am 25. August 1921 in Belfast geboren. Moore war der Sohn eines irischen Chirurgen und Nationalisten und wurde streng katholisch erzogen. Im Zweiten Weltkrieg diente er als Sanitäter. Nach dem Krieg arbeitete Moore für das UN-Hilfswerk in Polen. Hier begann er, Reportagen zu schreiben. 1948 verließ Moore Irland und wurde kanadischer Staatsbürger. Von 1948 bis 1952 arbeitete er für die Zeitung The Gazette in Montreal und publizierte gleichzeitig unter dem Pseudonym Michael Bryan Thriller. Sein erster, 1956 unter eigenem Namen veröffentlichter Roman The Lonely Passion of Judith Hearne brachte ihm ein Guggenheim-Stipendium in New York ein. Als Alfred Hitchcock ihn mit dem Drehbuch zu Torn Curtain (1966) beauftragte, ließ er sich in Kalifornien nieder. Von 1976 bis 1989 lehrte Moore an der University of California in Los Angeles.Obwohl Moore manchen als Agnostiker galt, lässt sich seine Position zum Christentum, geprägt von irischen Zuständen, als kritischer Katholizismus betrachten, der sich der modernen Welt stellt. Er erhielt zahlreiche Literaturpreise wie den Prix littéraire du Québec (1958) oder den Hughes Irish Fiction Award (1988). Moore war Mitglied bei Aosdána. Sein Werk erscheint auf Deutsch im Zürcher Diogenes Verlag.

Aus: The Luck of Ginger Coffey

“Fifteen dollars and three cents. He counted it and put it in his trouser-pocket. Then picked his Tyrolean hat off the dresser, wondering if the two Alpine buttons and the little brush dingus in the hatband weren’t a shade jaunty for the place he was going. Still, they might be lucky to him. And it was a lovely morning, clear and crisp and clean. Maybe that was a good augury. Maybe today his ship would come in.
James Francis (Ginger) Coffey then risked it into the kitchen. His wife was at the stove. His daughter Paulie sat listless over Corn Flakes. He said “Good morning,” but his only answer came from Michel, the landlady’s little boy, who was looking out the window.
“What’s up, lad?” Coffey asked, joining Michel. Together, man and boy, they watched a Montreal Roads Department tractor clambering on and off the pavement as it shunted last night’s snowfall into the street.
“Sit down, Ginger, you’re as bad as the child,” his wife said, laying his breakfast on the kitchen table.
He tried her again. “Good morning, Veronica.”
“His mother was just in,” said she, pointing to Michel. “Wanting to know how long we were going to keep the place on. I told her you’d speak to her. So don’t forget to pop upstairs and give our notice the minute you have the tickets.”
“Yes, dear.” Flute! Couldn’t a man get a bite of breakfast into him before she started that nattering? He knew about telling Madame Beaulieu. All right.
A boiled egg, one slice of toast and his tea. It was not enough. Breakfast was his best meal; she knew that. But in the crying poverty mood that was on her these last weeks, he supposed she’d take his head off altogether if he asked her for a second egg. Still, he tried.
“Would you make us another egg?” he said.
“Make it yourself,” she said.
He turned to Paulie. “Pet, would you shove an egg on for me?”
“Daddy, I’m late.”







Moore
Brian Moore (25. August 1921 – 10. Januar 1999)





Der deutsche Dichter Johann Gottfried von Herder wurde am 25. August 1744 als Sohn eines Kantors in Mohrungen geboren. Er besuchte zunächst eine Lateinschule und studierte dann an der Königsberger Universität Philosophie bei Immanuel Kant, Theologie und Literatur. Dort schloß er Freundschaft mit Johann Georg Hamann. 1764 ging er als Prediger und Lehrer nach Riga. 1769 unternahm er eine Frankreichreise, danach eine Bildungsreise nach Deutschland. 1770 kommt es in Straßburg zur historischen Begegnung zwischen Herder und Goethe. Diese Begegnung sollte beide Dichter in ihrem Denken weitreichend beeinflussen. 1770-71 bleibt er in Straßburg, um sich von einem Augenleiden zu erholen. Ab 1771 hatte er verschiedene geistliche Ämter inne, z. B. war er Hofprediger und Superintendent bei einem Grafen (1771-76), später wurde er Generalsuperintendent in Weimar und damit zum höchsten geistlichen Würdenträger des Staates. Mit Hilfe von Goethe kam er nach Weimar. Dort konnte er auch Freundschaft mit Schiller und Wieland schließen. Herder trat für eine aufklärerisch-didaktische Dichtung ein, und geriet damit in Konflikt mit Goethe und Schiller. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er isoliert vom gesellschaftlichen Leben Weimars. 1802 wurde er geadelt.



In Mitte der Ewigkeit

Ein Traum, ein Traum ist unser Leben
auf Erden hier.
Wie Schatten auf den Wegen schweben
und schwinden wir.
Und messen unsre trägen Tritte
nach Raum und Zeit;
und sind (und wissen's nicht) in Mitte
der Ewigkeit . . .



Verklärung

Lebensfunke, vom Himmel entglüht,
Der sich loszuwinden müht!
Zitternd, kühn, vor Sehnen leidend,
Gern und doch mit Schmerzen scheidend!
End', o end' den Kampf, Natur!
Sanft ins Leben
Aufwärts schweben,
Sanft hinschwinden laß mich nur.

Horch!, mir lispeln Geister zu:
»Schwester-Seele, komm zur Ruh!«
Ziehet was mich sanft von hinnen?
Was ist's, was mir meine Sinnen,
Mir den Hauch zu rauben droht?
Seele, sprich, ist das der Tod?

Die Welt entweicht!
Sie ist nicht mehr!
Engel-Einklang um mich her!
Ich schweb' im Morgenrot!
Leiht, o leiht mir eure Schwingen;
Ihr Brüder-Geister, helft mir singen:
»O Grab, wo ist dein Sieg?
Wo ist dein Pfeil, o Tod?«







Herder
Johann Gottfried von Herder (25 augustus 1744 – 18 december 1803)
Büste in Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

Montag, 24. August 2009

Jorge Luis Borges, Paulo Coelho

Der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges wurde am 24. August 1899 als Sohn eines Anwalts und Psychologiedozenten in Buenos Aires geboren. 1914 übersiedelte er mit seinem zunehmend erblindenden Vater und der Mutter nach Genf, wo er als Lehrer für Deutsch, Französisch und Latein seinen Lebensunterhalt bestritt. Auf einer Reise nach Mallorca und Spanien entstanden erste, größtenteils verschollene Essays und Gedichte. 1921 kehrte Borges nach Buenos Aires zurück: Hier wurde er Beiträger zahlreicher Literaturzeitschriften und initiierte die Wandzeitung Prisma. Weitere Gründungen (Proa, 1922; Bug, 1922) folgten. Die Lyrik dieser Zeit bringt das Interesse des Dichters an der Geschichte Argentiniens und seine Liebe zu Buenos Aires zum Ausdruck.1938 begann Borges als Bibliothekar einer Vorortbücherei und übersetzte Franz Kafkas Die Verwandlung. Mit der gemeinsam mit Bioy Casares und Silvina Ocampo herausgegebenen Antología de la literatura fantástica (1941) trug er wesentlich zur Verbreitung und Etablierung der phantastischen Literatur nicht nur im spanischsprachigen Raum bei. Nebenbei entstanden erste eigene Versuche dieser Richtung.Nach dem Militärputsch 1976 feierte Borges die neuen Machthaber zunächst als Befreier, distanzierte sich aber zunehmend, nachdem Nachrichten über Menschenrechtsverletzungen bekannt geworden waren. 1985 erschien mit Los conjurados (Die Verschworenen) das letzte Werk des Schriftstellers zu Lebzeiten. Im Dezember 1985 zog Borges mit seiner Sekretärin und späteren Ehefrau Maria Kodama (telegraphische Heirat im April 1986) nach Genf, wo er am 14. Juni 1986 verstarb.

Aus: The Modesty of History (Übersetzt von Ruth L. C. Simms)

“On September 20, 1792, Johann Wolfgang von Goethe (who had accompanied the Duke of Weimar on a military expedition to Paris) saw the finest army of Europe inexplicably repulsed at Valmy by some French militiamen, and said to his disconcerted friends: "In this place and on this day, a new epoch in the history of the world is beginning, and we shall be able to say that we have been present at its origin." Since that time historic days have been numerous, and one of the tasks of governments (especially in Italy, Germany, and Russia) has been to fabricate them or to simulate them with an abundance of preconditioning propaganda followed by relentless publicity. Such days, which reveal the influence of Cecil B. De Mille, are related less to history than to journalism. I have suspected that history, real history, is more modest and that its essential dates may be, for a long time, secret. A Chinese prose writer has observed that the unicorn, because of its own anomaly, will pass unnoticed. Our eyes see what they are accustomed to seeing. Tacitus did not perceive the Crucifixion, although his book recorded it.

Those thoughts came to me after a phrase happened to catch my eye as I leafed through a history of Greek literature. The phrase aroused my interest because of its enigmatic quality: "He brought in a second actor." I stopped; I found that the subject of that mysterious action was Aeschylus and that, as we read in the fourth chapter of Aristotle's Poetics, he "raised the number of actors from one to two." It is well known that the drama was an offshoot of the religion of Dionysus. Originally, a single actor, the hypokrites, elevated by the cothurnus, dressed in black or purple and with his face enlarged by a mask, shared the scene with the twelve individuals of the chorus. The drama was one of the ceremonies of the worship and, like all ritual, was in danger of remaining invariable. Aeschylus' innovation could have occurred on but one day, five hundred years before the Christian era; the Athenians saw with amazement and perhaps with shock (Victor Hugo thought the latter) the unannounced appearance of a second actor.”





borges
Jorge Luis Borges (24. August 1899 – 14. Juni 1986)





Der brasilianische Schriftsteller Paulo Coelho wurde am 24. August 1947 in Rio de Janeiro aus Sohn einer gutbürgerlichen Familie geboren. In der Jesuitenschule, die er besuchte, lehnte er sich gegen die Einschränkung seiner Freiheit auf. In dieser Zeit keimte bei ihm der Wunsch, Schriftsteller zu werden. Im Alter von dreißig Jahren zog Paulo Coelho mit seiner ersten Ehefrau nach London und fing dort zu schreiben an. 1978 kehrte er nach Brasilien zurück, arbeitete ein Vierteljahr als leitender Angestellter bei einer Plattenfirma und trennte sich von seiner Frau.Im Jahr darauf traf er eine frühere Freundin wieder: Christina Oiticica. Mit ihr – sie wurde schließlich seine zweite Ehefrau – bereiste er Europa. 1986 pilgerte er auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Darüber schrieb er sein erstes Buch: "Auf dem Jakobsweg. Tagebuch einer Pilgerreise nach Santiago de Compostela". Von Paulo Coelhos zweitem Buch, "Der Alchimist", wurden zunächst nur ein paar hundert Exemplare verkauft, doch als ein anderer Verlag (Editora Rocco) seinen nächsten Roman – "Brida" – 1990 erfolgreich verlegte, wurde der Verlag Harper Collins in den USA auf Paulo Coelho aufmerksam und brachte 1993 eine amerikanische Übersetzung von "Der Alchimist" mit einer Startauflage von 50 000 Exemplaren heraus. Noch im gleichen Jahr erwarb Warner Bros die Filmrechte von "Der Alchimist". Inzwischen gilt der Roman als einer der meistverkauften überhaupt. Die Gesamtauflage der Bücher von Paulo Coelho soll bis 2005 auf 65 Millionen Exemplare angewachsen sein.

Aus: Eleven Minutes

Once upon a time, there was a prostitute called Maria. Wait a minute. "Once upon a time" is how all the best children's stories begin and "prostitute" is a word for adults. How can I start a book with this apparent contradiction? But since, at every moment of our lives, we all have one foot in a fairy tale and the other in the abyss, let's keep that beginning.

Once upon a time, there was a prostitute called Maria.
Like all prostitutes, she was born both innocent and a virgin, and, as an adolescent, she dreamed of meeting the man of her life (rich, handsome, intelligent), of getting married (in a wedding dress), having two children (who would grow up to be famous) and living in a lovely house (with a sea view). Her father was a travelling salesman, her mother a seamstress, and her hometown, in the interior of Brazil, had only one cinema, one nightclub and one bank, which was why Maria was always hoping that one day, without warning, her Prince Charming would arrive, sweep her off her feet and take her away with him so that they could conquer the world together.
While she was waiting for her Prince Charming to appear, all she could do was dream. She fell in love for the first time when she was eleven, en route from her house to school. On the first day of term, she discovered that she was not alone on her way to school: making the same journey was a boy who lived in her neighborhood and who shared the same timetable. They never exchanged a single word, but gradually Maria became aware that, for her, the best part of the day were those moments spent going to school: moments of dust, thirst and weariness, with the sun beating down, the boy walking fast, and with her trying her hardest to keep up.”







coelho
Paulo Coelho (Rio de Janeiro, 24. August 1947)

Sonntag, 23. August 2009

Ilija Trojanow, William Henley

Der deutsche Schriftsteller, Übersetzer und Verleger Ilija Trojanow wurde am 23. August 1965 in Sofia geboren. Ilija Trojanow entstammt einer bulgarischen Familie, die 1971 über Jugoslawien und Italien in die Bundesrepublik Deutschland floh, wo sie Politisches Asyl erhielt. 1972 zog die Familie weiter nach Kenia, wo der Vater eine Anstellung als Ingenieur erhalten hatte. Unterbrochen von einem Deutschlandaufenthalt in den Jahren 1977 bis 1981, in denen er von 1979 bis 1981 das Staatliche Landschulheim Marquartstein besuchte, lebte Ilija Trojanow bis 1984 in Nairobi. Er besuchte die Deutsche Schule Nairobi, die er mit der Reifeprüfung abschloss. Danach folgte ein Aufenthalt in Paris, und von 1985 bis 1989 studierte er an der Universität München Rechtswissenschaften und Ethnologie. Nachdem er dieses Studium abgebrochen hatte, gründete er 1989 in München den Kyrill-und-Method-Verlag, 1992 den Marino-Verlag, die beide auf Afrikanische Literatur spezialisiert waren. 1999 übersiedelte Trojanow nach Mumbai; in den folgenden Jahren beschäftigte er sich intensiv mit Indien. Von 2003 bis 2007 lebte Trojanow in Kapstadt; 2007 war er Mainzer Stadtschreiber. Er lebt in Wien. Trojanow verfasste in den 1990er Jahren einige Sachbücher und Reiseführer über Afrika, er gab eine Anthologie mit afrikanischer Gegenwartsliteratur heraus und übersetzte afrikanische Autoren. 1996 erschien sein erster eigener Roman Die Welt ist groß und Rettung lauert überall, in dem er die Erfahrungen seiner Familie als politische Flüchtlinge und Asylanten verarbeitete. Es folgten der Science-Fiction-Roman Autopol, der als „novel in progress“ im Internet entstanden war.

Aus: Die Welt ist groß und Rettung lauert überall

„Vor vielen vielen Würfelwürfen gab es ein tägliches Ereignis in der heimlichen Hauptstadt der Spieler, einer Stadt, die sich so in den Bergen versteckt hielt, daß kein Steuereintreiber sie kannte und selbst die Geographen von Sultanen, Zaren und Generalsekretären sie nicht auf ihren gierigen Karten verzeichneten; in den Bergen, die Balkan heißen. Dieses Ereignis, zuverlässig wie Kirchenglocken, nahm seinen Ausgang vor einer Bank. Zumindest schrieb die Fassade oberhalb des Portals BANKA, und es führte auch eine breite Treppe in den Schatten hinauf, aber seit Erfindung des Würfels war keiner mehr in diese BANKA hineingegangen. Noch nie hatte die Treppe wochentäglich Kunden hinaufgetragen und wieder hinabgeführt, zu Stoßzeiten stöhnend ihre Arbeit erledigt, in der Mittagspause sich aufplusternd abgestaubt, um jegliche Vertraulichkeit mit der Straße von sich zu
weisen. Es gab keine Kunden, die mit Lust oder Bange die Bank betraten, keine eifrigen Gedanken, die sich um eine Reihe bunter Zettel scharten, nicht die routinierten Blicke von Angestellten und nicht die Portionen Illusion, die aus dickhäutigen Behältern herausgenommen, flink abgezählt und nebensächlich über den Schalter geschoben werden.
Was es drinnen gab, wußten die Männer, die tagtäglich vor dem Gebäude warteten, nicht – was immer es war, es wurde nicht benötigt. Aber wer hinaustrat, war allseits bekannt: Bai Dan. Er kam aus dem Schatten heraus und zog seine Krawatte zurecht, protokollarisches Zeichen, daß die Alten Berge unverändert geblieben waren, auch an diesem Tag. Das war der Trommelwirbel, Beginn des Beginns. Wer an den Säulen lehnte, richtete sich auf, wer auf dem Boden kauerte, erhob sich. Und die Treppe hinab schritt der scheinbare Bankdirektor, der eigentlich Meister des Spiels in der
heimlichen Hauptstadt der Spieler war.
Willkommen Bai Dan – ein Stimmengewirr, aus gutturalem Selbstbewußtsein und zungenstolpernder Nervosität.“






Trojanow
Ilija Trojanow (Sofia, 23. August 1965)






Der englischer Lyriker und Schriftsteller William Ernest Henley wurde am 23. August 1849 in Gloucester, Gloucestershire, geboren. Als Kind litt Henley unter Tuberkulose und musste einen Fuß amputieren lassen. Während eines 20-monatigen Sanatoriumsaufenthalts von 1873 bis 1875 in Edinburgh begann er Gedichte zu schreiben. 1874 machte er die Bekanntschaft von Robert Louis Stevenson, mit dem ihn später eine enge Freundschaft verband. Er diente dessen literarischer Figur Long John Silver als Vorbild. Gemeinsam mit Stevenson verfasste er vier Dramen, darunter Deacon Brodie (1880), thematisch ein Vorgänger von Stevensons berühmte Schauernovelle Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Henleys bekanntesten Gedichte sind Pro rege nostro, das besonders während des Ersten Weltkrieges wegen seines patriotischen Inhalts (What have I done for you, England, my England? What is there I would not do, England my own?) sehr beliebt war, und das 1875 entstandene Invictus.



Pro rege nostro

WHAT have I done for you,
England, my England?
What is there I would not do,
England, my own?
With your glorious eyes austere,
As the Lord were walking near,
Whispering terrible things and dear
As the Song on your bugles blown,
England--
Round the world on your bugles blown!

Where shall the watchful sun,
England, my England,
Match the master-work you've done,
England, my own?
When shall he rejoice agen
Such a breed of mighty men
As come forward, one to ten,
To the Song on your bugles blown,
England--
Down the years on your bugles blown?

Ever the faith endures,
England, my England:--
'Take and break us: we are yours,
England, my own!
Life is good, and joy runs high
Between English earth and sky:
Death is death; but we shall die
To the Song on your bugles blown,
England--
To the stars on your bugles blown!'

They call you proud and hard,
England, my England:
You with worlds to watch and ward,
England, my own!
You whose mail'd hand keeps the keys
Of such teeming destinies,
You could know nor dread nor ease
Were the Song on your bugles blown,
England,
Round the Pit on your bugles blown!

Mother of Ships whose might,
England, my England,
Is the fierce old Sea's delight,
England, my own,
Chosen daughter of the Lord,
Spouse-in-Chief of the ancient Sword,
There 's the menace of the Word
In the Song on your bugles blown,
England--
Out of heaven on your bugles blown!




Invictus

Out of the night that covers me,
Black as the Pit from pole to pole,
I thank whatever gods may be
For my unconquerable soul.

In the fell clutch of circumstance
I have not winced nor cried aloud.
Under the bludgeonings of chance
My head is bloody, but unbowed.

Beyond this place of wrath and tears
Looms but the Horror of the shade,
And yet the menace of the years
Finds, and shall find, me unafraid.

It matters not how strait the gate,
How charged with punishments the scroll.
I am the master of my fate:
I am the captain of my soul.






henley
William Henley (23. August 1849 – 11. Juli 1903)

Annie Proulx, Dorothy Parker

Die amerikanische Schriftstellerin und Journalistin Edna Annie Proulx wurde am 22. August 1935 in Norwich, Connecticut, geboren. 1969 machte Proulx ihr Examen (B.A.) an der Universität von Vermont. Anschließend studierte sie in Montréal, Kanada, weiter und schloss dort 1973 mit dem Master of Arts (M.A.) ab. Zunächst begann sie als Journalistin und Sachbuchautorin zu schreiben. Erst spät, mit über 50 Jahren, wandte sie sich der Belletristik zu. 1988 veröffentlichte Proulx in den USA eine Sammlung von Kurzgeschichten Heartsongs and Other Stories. Ihr erster Roman Postcards, über das Leben einer Farmerfamilie brachte ihr als bisher einziger Frau den begehrten PEN/Faulkner Award ein. Der folgende in Neufundland angesiedelte Roman The Shipping News, wurde ein weltweiter Erfolg. Für ihn erhielt die Autorin den Pulitzer-Preis, den National Book Award und The Irish Times International Fiction Prize. 2005 verfilmte Ang Lee die Kurzgeschichte Brokeback Mountain, die erstmals am 13. Oktober 1997 in einer Ausgabe des Magazins The New Yorker erschienen war. Die Erzählung gewann 1998 den O. Henry-Preis und den National Magazine Award. 1999 veröffentlichte Proulx eine überarbeitete Fassung in ihrem Sammelband Close Range.

Aus: Hier hat’s mir schon immer gefallen (Übersetzt von Melanie Waltz)

„Mellowhorn Home war ein weiträumiges einstöckiges Blockhaus im sogenannten Westernstil – »indianisch« geometrisch gemusterte Möbelbezüge und mit Wildlederfransen herausgeputzte
Lampenschirme. An den Wänden hingen Mr. Mellowhorns präparierte Maultierhirschköpfe und eine Zweimannschrotsäge.
Zu dieser Jahreszeit wurde Berenice Pann bewusst, dass die Erde der Dunkelheit entgegenging; keine gute Zeit, dachte sie sich, um eine neue Stelle anzutreten, vor allem eine so deprimierende Stelle wie die, sich um alte Rancherwitwen zu kümmern. Aber sie musste nehmen, was sie kriegen konnte.
Im Mellowhorn-Altersheim waren Männer rar und bei den Frauen so gefragt, dass sie Berenice leidtaten. Sie hatte gedacht, der Sexualtrieb lasse im Alter nach, doch die alten Krähen kämpften um die Aufmerksamkeit paralysierter Opas mit wabbeligen, zitternden Armen. Die Männer hatten die
Wahl zwischen formlosen Morgenmänteln und geblümten Vogelscheuchen.
Drei verstorbene und ausgestopfte Mellowhorn-Hunde waren an strategischen Wachpositionen aufgestellt: nahe der Eingangstür, am Fuß der Treppe und neben der rustikalen Bar aus alten Zaunpfosten. Auf Schildchen waren wie zum Beweis der Kunstfertigkeit des Brandmalers ihre Namen verewigt: Joker, Bugs und Henry. Wenigstens, dachte Berenice, die Henry den Kopf tätschelte, hatte man von dem Heim aus einen Blick auf die Berge ringsum. Es hatte den ganzen Tag geregnet,
und in der sich verdichtenden Dämmerung sahen die Bartgrasbüschel wie gebleichtes Haar aus. An einem alten Bewässerungsgraben bildeten Weiden eine unregelmäßige Linie in düsterem Dunkelbraun, und der Viehteich am Fuß des Hügels war so glatt wie Zink. Berenice trat an ein anderes Fenster, um zu sehen, welches Wetter bevorstand. Im Nordwesten trieb ein milchig weißer, frostiger Keil am Himmel Regen vor sich her. An dem Fenster des Gemeinschaftsraums saß ein alter
Mann und starrte in das graue Herbstwetter hinaus.
Berenice wusste seinen Namen, wie sie die Namen aller Heimbewohner wusste: Ray Forkenbrock.
»Kann ich was für Sie tun, Mr. Forkenbrock?« Sie hielt sich etwas darauf zugute, die Heiminsassen mit den entsprechenden Ehrentiteln anzusprechen, was die übrige Belegschaft nicht tat, die mit Vornamen um sich warf, als hätten sie mit den alten Leuten Säue gehütet. Deb Slaver war geradezu
maßlos anbiedernd mit ihrem verschwenderischen Gebrauch von »Sammy«, »Rita« und »Delia«, interpungiert mit »Schatzi«,
»Herzchen« und »Putzi«.
»Klar«, sagte er. Er machte lange Pausen zwischen den Sätzen, fügte die Wörter so bedächtig aneinander, dass Berenice ihm am liebsten mit Vorschlägen auf die Sprünge geholfen hätte.“






Proulx
Annie Proulx (Norwich, 22. August 1935)




Die amerikanische Lyrikerin und Schriftstellerin Dorothy Parker wurde als Dorothy Rothschild, am 22. August 1893 in Long Branch, New Jersey, geboren. Dorothy wuchs als Tochter einer schottischen Katholikin, die bald nach der Geburt starb, und eines wohlhabenden jüdischen Kaufmanns in New York City auf. Kurz nach ihrem Schulabschluß 1911 starb auch der Vater; Dorothy bezog ein Zimmer in einer Pension am Broadway und schlug sich zunächst als Klavierspielerin in einer Tanzschule durch. 1917 heiratete sie den Geschäftsmann Edwin Parker und wurde Theaterkritikerin bei der mondänen Zeitschrift Vanity Fair, die zuvor schon Texte von ihr gedruckt hatte. Sie freundete sich mit dem Humoristen Robert Benchley und dem Dramatiker Robert Sherwood an - diese und drei weitere Intellektuelle aus der Zeitungsbranche trafen sich zum Lunch am Runden Tisch des Algonquin Hotels - eine geistreiche, machtvolle KritikerInnen-Clique, die zur Legende wurde. 1926 erschien der erste ihrer Gedichtbände, Enough Rope, 1928 Sunset Gun, Death and Taxes 1931 und Not So Deep as a Well 1936.


A Dream Lies Dead

A dream lies dead here. May you softly go
Before this place, and turn away your eyes,
Nor seek to know the look of that which dies
Importuning Life for life. Walk not in woe,
But, for a little, let your step be slow.
And, of your mercy, be not sweetly wise
With words of hope and Spring and tenderer skies.
A dream lies dead; and this all mourners know:

Whenever one drifted petal leaves the tree-
Though white of bloom as it had been before
And proudly waitful of fecundity-
One little loveliness can be no more;
And so must Beauty bow her imperfect head
Because a dream has joined the wistful dead!




Bohemia

Authors and actors and artists and such
Never know nothing, and never know much.
Sculptors and singers and those of their kidney
Tell their affairs from Seattle to Sydney.
Playwrights and poets and such horses' necks
Start off from anywhere, end up at sex.
Diarists, critics, and similar roe
Never say nothing, and never say no.
People Who Do Things exceed my endurance;
God, for a man that solicits insurance!





Experience

Some men break your heart in two,
Some men fawn and flatter,
Some men never look at you;
And that cleans up the matter.






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Dorothy Parker (22. August 1893 – 7. Juni 1967)

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Zuletzt aktualisiert: 23. Jan, 19:14

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