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Weltliteratur

Sonntag, 28. Dezember 2008

Burkhard Spinnen, Engelbert Obernosterer

Der deutsche Schriftsteller Burkhard Spinnen wurde am 28. Dezember 1956 in Mönchengladbach geboren. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er ab 1976 Germanistik, Publizistik und Soziologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. 1984 legte er dort die Magisterprüfung ab. 1989 wurde Spinnen an der Philosophischen Fakultät promoviert. Anschließend arbeitete er dort bis 1995 als wissenschaftlicher Assistent. Seitdem lebt er als freier Schriftsteller in Münster. Spinnen leitet Workshops zum literarischen Schreiben, u.a. an der Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel. Neben seinen literarischen und essayistischen Texten schreibt Burkhard Spinnen für Zeitungen und für den Rundfunk.

Aus: Kram und Würde

„Wenn, nein: falls ich einmal, durch was auch immer verursacht, in einen Zustand weit jenseits von Mut und Tollkühnheit geraten sollte, in einen Zustand, um die Sache plastisch zu machen, in dem man an der serbisch-moslemischen Grenze Bosniens »Mehr Demokratie wagen!«-Aufkleber verteilt – oder schlichter gesagt, falls ich einmal nichts mehr zu verlieren haben sollte, dann, ja dann werde ich öffentlich schlecht über den Großen Panda sprechen!
Ich habe nämlich unlängst gesehen, was mir die Augen geöffnet, wenngleich die Lippen beinahe versiegelt hat. Es war ein angenehm betulicher, ja geradezu schleppender, vermutlich britischer Tierfilm, 45 Minuten lang ausschließlich der Überlebenskrise des weltweit meistangehimmelten Säugetieres gewidmet. Und dort habe ich erfahren, was ich im Grunde immer schon ahnte, was ich aber unter dem massiven Druck der internationalen Tierschützer und angesichts des immer gleichen Kinderjauchzens fast vollständig verdrängt hatte. Und das ist: Der Große Panda ist dumm. Um nicht zu sagen sterbensblöd!
Wohlgemerkt, ich meine damit nicht einzelne Exemplare! Ich träume vielmehr von der Ruchlosigkeit, ohne Rücksicht auf irgendeine animalische oder politische Korrektheit die ganze Art für dämlich und praktisch vollkommen lebensunfähig und des Aussterbens dreimal wert zu erklären.“





Burkhard Spinnen (Mönchengladbach, 28. Dezember 1956)





Der österreichische Schriftsteller Engelbert Obernosterer wurde am 28. Dezember 1936 in St. Lorenzen im Lesachtal, Kärnten, geboren. Obernosterer war jüngstes von sieben Kindern eines Bergbauern. Er besuchte das Internatsgymnasium Tanzenberg bei Klagenfurt. Nach dem Studium der Germanistik und Geschichte in Wien arbeitete er ab 1965 als Volks- und Hauptschullehrer, ab 1975 AHS-Kunsterzieher in Hermagor im Gailtal. 1974 erhielt er den Förderungspreis des Landes Kärnten für Literatur. 1975 erschien sein Heimatroman „Ortsbestimmung“. 1980 die Kurzgeschichten „Der senkrechte Kilometer“, 1988 „Am Zaun der Welt“, 1990 der Roman „Die Bewirtschaftung des Herrn R.“ und 1993 der Roman „Verlandungen“. In die Kategorie der satirisch-kritischen Heimatliteratur fällt das Buch „Vom Ende der Steinhocker“ (1998) sowie „Grün. Eine Verstrickung“ (2001).


Aus: Nach Tanzenberg

Wir wissen, das Herannahen des Gefährts kündigt sich schon eine Weile vorher mit einem weithin hallenden Tatü-tata-tatütata an. Über die Berghänge hin breitet es sich aus und wird von den gegenüberliegenden Talflanken ins Dorf herüber reflektiert. Dann richten sich die Leute auf den Feldern auf, denn der Staatswagen muss jeden Augenblick seine gelbe Schnauze aus dem Radegund-Graben hervorschieben und seine ganze Länge ins Ebene herauswuchten, um auf der Geraden vor dem Dorf seine Kraft in Geschwindigkeit umzusetzen. Fürwahr sehenswert, wie souverän und herrisch er an Krautäckern und Kleinkram vorüber, vorüber auch an den ihm ungläubig nachstarrenden Feldarbeitern, den ersten Häusern zustrebt!
Das stets pünktliche, unbeirrbare, alle Witterungsunbilden gering achtende Gefährt ist eine der wenigen Konstanten innerhalb der Unberechenbarkeiten, mit denen die Einheimischen zu kämpfen haben. Der Respekt vor ihm drückt sich unter anderem darin aus, dass diejenigen, die seine Dienste in Anspruch nehmen wollen, eine gute Weile vor seinem Herannahen an einer der Haltestellen eintreffen und zwar in einer Kleidung, die eigentlich für religiöse Anlässe gedacht ist.“





Engelbert Obernosterer (St. Lorenzen, 28. Dezember 1936)

Samstag, 27. Dezember 2008

Markus Werner, Mariella Mehr

Der Schweizer Schriftsteller Markus Werner wurde am 27. Dezember 1944 in Eschlikon, Kanton Thurgau) geboren. 1948 zog die Familie nach Thayngen (Kanton Schaffhausen) um. Dort besuchte Werner die Schule und absolvierte 1965 die Matura. Anschliessend studierte er Germanistik, Philosophie und Psychologie an der Universität Zürich und promovierte 1974 mit einer Arbeit über Max Frisch, dessen Einfluss auf Werners Schreiben bedeutsam ist. Von 1975 bis 1985 war er Hauptlehrer, von 1985 bis 1990 Lehrbeauftragter an der Kantonsschule in Schaffhausen. Seit 1990 ist er freier Autor. Werner lebt heute in Schaffhausen.

Aus: Froschnacht

Wir leben ein paar Augenblicke und tun so rasend wichtig. Der eine braucht den Ausdruck »Schwerpunktthema«, der andre spricht von »musikalischer Umrahmung«, der dritte sagt: »Anforderungsprofil«, und solche Wörter tönen so, als würden die, die sie verwenden, ewig leben, und ich kann nicht begreifen, warum der Mund kein Schamteil ist. Wir leben ein paar Augenblicke und achten doch auf Bügelfalten, und ist ein weiches Ei zu hart, macht man Theater. Hier fehlt ein Komma! sagen wir. Und der Hürlimann nicht endlich seine Büsche stutzt! Ich steh auf Kümmel. Nicht mein Typ. Naturschwamm oder Kunststoffschwamm? Sie werden mich noch kennen lernen. Ich ziehe Schritte in Erwägung, da man beim Schweizer Radio die vierte Strophe der Jodellieder meistens abklemmt. Du, ist der Meier schwul, er trägt ein selbst gestricktes Rosa-Westchen. Wir leben ein paar Augenblicke und sind so falsch, so schwatzhaft, so himmelschreiend oberflächlich und tun die ganze Zeit die Pflicht, die Pflicht und werden dabei schlecht und dumm und grölen in der Freizeit blöd herum und vögeln ruppig. Wir haben den Mut zu nichts und Angst vor allem, wir stehen zeitig auf und tun die Pflicht und schämen uns, wenn wir mal liegen bleiben, und wären froh um eine Grippe. Die Eskapadenfreudigkeit nimmt ab, man denkt schon vor der Sünde an den Katzenjammer, uns fehlt nicht nur die Lust, uns fehlt sogar die Lust zur Lust, schon sie gilt als obszön, nicht aber der Verzicht und nicht die Pflicht und nicht die pausenlose feige Füg- und Folgsamkeit und ihre Folge, die Verblödung. Wir sind so eingeschüchtert, so elend zahm, Umgänglichkeit hat Vorrang; weil alles so komplex ist und so erfreulich relativ, sind wir von vornherein entschuldigt, wenn wir nicht dies, nicht jenes sagen, die Selbstzensur nennt man die gedankliche Behutsamkeit, und Wahrheitsangst heißt Toleranz, und selbst der zitterigste Hampelmann hat noch die Chance, als kompromissbereiter Geist zu gelten. Ist unser Gang entspannt? Er ist es nicht. Wir gehen, wie wir leben, verkrümmt, gedrückt, geknickt und linkisch. Wie wird bei uns getanzt? Getanzt wird nicht bei uns, wir hopsen höchstens. Wo ist ein seliges Gesicht, frei von Verkniffenheit, frei von Verstellung, frei von der Furcht, nicht zu gefallen? Wo bleiben die Belege, die meine Hoffnung nähren könnten, dass alle meine Nachtgedanken nur alkohol- und froschbedingte Hirngespinste sind?"






Markus Werner (Eschlikon, 27. Dezember 1944)




Die Schweizer Schriftstellerin Mariella Mehr wurde am 27. Dezember 1947 in Zürich als Angehörige des fahrenden Volkes der Jenischen geboren. Sie ist ein Opfer des Hilfswerks für die Kinder der Landstrasse, das jenische Kinder von ihren Eltern trennte, und wuchs in 16 Kinderheimen und drei Erziehungsanstalten auf. Viermal wurde sie in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen, 19 Monate verbrachte sie in der Frauenstrafanstalt Hindelbank. Seit 1975 ist sie publizistisch tätig und setzt sich für Aussenseiter und unterdrückte Minderheiten ein. Für ihr Engagement erhielt sie 1998 die Ehrendoktorwürde der Universität Basel. Im Jahre 2000 trat sie aus der Autorenvereinigung Gruppe Olten aus, weil diese das Ziel, „eine demokratische sozialistische Gesellschaft“ zu verwirklichen, aus dem Zweckartikel ihrer Statuten gestrichen hatte. Heute lebt Mariella Mehr in der Toskana.

Aus: Angeklagt (2002)

„Ich bin im Zustand der Gnade. Ich töte. Ich bin.
Auf diese kurze Formel gebracht, betrachte ich mein Leben als gelungen. Als vollendetes Kunstwerk, dem keine Farbschattierung fehlt und das an allen denkbaren Formen gewachsen ist. Sogar die Farben der Liebe sind darin enthalten, ob Sie es nun glauben oder nicht. Die Liebe spricht man meinesgleichen bekanntlich ab. Zu Unrecht, zu Recht, das hängt davon ab, wie Sie ein Leben betrachten.
Lassen Sie sich von meinem jugendlichen Aussehen nicht täuschen. Mein wahres Alter liegt in den Taten. Zählte man sie zusammen, und seien es auch nur die vom Gerichtsschreiber protokollierten, ergäbe das die stattliche Anzahl von einigen hundert Lebensjahren.
Als Malik verschwand, hatte ich den längsten Teil meines Lebens hinter mir, die frühen Kindheitsjahre abgerechnet, als ich noch nichts von ihrer Existenz wusste. Malik war der Zählrahmen, an dem ich meine Taten abzählte und die Jahre addierte, für die sie standen.
Malik wird wiederkommen.
Wird Malik wiederkommen?
Eine Glaubensfrage, wie fast alles, was unsereins vorwärts treibt.
Einlassen. Furchtlos. Sagen Sie.
Mein Vertrauen gewinnen. Nichts zu verlieren.
Wenn Sie wüssten, was ich zu verlieren habe. Eine Geschichte. Meine Geschichte. Mein ganzes Leben.
Malik.
Überhaupt. Spricht eine Beamtin so mit einer Delinquentin?
Malik würde es nicht gerne hören.
Also beeilen wir uns.
Bringen wir es hinter uns, für welche Variante ich mich auch entscheiden werde.
Ihre scheint klar zu sein.“





Mariella Mehr (Zürich, 27. Dezember 1947)

Rainer Malkowski, Henry Miller

Der deutsche Dichter Rainer Malkowski wurde am 26. Dezember 1939 in Berlin-Tempelhof geboren. Bis 1972 war Malkowski Geschäftsführer einer Werbeagentur, danach trat er als Lyriker an die Öffentlichkeit. Er war Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Malkowski gelang es, sich bereits mit seinem ersten Gedichtband als Lyriker zu etablieren. Seit 2006 wird im Auftrag der Rainer Malkowski Stiftung von der Bayerischen Akademie der Schönen Künste der Rainer-Malkowski-Preis verliehen.



Für einen römischen Soldaten

Mit jeder Zeile im Lexikon
über die Leistungen des Archimedes
wächst das Entsetzen
über die Tat seines Mörders.

Man erschlägt keine Genies.

Gab es nicht genug
andere Opfer?
Durchschnittliche Familienväter,
schlichte,
lebenslustige Leute?

Aber vermutlich
wußte der römische Soldat nicht
wen er vor sich hatte.

Oder er hielt nichts
von der die Jahrhunderte
erhellenden
Ungleichheit der Menschen.

Und war
gerecht.




Die Fighter

Willi Höppner, Hans Stretz,
der lange Hein und Conny Rux:
daß ich nur keinen vergesse.

Die Boxer meiner Kindheit
stehen noch immer im Ring.

Längst gilt meine Begeisterung
nicht mehr ihrem Punch,
sondern den Nehmerqualitäten.

Keiner von ihnen fällt

- bis ich selber
die Engel singen höre.







Rainer Malkowski (26. Dezember 1939 – 1. September 2003)





Der amerikanische Schriftsteller Henry Miller wurde am 26. Dezember 1891 in New York als Sohn eines aus Deutschland stammenden Schneiders geboren. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, fühlte sich schon in der Jugend als Rebell, brach sein Studium ab und schlug sich mit verschiedenen Tätigkeiten durch – u. a. als Goldsucher in Alaska, Bettler, Totengräber, Milchmann und Küchenhilfe –, bevor er von 1930 bis 1939 in Paris lebte. Zwar hatte er 1923 ein erstes Buch verfasst ("Clipped Wings") und kürzere Arbeiten auf eigene Kosten drucken lassen, aber erst mit dreiundvierzig Jahren veröffentlichte Henry Miller in Paris seinen ersten Roman: "Tropic of Cancer" ("Wendekreis des Krebses"). Eine seiner Geliebten, die Schriftstellerin Anaïs Nin, schrieb dazu ein Vorwort. 1939 zog Henry Miller nach Griechenland, und im Jahr darauf kehrte er in die USA zurück. 1942 ließ er sich in dem kalifornischen Küstenort Big Sur nieder.

Aus: Time Of The Assassins

„Conditioned to ecstasy, the [artist] is like a gorgeous unknown bird mired in the ashes of thought. If he succeeds in freeing himself, it is to make a sacrificial flight to the sun. His dreams of a regenerate world are but the reverberations of his own fevered pulse beats. He imagines the world will follow him, but in the blue he finds himself alone. Alone but surrounded by his creations; sustained, therefore, to meet the supreme sacrifice. The impossible has been achieved; the duologue of author with Author is consummated. And now forever through the ages the song expands, warming all hearts, penetrating all minds. At the periphery the world is dying away; at the center it glows like a live coal. In the great solar heart of the universe the golden birds are gathered in unison. There it is forever dawn, forever peace, harmony and communion. Man does not look to the sun in vain; he demands light and warmth not for the corpse which he will one day discard but for his inner being. His greatest desire is to burn with ecstasy, to commerge his little flame with the central fire of the universe. If he accords the angels wings so that they may come to him with messages of peace, harmony and radiance from worlds beyond, it is only to nourish his own dreams of flight, to sustain his own belief that he will one day reach beyond himself, and on wings of gold.

One creation matches another; in essence they are all alike. The brotherhood of man consists not in thinking alike, nor in acting alike, but in aspiring to praise creation. The song of creation springs from the ruins of earthly endeavor. The outer man dies away in order to reveal the golden bird which is winging its way toward divinity.“





Henry Miller (26. Dezember 1891 – 7. Juni 1980)

Dienstag, 23. Dezember 2008

Robert Bly, Albert Ehrenstein

Der amerikanische Schriftsteller Robert Bly wurde am 23. Dezember 1926 in Madison, Minnesota, geboren. In den 1970er Jahren veröffentlichte Bly 11 Gedichtbände in denen er die Kraft der Mythen betonte. Bekannt wurde Bly vor allem durch Eisenhans: Ein Buch über Männer (1990), in dem er das gleichnamige Märchen der Brüder Grimm psychologisch analysiert und Wege für Männer zum Umgang mit ihrer Männlichkeit aufzeigt. In der Beschäftigung mit alten Mythen sucht Bly nach männlichen Archetypen, die er als notwendige Wesensbestandteile einer balancierten Männlichkeit ansieht.



In Danger from the Outer World

This burning in the eyes, as we open doors,
This is only the body burdened down with leaves,
The opaque flesh, heavy as November grass,
Growing stubbornly, triumphant even at midnight.

And another day disappears into the cliff,
And the Eskimos come to greet it with sharp cries--
The black water swells up over the new hole.
The grave moves forward from its ambush,

Moving over the hills on black feet,
Living off the country,
Leaving dogs and sheep murdered where it slept;
Some shining thing, inside, that has served us well

Shakes its bamboo bars--
It may be gone before we wake . . .




Moving Inward at Last

The dying bull is bleeding on the mountain!
But inside the mountain, untouched
By the blood,
There are antlers, bits of oak bark,
Fire, herbs are thrown down.

When the smoke touches the roof of the cave,
The green leaves burst into flame,
The air of night changes to dark water,
The mountains alter and become the sea.






Robert Bly (Madison, 23. Dezember 1926)





Der deutschsprachige Lyriker und Erzähler Albert Ehrenstein wurde am 23. Dezember 1886 ials Sohn jüdisch-ungarischer Eltern im späteren 16. Bezirk Wiens, Ottakring, geboren (Urkunden geben den 23. Dezember als Geburtstag an, während Ehrenstein Zeit seines Lebens darauf bestand, er sei am 22. Dezember geboren). Der Vater war Kassierer bei einer Brauerei und die Familie war arm, sein jüngerer Bruder war der Dichter Carl Ehrenstein (1892–1971). Der Ehrgeiz seiner Mutter sorgte dafür, dass Ehrenstein das Gymnasium besuchen konnte, wo er unter antisemitischen Anfeindungen zu leiden hatte. Von 1905 bis 1910 studierte er in Wien Geschichte und Philosophie und schloss 1910 mit Promotion ab. Mittlerweile hatte er sich jedoch schon für die Literatur entschieden. 1910 wurde er durch das Gedicht Wanderers Lied, das Karl Kraus in der Fackel veröffentlichte, über Nacht bekannt. Das Gedicht ist dem gerade beginnenden Expressionismus zuzurechnen. 1911 erschien Ehrensteins Erzählung Tubutsch mit Illustrationen seines Freundes Oskar Kokoschka. Durch Kokoschka kam er in Kontakt mit Herwarth Walden und veröffentlichte in der Folge in dessen Zeitschrift Der Sturm, später auch in Franz Pfemferts Zeitschrift Die Aktion. Schnell wurde Ehrenstein zu einer der wichtigsten Stimmen des Expressionismus und stand in engem Kontakt zu Else Lasker-Schüler, Gottfried Benn und Franz Werfel.


Wanderers Lied

Meine Freunde sind schwank wie Rohr,
Auf ihren Lippen sitzt ihr Herz,
Keuschheit kennen sie nicht;
Tanzen möchte ich auf ihren Häuptern.

Mädchen, das ich liebe,
Seele der Seelen du,
Auserwählte, Lichtgeschaffene,
Nie sahst du mich an,
Dein Schoß war nicht bereit,
Zu Asche brannte mein Herz.

Ich kenne die Zähne der Hunde,
In der Wind-ins-Gesicht-Gasse wohne ich,
Ein Sieb-Dach ist über meinem Haupte,
Schimmel freut sich an den Wänden,
Gute Ritzen sind für den Regen da.
„Töte dich!" spricht mein Messer zu mir.
Im Kote liege ich;
Hoch über mir, in Karossen befahren
Meine Feinde den Mondregenbogen.




Friede

Die Bäume lauschen dem Regenbogen,
Tauquelle grünt in junge Stille,
Drei Lämmer weiden ihre Weiße,
Sanftbach schlürft Mädchen in sein Bad.

Rotsonne rollt sich abendnieder,
Flaumwolken ihr Traumfeuer sterben.
Dunkel über Flut und Flur.

Frosch-Wanderer springt großen Auges,
Die graue Wiese hüpft leis mit.
Im tiefen Brunnen klingen meine Sterne.
Der Heimwehwind weht gute Nacht.






Albert Ehrenstein (23. Dezember 1886 – 8. April 1950)

Montag, 22. Dezember 2008

Felicitas Hoppe, Margit Schreiner, Hugo Loetscher

Die deutsche Schriftstellerin Felicitas Hoppe wurde am 22. Dezember 1960 in Hameln geboren. Nach dem Abitur studierte sie Literatur, Rhetorik und Religionswissenschaft: Von 1982 bis 1984 an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen, von 1984 bis 1986 an der University of Oregon und von 1987 bis 1990 an der Freien Universität Berlin. 2006 war sie Gastprofessorin am Dartmouth College. Sie arbeitete als Dramaturgin und Journalistin und seit 1996 als freie Schriftstellerin. Für ihr schriftstellerisches Werk erhielt sie unter anderem 1996 den Aspekte-Literaturpreis, 2004 den Nicolas Born-Preis des Landes Niedersachsen, 2005 den Brüder-Grimm-Preis der Stadt Hanau und 2007 den Literaturpreis der Stadt Bremen.

Aus: Johanna (2006)

„Johanna wurde in der Dreikönigsnacht geboren. Die Tiere begannen zu sprechen, die Brüder hielten den Stern in die Höhe, nur die Könige konnten sich nicht einigen.
Neunzehn Jahre später, als der Bischof endlich begann, das Todesurteil zu verlesen, und der Scharfrichter sich mit dem Karren näherte, verließen Johanna die Kräfte. Sie unterbrach den Bischof und sagte, sie werde alles tun, was man ihr auferlege. Die Engländer empörten sich, warfen Steine und schrien, Bischof Cauchon sei ein Verräter. Johanna, die weder lesen noch schreiben konnte, unterzeichnete die Abschwörungsformel mit einem Kreuz. Dabei lachte sie, und die Engländer schrien noch lauter.
Am siebenundzwanzigsten Mai erhielt der Bischof die Nachricht, Johanna sei rückfällig geworden, habe wieder Männerkleider angelegt und alles widerrufen, was sie unterschrieben hatte. Am dreißigsten Mai, gegen neun, flankierten achtzig oder achthundert englische Soldaten ihren Karren auf dem Weg zum Alten Markt von Rouen. Trotzdem gelang es einem gewissen Loiseleur, auf den Wagen zu springen und Johanna unter Tränen um Vergebung für das ihr angetane Unrecht anzuflehen. Mit Not entkam er den Engländern.
Eine Stunde lang stand Johanna auf dem Marktplatz, während Nicolas Midi eine Predigt hielt und der Bischof ein zweites Mal das Urteil verkündete. Johanna verteidigte ein letztes Mal ihre Könige, die allerdings abwesend waren.
Bevor man sie auf den Scheiterhaufen führte, setzte man ihr eine Papiermütze auf, darauf standen für alle, die lesen können, drei Worte. Vornweg ging Bruder Ladvenu, der, auch für Abwesende gut sichtbar, das Kreuz in die Höhe hielt, bis Johanna ihn bat, von der Leiter zu steigen, weil das Kreuz in Gefahr stand, Feuer zu fangen. Sie selbst hielt ein kleines Holzkreuz in der Hand, das ein englischer Soldat für sie zusammengezimmert hatte.“






Felicitas Hoppe (Hameln, 22. Dezember 1960)





Die österreichische Schriftstellerin Margit Schreiner wurde am 22. Dezember 1953 in Linz geboren. Sie studierte Germanistik und Psychologie an der Universität Salzburg. Von 1977 bis 1980 hielt sie sich in Tokio auf, wo sie anfangs ihr Studium fortsetzte, es dann jedoch abbrach, um mit dem Verfassen literarischer Texte zu beginnen. Von 1980 an arbeitete sie als Sekretärin an der Universität Salzburg. Seit 1983 ist sie freie Schriftstellerin. Nach Aufenthalten in Paris, Berlin und Italien lebt sie seit 2000 wieder in Österreich.

Aus: Die Eskimorolle

Petra hatte abgetrieben und erholte sich davon bei uns in der Wohngemeinschaft. Deshalb war soviel Watte im Haus.
Es war acht Uhr abends am 24. Dezember. Wir saßen in Werners Zimmer unter einer fast zwei Meter hohen Tanne, die wir kurz vor Geschäftsschluß von einem betrunkenen Tannenverkäufer in der Salzburger Innenstadt geschenkt bekommen hatten. Mit Petra waren wir zu sechst: Hans, von dem ich mich ein halbes Jahr vorher getrennt hatte, Paul, mit dem ich seither zusammen war, Werner, ein Politologiestudent, der in dem Haus schon mit zwei Wohngemeinschaften vor uns gelebt und deshalb das größte Zimmer mit Balkon im ersten Stock belegt hatte, Bernd, ich und eben Petra.
Bernd hatte sich an diesem Abend freigemacht. Er studierte seit Wochen so intensiv DAS KAPITAL, daß er normalerweise sogar seine Mittagspause auf ein paar Minuten beschränkte, die er auf der Eieruhr einstellte. Wenn die Eieruhr läutete, sprang er auf und lief in sein Zimmer zurück, egal, wie weit er mit dem Essen war. Aber meistens war er mit dem Essen längst fertig, weil er sowieso immer alles möglichst schnell in sich hineinschlang. Bernds Eltern waren Unternehmer, ich glaube, sie stellten Wein- und Spirituosenetiketten her, und hatten ein Haus am Mondsee, wo sie regelmä-
ßig Abendessen für Geschäftsfreunde arrangierten, an denen Bernd in seiner Kindheit hatte teilnehmen müssen. Das, sagte er, habe ihm nachhaltig den Appetit verdorben.“






Margit Schreiner (Linz, 22. Dezember 1953)





Der Schweizer Schriftsteller Hugo Loetscher wurde am 22. Dezember 1929 in Zürich geboren. Nach der Reifeprüfung studierte er an den Universitäten in Zürich und Paris Philosophie, Soziologie und Literaturwissenschaft. 1956 promovierte er mit der Arbeit Die politische Philosophie in Frankreich nach 1945 in Zürich zum Doktor der Philosophie. Anschliessend war er Literaturkritiker bei der Neuen Zürcher Zeitung und der Weltwoche. Von 1958 bis 1962 gehörte er der Redaktion der Monatszeitschrift Du an, von 1964 bis 1969 war er Mitglied der Feuilletonredaktion der Weltwoche. Seitdem ist er freier Schriftsteller.Seit den 60er-Jahren hat Loetscher ausgedehnte Reisen nach Südeuropa und später nach Südostasien unternommen und sich regelmässig in Lateinamerika – vor allem in Brasilien – aufgehalten. Hugo Loetschers Werke basieren häufig auf seinen Reiseerfahrungen, beziehen aber auch autobiografische Elemente mit ein. Neben Reisereportagen hat der Autor Romane, Essays, Fabeln und Theaterstücke verfasst.

Aus: Der Immune (1975)

"Das Theater konnte beginnen. Er lag in seinem Zuschauerraum, inmitten von Kissen, allein und strampelnd, vor sich die, erste Bühne, den Ausschnitt eines ovalen Halbrunds, das die gekräuselten Vorhänge eines Stubenwagens abschlossen. Es waren seine ersten Vorhänge, die über einem Geschehen hochgingen. Es gab zwei Hauptfiguren, die man sich merken musste; die mit dem langen Haar, die war ganz wichtig, und jene mit dem Schnurrbart. Sie traten zur Hauptsache von rechts und von links auf, gelegentlich auch in der Mitte. Sie umarmten sich und zeigten mit ausgestreckten Fingern in den Stubenwagen: "Die Nase hat er von mir, aber den Mund von dir." Sie schienen über ihn zu verfügen und sich anbiedern zu wollen. Beugten sie sich über ihn, wechselten sie ihr Deutsch; sie sagten "Dulli", "Dalli" und "Dada", das war die erste Bühnensprache, die er vernahm. Auf dieser Bühne jenseits der Vorhänge gab es zwei Requisiten, die es ihm angetan hatten, eine Brust und eine Flasche. So verschieden die Brust und ihr Double, die Flasche, waren, sie besassen etwas Gemeinsames: Sog man daran, kam etwas heraus, wobei die Temperatur der Brustmilch ausgeglichener war. Dem Säugling gefiel die Vorstellung. Er brauchte nur zu weinen oder zu schreien, schon traten die Akteure auf, von rechts oder links."





Hugo Loetscher (Zürich, 22. Dezember 1929)

Samstag, 20. Dezember 2008

Friederike Mayröcker, Jürg Laederach

Die österreichische Schriftstellerin Friederike Mayröcker wurde am 20. Dezember 1924 in Wien geboren. Von 1946 bis 1969 war Mayröcker Englischlehrerin an verschiedenen Wiener Hauptschulen und legte dazwischen ihre Externistenmatura ab. 1969 ließ sie sich als Lehrerin karenzieren und 1977 frühpensionieren. Ihr literarisches Schaffen begann sie als 15-Jährige (1939); 1946 veröffentlichte sie ihre ersten Arbeiten in der Zeitschrift Plan. Friederike Mayröcker gilt als eine der bedeutendsten österreichischen zeitgenössischen Lyrikerinnen. Erfolg hatte sie auch mit Hörspielen. Vier davon verfasste sie gemeinsam mit Ernst Jandl, mit dem sie von 1954 bis zu dessen Tod im Jahr 2000 zusammenlebte. Ihre Prosawerke werden der Kategorie "Autofiktion" zugerechnet. Sie bildet darin eine Gruppe mit Christine Lipp, Wiesbaden.

Aus: Brütt

„Es ist was die Spazierkunde angeht, alles in allem 1 spurloses Leben gewesen, nämlich im Rückblick, 1 Leben in Verheerung Mißverständnis Geistes Verdunkelung, mit dem Hirnschaber in steter Aktion, nicht wahr, sage ich zu Blum, wieso hat zB die Flasche so groß ausgesehen in der Auslage und als ich sie in die Hand nahm so winzig? diese und andere Leverkusen Wunder und Wälder seien mir zugeflogen, und während ich ins dampfende Fußbad tauche, ist es als ob in die eisige Kälte, eine Sinnesverwicklung, -verwirrung, -vernichtung, so scheint es, also 1 wehendes verwehtes VATERUNSER, weil anders firmiert, weil in andere Sprachbüschel zusammengefügt – wenn ich so Woche um Woche nicht arbeiten kann, sind Ohnmacht und Ingrimm kaum mehr auszuhalten, sage ich zu Blum, Gefühl von Pechsträhne, gebrochener Zunge, Verlorenheit, diese beleibte Passantin, sage ich zu Blum, als ankerte ihre Hüfte im Straßendunst, also dann fiel mir ein: »ihre Kruppe bewegte sich sachte durchs Menschengewühl«, usw., wie SCHNEIEN in einer Auslage, es waren aber Lichtbilder, kannst du dir das vorstellen, sage ich zu Blum. während ihre Schnute und Doppelblick..

ich meine da sitze ich im zerbrochenen Stuhl, halb wiegende Position, die Tischlocken ringeln überall hervor, die Scheinhaftigkeit dieses Daseins, ein Wehklopfen eine Wehrlosigkeit der mit den schärfsten Klingen ausgestatteten Welt gegenüber, immer mehr ins Heulen und Wehklagen versunken, und ganz kleingeseelt oder -gesellt, nein das ist keine Aufgeblasenheit in der Sprache auch nicht Blödigkeit (Gestammel) der Gefühle, es ist eigentlich mehr 1 FINGERSATZ, wenn ich mir ohne Anstrengung 9 oder 10 Dutzend Telefonnummern zu merken imstande bin, das Englische, sage ich zu Blum, das bedrückt mich, sage ich zu Blum, das Englische ist in den letzten Jahren zur (deutschen) Umgangssprache geworden, ich muß darüber reflektieren, nichts kritiklos übernehmen, da schreibt doch dieser Redakteur, sage ich zu Blum, was micht erbost, sage ich zu Blum, diese ununterbrochenen Bilder machen ihm Schwierigkeiten, die Autorin springe von einem zum anderen Bild ohne Zusammenhänge aufkommen zu lassen, etc., seit einigen Tagen Gefühl von Ungenügen in meinem Bewußtsein nämlich da sei etwas noch offen, unversorgt, am Korpus dieser Schrift, etwas blute noch, zeige Wundmale, sei nicht verheilt. Alles müsse verheilt sein, sage ich zu Blum, dann erst besäße der Text Gültigkeit und dürfe als abgeschlossen gelten, nicht wahr.“






Friederike Mayröcker (Wien, 20. Dezember 1924)






Der Schweizer Schriftsteller Jürg Laederach wurde am 20. Dezember 1945 in Basel geboren. Laederach begann nach dem Abschluss des Humanistischen Gymnasiums in Basel ein Studium der Mathematik an der ETH Zürich. Später wechselte er zur Universität Basel, wo er Romanistik, Anglistik und Musikwissenschaft studierte. 1969 hielt er sich als Stipendiat und Deutschlehrer in Paris auf; anschliessend arbeitete er ein Jahr lang als Werbetexter in Basel, wo er heute als freier Schriftsteller und Übersetzer lebt. Laederach hatte 1986/87 eine Gastdozentur für Poetik an der Universität Graz inne, 1987 war er Poet in Residence an der Universität-Gesamthochschule Essen. 1996 trennte er sich aus Protest gegen die Veröffentlichung von Peter Handkes serbienfreundlichen Texten zum Bosnienkrieg von seinem langjährigen Verlag Suhrkamp. Neben seinen literarischen Aktivitäten trat Laederach, der Saxophon, Klarinette und Klavier spielt, gelegentlich als Musiker mit der Basler Jazzformation „BIQ“ auf. Laederach ist Verfasser experimenteller Prosa sowie von Theaterstücken und Hörspielen. Daneben hat er sich als Übersetzer aus dem Englischen und Französischen hervorgetan.

Werke u.a. : Einfall der Dämmerung, 1974, Ein milder Winter, 1978, Flugelmeyers Wahn, 1986, Passion, 1993, Schattenmänner, 1994, In Hackensack, 2003

Uit: Kopfschule beim Essen. Ein Stilleben

„Im Endstadium meiner schweren, schon lange Zeit körperlich sich äussernden Neurose litt ich unter dem mich abscheulich peinigenden délire d’enormité, das meine allmählich zerfallende physische Erscheinung in mir ungeheuerlich scheinende Dimensionen erweiterte. Zoll für Zoll wurde ich ein gehetzter Antipode der wahnsinnigen Mikromanischen, die sich für Schrauben hielten und ins Brett bohrten. Nicht zu reden von meinem kopfstehenden Verfolgungswahn, bei dem ich der Verfolger war, dessen linguistische Füchse auf der atemlosen Jagd aufgescheucht durcheinanderwirbelten – ich weiss, dass ihr Bau gerade ausgeräuchert wird. Griff an den Kopf, den depressiven, der sein ungelebtes Vorleben als Trauma mitschleppt. Ich sass im Gasthaus. Durch meine bei allem Verschütten arrogante Gegenwart wurde es gnadenlos auf die Stufe des Literatengasthauses gehoben. Die sozialen Verhaltensanteile meiner Instinkte waren am Schwinden. Gerade da
verlor ich, verblödend und auch organisch verblödend, weitere Körperteile, die mir im Hirn schnell nachwuchsen.
Glaubte ich, das gehe gut aus. Kaum. Dem Gasthaus fügte meine da, dort und drüben schrankenlos waltende Sprachlibido eine antipathische Servier-Tablett-Zerstörung-durchseidenohrige- Kellnerinnen zu. Das Gasthaus servierte karge, aber fettreiche Mahlzeiten an wie üblich Häftlinge, lauter Häftlinge. Sie kamen der schwarz gekleideten hochgeschlossenen, immer sitzenden, im Stehen schwankenden,
der bereits wieder sitzenden Wirtin zu Hilfe. Sie regulierten die Öfen. Sie räumten die Teller ab und zerbrachen sie dann. Zum Entstopfen drückten sie mit einer Handpumpe heisses Wasser in die Ausgüsse. Einer wollte etwas von mir, ein Häftling liess mich nicht in Ruhe. Er sah, daß ich mit dem Löffel aß, den ich aus meinem Halfter am Gürtel gezogen hatte. Ich, Grand Malade und Vollstrecker sämtlicher Testamente des Umkreises, durfte endlich die letzten Verantwortlichkeiten und Zellenerinnerungen abstreifen, um mich in die liebevollste Pflege ; anderer Wahnsinniger, viel gutmütigerer Wahnsinniger zu begeben. Ich erzähle das klar, bloß, wo war ich eben. Der Satz zerrinnt zur Pfütze. Krank bin ich nicht, denn gestern war ich schon so.“





Jürg Laederach (Basel, 20. Dezember 1945)

Freitag, 19. Dezember 2008

Italo Svevo, Peter Stephan Jungk, Jean Genet

Der Italienische Schriftsteller Italo Svevo wurde am 19. Dezember 1861 in Triest geboren als Hector Aron ("Ettore") Schmitz. Sein Großvater stammte aus Deutschland. Das fünfte von acht Kindern eines Glaswarenhändlers wuchs in dem bis 1918 zu Österreich gehörenden Triest auf, lebte von 1867 bis 1872 in einem Internat in Deutschland und kehrte dann in seine Geburtsstadt zurück, um dort zu studieren. Doch als das Unternehmen seines Vaters zusammenbrach, begann er in einer Bank zu arbeiten. Nebenbei schrieb er Theaterstücke. Das Pseudonym "Italo Svevo" (italienischer Schwabe bzw. schwäbischer Italiener) benützte er erstmals 1892 bei der Veröffentlichung seines Romans "Una vita" (deutsch: Ein Leben, 1962). 1896 heiratete er seine Cousine Livia Veneziana, die Tochter eines reichen Triestiner Schifflackherstellers. Aufgrund seiner Misserfolge als Schriftsteller hörte er mit dem Schreiben auf, doch als er seine Englischkenntnisse an der Berlitz School in Triest verbesserte und dabei James Joyce (1882 - 1941) begegnete, der dort als Sprachlehrer tätig war, fasste er neuen Mut. 1923 erschien sein dritter Roman: "La coscienza di Zeno" (deutsch: Zenos Gewissen).

Aus: Ein Leben (Una Vita, übertragen von Barbara Kleiner)

«Meine liebe Mama,
gestern abend erst erhielt ich Deinen guten und schönen Brief.
Sei unbesorgt, Deine große Schrift hat nichts Rätselhaftes für mich¸ auch wenn ich ein Wort nicht entziffern kann, verstehe ich, oder glaube ich doch zu verstehen, was Du wolltest, als Du die Feder in dieser Art übers Papier wandern ließest.
Ich lese Deine Briefe immer wieder; sie sind so einfach, so gut, sie gleichen Dir; sie sind Fotografien von Dir. Ich liebe sogar das Papier, auf dem Du mir schreibst! Ich erkenne es wieder, der alte Creglingi verkauft es, und wenn ich es sehe, erinnere ich mich an die gewundene, aber reinliche Hauptstraße in unserem Dorf. Ich sehe mich wieder dort, wo sie sich zu einem Platz weitet, in dessen
Mitte das Haus von Creglingi steht, niedrig und klein, das Dach in Form eines Kalabreserhuts, das Ganze ein einziges Loch, der Laden! Drin er, eifrig dabei, Papier zu verkaufen, Nägel, Fusel, Zigarren und Stempelmarken, langsam, aber mit den aufgeregten Gebärden eines Menschen, der schnell machen will, indem er zehn Menschen auf einmal bedient, oder besser gesagt, indem er einen bedient und die anderen neun dabei unruhig im Blick behält. Grüß ihn bitte vielmals von mir. Wer hätte gedacht, daß ich je Lust verspüren würde, diesen brummigen Geizkragen wiederzusehen?
Du mußt nicht glauben, Mama, daß es einem hier nicht gutgeht; ich bin es, dem es schlechtgeht!
Ich kann mich nicht damit abfinden, Dich nicht zu sehen, so lang so fern von Dir zu sein, und es steigert meinen Schmerz, wenn ich denke, daß auch Du Dich allein fühlen wirst in dem großen Haus weitab vom Dorf, wo Du partout wohnen bleiben willst, weil es nun einmal uns gehört. Außerdem habe ich wirklich das Bedürfnis, unsere gute Luft zu atmen, die rein und ursprünglich ist. Hier atmet man eine gewisse dikke, verräucherte Luft, die ich bei meiner Ankunft schwer über der Stadt liegen sah, in Form eines riesigen Kegels, wie bei uns im Winter der Dunst über dem Teich, von dem man aber weiß, woraus er besteht; er ist reiner. Die Menschen, die hier leben, sind alle, oder doch fast alle, heiter und gelassen, weil sie nicht wissen, daß man anderswo um so vieles besser leben kann.”






Italo Svevo (19. Dezember 1861 – 13. September 1928)





Der amerikanische deutschsprachige Schriftsteller Peter Stephan Jungk wurde am 19. Dezember 1952 in Santa Monica, Kalifornien, geboren. Er wuchs zunächst in den Vereinigten Staaten und nach 1957 in Wien auf. In Berlin besuchte er von 1968 bis 1970 die Rudolf-Steiner-Schule, von 1970 bis zu seiner Matura 1972 lebte er in Salzburg. 1973 arbeitete er als Regieassistent am Basler Theater. Von 1974 bis 1976 studierte er am American Film Institute in Los Angeles. Von 1976 bis 1979 war er erneut in Salzburg ansässig. 1977 wirkte er als Peter Handkes Regieassistent bei der Verfilmung von Handkes "Die linkshändige Frau". 1980 besuchte der gebürtige Jude Jungk eine Thoraschule in Jerusalem. 1981 übersiedelte er zurück nach Wien. Seit 1988 lebt er in Paris. Peter Stephan Jungk ist Verfasser von Romanen, Essays und Drehbüchern, bei deren Verfilmung er teilweise selbst Regie führte. Daneben übersetzt er aus dem Englischen.

Aus: Der König von Amerika

“Seit vier Jahrzehnten glückt mir ein Wagnis nach dem anderen, flüstert er sich zu, wie an jedem Morgen nach dem Erwachen und vor dem Aufstehen. Es hat Rückschläge gegeben, unbestritten. Aber sie waren selten. Äußerst selten. Mitunter sah es aus, als müßten wir unsere Mitarbeiter allesamt entlassen. Das Studio auflösen. Roy aber hat es immer wieder verstanden, Bankiers, Financiers, Aktionäre umzustimmen. Roy, der um siebeneinhalb Jahre ältere Bruder. Der Realist in der Familie, der vor jeder neuen Entwicklung zurückschreckte, mehr noch, sie zunächst zu verhindern suchte. Der niemals glauben mochte, die Ideen seines jüngsten Bruders könnten Gewinne erzielen. Trotzdem: Ohne Roy, denkt Walt, gäbe es unser Unternehmen nicht. Millionen und Abermillionen hat er der Bank of America entlockt, im Verlauf der Zeit. Walt begreift nicht ganz, wie Roy das schaffen konnte. Anderseits ist er sich dessen bewußt, sein Einfallsreichtum allein habe die Endloskette der Kredite ermöglicht. Er war der Erste, der Zeichentrickfiguren Persönlichkeit verlieh. Er war der Erste, der in seinen Filmen mit Farbe arbeitete. Er war der Erste, der Trickfilme erfolgreich vertonte. Der Erste, der einen abendfüllenden Zeichenfilm produzierte. Der Erste, dem es gelang, einen Spielpark in die Welt zu setzen, der weder traurig, noch jemals schmutzig oder gar häßlich war“.






Peter Stephan Jungk (Santa Monica, 19. Dezember 1952)




Der französische Schrifsteller Jean Genet wurde am 19. Dezember 1910 in Paris geboren. Der Vater war unbekannt. Seine Mutter, eine Prostituierte, übergab ihn schon früh der öffentlichen Fürsorge. Er kam zunächst in eine Pflegefamilie nach Alligny-en-Morvan. Im Alter von 10 Jahren wurde er eines Diebstahls beschuldigt, den er nicht begangen hat. Aus Trotz beschloss er, genau das zu sein, wofür er gehalten wurde: ein Dieb. Wegen wiederholtem Diebstahl und Landstreicherei wurde er im Alter von 15 Jahren in die berüchtigte landwirtschaftliche Strafkolonie Mettray überwiesen. 1926 brach er aus. Er floh zur Fremdenlegion, desertierte aber bereits nach wenigen Tagen. Mehrere Jahre zog er als Bettler, Dieb und Strichjunge durch Europa. Wegen Raubes, Zuhälterei, Opiumschmuggel und verschiedener Sexualdelikte verbüßte er in dieser Zeit mehrere Gefängnisstrafen – und begann zu schreiben. 1942 entstand im Gefängnis sein erstes Gedicht ("Der zum Tode Verurteilte") und auch sein erster Roman ("Notre-Dame-des-Fleurs"), der 1944 erschien. In den 1940er Jahren wurde Genet als Gewohnheitsverbrecher zu lebenslanger Haft verurteilt. Jean-Paul Sartre und Jean Cocteau reichten eine von vielen Künstlern und Intellektuellen unterzeichnete Petition an den Präsidenten Frankreichs ein. 1948 wurde Genet daraufhin begnadigt. In der Folgezeit lebte er unter anderem in Frankreich, den USA und Marokko. Er schrieb zahlreiche Bühnenstücke ("Die Zofen" 1948, "Unter Aufsicht" 1949, "Die Neger" 1958 u.v.a.) und Romane ("Wunder der Rose" 1946, "Tagebuch eines Diebes" 1949, u.a.).


Aus:: Le condamné à mort et autres poèmes


A la mémoire de Maurice Pilorge, assassin de vingt ans

Le vent qui roule un cœur sur le pavé des cours,
Un ange qui sanglote accroché dans un arbre,
La colonne d’azur qu’entortille le marbre
Font ouvrir dans ma nuit des portes de secours.



Un pauvre oiseau qui tombe et le goût de la cendre,
Le souvenir d’un œil endormi sur le mur,
Et ce poing douloureux qui menace l’azur
Font au creux de ma main ton visage descendre.

Ce visage plus dur et plus léger qu’un masque,
Et plus lourd à ma main qu’aux doigts du receleur
Le joyau qu’il convoite ; il est noyé de pleurs.
Il est sombre et féroce, un bouquet vert le casque.

Ton visage est sévère : il est d’un pâtre grec.
Il reste frémissant aux creux de mes mains closes.
Ta bouche est d’une morte et tes yeux sont des roses,
Et ton nez d’un archange est peut-être le bec.

[...]

Sur mon cou sans armure et sans haine, mon cou
Que ma main plus légère et grave qu’une veuve
Effleure sous mon col, sans que ton cœur s’émeuve,
Laisse tes dents poser leur sourire de loup.

O viens mon beau soleil, ô viens ma nuit d’Espagne,
Arrive dans mes yeux qui seront morts demain.
Arrive, ouvre ma porte, apporte-moi ta main,
Mène-moi loin d’ici battre notre campagne.

Le ciel peut s’éveiller, les étoiles fleurir,
Et les fleurs soupirer, et des prés l’herbe noire
Accueillir la rosée où le matin va boire,
Le clocher peut sonner : moi seul je vais mourir.






Jean Genet (19. Dezember 1910 – 15. April 1986)

Donnerstag, 18. Dezember 2008

Mazarine Pingeot, Christopher Fry

Die französische Journalistin und Schriftstellerin Mazarine Marie Pingeot wurde 18. Dezember 1974 in Paris geboren. Sie ist die uneheliche Tochter des ehemaligen französischen Staatspräsidenten François Mitterrand mit Anne Pingeot, seiner langjährigen Freundin. Mazarine Pingeots Existenz war eines der am besten gehüteten Staatsgeheimnisse Frankreichs. François Mitterrand erkannte seine uneheliche Tochter offiziell erst im Jahre 1984 an. Näheres beschreibt Pingeot in ihrem 2005 erschienenen autobiografischen Buch Bouche Cousue (sinngemäß: „Redeverbot“). Nach eigenen Angaben ist die Schwangerschaft für sie das „auslösende Element“ gewesen, ihr Leben zu erzählen. Im Januar 2006 entschied sich Pingeot den Namen ihres Vaters anzunehmen, und sich Mazarine Pingeot-Mitterrand zu nennen.

Uit: Le Cimetière des poupées

J’avais mis des bottes, j’étais sûre d’avoir du succès, elles étaient si chères. Je ne t’ai pas parlé
de la dépense, tu m’aurais fait des reproches, c’est sûr. Mais je pensais que, vu le prix, on les remarquerait. Il y avait une femme, avec un chapeau, un chapeau, comment dire, ni rond ni carré, un
chapeau de détective, le même, presque le même que ma mère gardait en souvenir de mon père.
C’est tout ce qu’il lui a laissé, j’aurais pu dire nous n’est-ce pas, mais le nous que nous formions, ma
mère et moi, n’était que de circonstance. Dire qu’il lui a laissé est aussi excessif, il l’a abandonné, dans une pièce quelconque, il l’a oublié là, avant de claquer la porte une bonne fois pour toutes, devant ce ventre infâme que je déformais. Elle l’aurait voulu vide, ce ventre, et plein ce chapeau.
Tout le monde n’avait d’yeux que pour elle, parce qu’elle était belle je crois, mais je ne pouvais
m’empêcher de penser que c’était à cause du chapeau. Alors mes bottes, bien sûr. D’une certaine
manière, ça aurait pu me rassurer, tu ne les as pas remarquées toi non plus, ces bottes hors de
prix, peut-être les aurais-tu trouvées jolies, sans poser de questions, parce que après tout elles ressemblent à des bottes, celles que je portais il y a dix ans déjà, depuis c’est revenu à la mode, mais
est-ce que tu te soucies des modes, est-ce que tu te soucies de la manière dont je m’habille, est-ce
que tu regardes jamais mes pieds ? Son chapeau, oui, parce qu’elle l’a sur la tête et que, quoi qu’on
en dise, c’est toujours le visage qu’on regarde en premier.
J’avais encore raté mon entrée dans cette salle, mais comment deviner que ce serait notre dernière
soirée ?
Tu te tenais à mes côtés, et je les observais, toutes ces femmes, femelles, artistes, présidentes
de société ou assistantes, des élégantes. Tu n’aimais pas l’élégance, le luxe, l’ostentation, et j’avais réussi à me rendre invisible, comme tu trouvais qu’il seyait à une femme. Pourtant j’avais remarqué que tu les regardais, ces femmes habillées avec soin, que tu leur souriais et même que tu leur plaisais. J’aimais que tu les approches, les séduises, combien tu étais brillant alors, combien j’étais fière de toi, de tes mots, de ton esprit, de cet humour que tu déployais, toi qui n’avais pas tant l’occasion de faire rire, parce que je suis sérieuse, trop sérieuse, et si j’ai pensé un moment que cela te convenait, je soupçonnais aussi que tu m’aurais peut-être préférée éblouissante. A` défaut, tu te délectais de leur compagnie, à ces femmes du monde, et je n’en prenais pas ombrage, j’aurais fait comme toi à ta place, je les trouvais intéressantes moi aussi, je les admirais, et je t’admirais de te faire admirer d’elles.“





Mazarine Pingeot (Avignon, 18. Dezember 1974)




Der britische Schriftsteller und Dramatiker Christopher Fry wurde am 18. Dezember 1907 in Bristol als Christopher Harris geboren. Der Sohn eines Missionspredigers und Architekten arbeitete zunächst als Lehrer. 1927 trat er als Schauspieler und Regisseur einer Theatergruppe in Bath bei. Obwohl er kurze Zeit später den Lehrerberuf wieder aufnahm, ließ ihn das Theater nicht mehr los. In den frühen 1930er-Jahren leitete er wiederum als Regisseur eine kleine Theatergruppe und war Theaterkritiker. Zeitgleich begann er mit dem Abfassen von eigenen Stücken. Darüber hinaus übersetzte er Stücke von Jean Anouilh und Jean Giraudoux.

Fry ist vor allem durchs eine geistreichen Verskomödien bekannt, in denen er ähnlich wie Anouilh und T. S. Eliot spielerische Leichtigkeit mit scharfsichtiger Betrachtung menschlicher Existenz verbindet. Zu seinen bekanntesten Werken gehören Ein Phoenix zuviel, Die Dame ist nicht fürs Feuer und Venus im Licht.


A sleep of prisoners

The human heart can go the lengths of God.
Dark and cold we may be, but this
Is no winter now. The frozen misery
Of centuries breaks, cracks, begins to move;
The thunder is the thunder of the floes,
The thaw, the flood, the upstart Spring.
Thank God our time is now when wrong
Comes up to face us till we take
The longest stride of soul men ever took.
Affairs are now soul size.
The enterprise
Is exploration into God.
Where are you making for? It takes
So many thousand years to wake,
But will you wake for pity's sake!






Christopher Fry (18. Dezember 1907 – 30. Juni 2005)

Mittwoch, 17. Dezember 2008

Jón Kalman Stefánsson, Hans Henny Jahnn

Der isländische Schriftsteller Jón Kalman Stefánsson wurde am 17. Dezember 1963 in Reykjavík geboren. Von 1975 bis 1982 verdiente Jón Kalman sein Geld mit den verschiedensten Arbeiten, so etwa in der Fischindustrie, als Maurer und für kurze Zeit auch als Polizist am Flughafen von Keflavík, wo er bis 1986 lebte. Von 1986 bis 1991 studierte er Literaturwissenschaft an der Hochschule von Island (Háskóli Íslands) ohne das Studium abzuschließen. Acht Jahre lang unterrichtete er Literatur an einer Schule in Akranes. Gleichzeitig verfasste er Artikel und Rezensionen für die Zeitung Morgunblaðið sowie für den nationalen Radiosender RÚV. Von 1992 bis 1995 lebte Jón Kalman in Kopenhagen, las, schrieb und zählte Straßenbahnen. Anschließend leitete er bis zum Jahr 2000 die Stadtbücherei von Mosfellsbær bei Reykjavík. Seitdem ist er freier Schriftsteller und lebt weiterhin in Mosfellsbær. Jón Kalman veröffentlichte zunächst einige Lyrikanthologien und Sammlungen von Erzählungen. Der erste Roman, mit dem er in Deutschland bekannt wurde, hieß Der Sommer hinter dem Hügel (1997).

Aus: Verschiedenes über Riesenkiefern und die Zeit (Übersetzt von Karl-Ludwig Wetzig)

“Großvater trinkt in der Küche Kaffee. Großvater toastet Brot. Großmutter schläft noch, meine Schwester auch. Todsicher. Alles ist still. Kein Auto draußen unterwegs, keine Stimme zu hören. Es ist noch so früh am Morgen, dass Großvater vermutlich allein auf der Welt ist, Kaffee im Becher, Toast auf dem Teller, die Brille auf dem Tisch. Da betrete ich die Küche und damit nimmt die Weltbevölkerung beträchtlich zu. Jetzt gibt es Großvater, mich und eine größer werdende Spinne in meinem Bauch.
"Opa, glaubst du, es ist gefährlich, eine Spinne zu verschlucken?"
"Das kommt ganz darauf an", sagt Großvater. "Das muss gründlich bedacht werden. Schmier du mir meine Butterbrote, während ich mal über die Sache nachdenke!" Großvater setzt die Brille auf und denkt nach, während ich ihm die Brote schmiere und sie mit Ziegenkäse belege.
Aus irgendeinem Grund kann Großvater es nicht ausstehen, sich selbst das Pausenbrot für die Arbeit zu machen. Normalerweise erledigt Großmutter das am Vorabend, es sei denn, sie und Großvater sind wegen irgendwas uneins, etwa darüber, was man mit einem Jungen machen soll, der eine Packung Kekse und ein Glas Nussnougatcreme klaut, dann einen ganzen Tag lang verschwindet und erst am Abend wieder auftaucht. Ich belege ihm die Brote, Großvater denkt. Er schenkt sich Kaffee nach und denkt weiter. Hm. Einmal hat er versucht, meine Schwester zu wecken, damit sie ihm die Brote schmiert - manchmal kann er ein unverbesserlicher Optimist sein. Es wäre realistischer und leichter gewesen, einen Toten zum Leben zu erwecken. Großvater denkt nach.
"Hast du tatsächlich eine Spinne in deinem Bauch, Junge?"
Ich schlucke. "Wenn ich eine im Magen hätte, könnte sie dann wachsen und wachsen und größer werden als ich selbst, mich am Ende in Stücke zerreißen und ich würde sterben?"
"Sind die Brote fertig? Gut, dann komm mit mir nach draußen in den Schuppen! Bei so etwas muss man gründlich sein, da taugen keine halben Sachen. Komm und sei leise!"





Jón Kalman Stefánsson (Reykjavík, 17. Dezember 1963)




Der deutsche Schriftsteller Hans Henny Jahnn wurde am 17. Dezember 1894 in Stellingen geboren. Der Sohn eines Schiffbauers besuchte ab 1904 die Realschule in St. Pauli, wo er auch Gottlieb Harms (1893–1931, später Musikschriftsteller) kennenlernte, dann ab 1911 die Oberrealschule Kaiser-Friedrich-Ufer in Hamburg-Eimsbüttel, auf der er 1914 sein Abitur machte. Jahnn emigrierte 1915 zusammen mit Harms nach Norwegen, um dem Ersten Weltkrieg zu entgehen. Ende 1918 kehrte er zunächst nach Hamburg zurück, zog dann für kurze Zeit aufs Land bei Eckel. Hier lebte er mit Gottlieb Harms und Franz Buse (1900–1971, damals Bildhauer). Auch andere Personen, wie Ellinor Philips (1893–1970), Jahnns spätere Ehefrau, wohnten dort. Obwohl sich Jahnn öffentlich nie dazu bekannte und heiratete, gilt als eindeutig erwiesen, dass er von Jugend an homosexuelle Beziehungen, so u. a. zu Harms, der seine große Liebe war und neben dem er bestattet liegt, unterhalten hat. 1919 gründeten Jahnn, Harms und Buse gemeinsam die Künstlergemeinschaft Ugrino. Die Gemeinschaft Ugrino wollte Kunstwerke aller Art erhalten und neue schaffen. Seit 1934 wohnte er auf Bornholm in Dänemark, wo seine Schwägerin Sibylle auf Jahnns Rat einen Bauernhof erworben hatte, den er bis 1950 bewirtschaftete. Auf Bornholm verfasste er auch den größten Teil seines Hauptwerkes Fluß ohne Ufer, einer gewaltigen Trilogie von über 2000 Seiten, deren letzten Band Epilog er nicht abschloss. 1950 kehrte er zurück nach Hamburg und setzte sich vor allem gegen die Entwicklung von Atombomben und die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik ein. Jahnn war Mitbegründer und erster Präsident der „Freien Akademie der Künste“ zu Hamburg.

Aus: Das Holzschiff

„Das Schiff fuhr mit dunklen bauchigen Segeln über den Abgründen, die mit Wasser ausgefüllt sind. Die Luft war ungewöhnlich lange nur voll leichter Wirbel gewesen. Der neue Tag, wie um den Triumph des weißen Lichtes zu überhöhen, war klar und kalt, ganz ausgeleuchtet mit dem Schimmer der silbrigen Helligkeit. Die Gegenstände an Deck erschienen allesamt hart, unförmig, gar nicht der geringen Bewegung von Wasser und Wind angemessen. Noch vor Abend strichen warme Schwaden um das Schiff. Unbegreiflich schnell mischte sich die fahle Kälte mit dem lauen Dunst. Nebelmauern rückten heran. Wolken, kaum wahrgenommen, fielen schon aus der Höhe herab und umdampften das Schiff. Masten und Segel wuchsen riesenhaft. Vor kurzem noch war der Horizont das Maß aller Dinge gewesen. Jetzt war das Sichtbare verengt. Das Gebilde aus Menschenhand schwebte im Nebelmeer, war von der Erde abgestürzt.“






Hans Henny Jahnn
(17. Dezember 1894 – 29. November 1959)

Dienstag, 16. Dezember 2008

Jane Austen, Rafael Alberti

Die britische Schriftstellerin Jane Austen wurde am 16. Dezember 1775 im Pfarrhaus des Ortes Steventon, Hampshire, geboren, wo ihr Vater als Geistlicher tätig war. Sie hatte sechs Brüder und eine ältere Schwester, der sie sehr nahe stand. Nach dem Tod ihres Vaters 1805 zogen Jane, ihre Mutter und ihre Schwester zunächst mit ihrem Bruder Francis und seiner Frau nach Southampton, wo sie bis 1809 lebten. Danach stellte ihnen Janes Bruder Edward, der von einem reichen Onkel adoptiert worden war, auf seinem Anwesen in Chawton ein kleines Landhaus zur Verfügung. Heute ist dieses Haus ein kleines Museum. Jane heiratete nie; eine Verlobung mit dem jüngeren Harris Bigg-Wither löste sie auf. Als etablierte Romanautorin lebte sie in relativer Zurückgezogenheit und wurde schließlich schwer krank. Ihre Werke, besonders Emma, werden oft als formal perfekt gelobt, während die moderne Rezeption immer neue Sichtweisen auf Jane Austens scharfe Kommentierung der Lage junger lediger Frauen der „Gentry“ (der höheren bürgerlichen Schicht) im England des frühen 19. Jahrhunderts zu Tage fördert. Besonders Walter Scott lobte sie sehr. Seitdem hat die Anerkennung, die man ihrer Arbeit zollt, nur zugenommen; heute gilt sie als eine der größten englischen Romanautorinnen.

Aus: Emma

“EMMA WOODHOUSE, handsome, clever, and rich, with a comfortable home and happy disposition seemed to unite some of the best blessings of existence; and had lived nearly twenty-one years in the world with very little to distress or vex her.

She was the youngest of the two daughters of a most affectionate, indulgent father; and had, in consequence of her sister's marriage, been mistress of his house from a very early period. Her mother had died too long ago for her to have more than an indistinct remembrance of her caresses; and her place had been supplied by an excellent woman as governess, who had fallen little short of a mother in affection.

Sixteen years had Miss Taylor been in Mr. Woodhouse's family, less as a governess than a friend, very fond of both daughters, but particularly of Emma. Between them it was more the intimacy of sisters. Even before Miss Taylor had ceased to hold the nominal office of governess, the mildness of her temper had hardly allowed her to impose any restraint; and the shadow of authority being now long passed away, they had been living together as friend and friend very mutually attached, and Emma doing just what she liked; highly esteeming Miss Taylor's judgment, but directed chiefly by her own.

The real evils, indeed, of Emma's situation were the power of having rather too much her own way, and a disposition to think a little too well of herself: these were the disadvantages which threatened alloy to her many enjoyments. The danger, however, was at present so unperceived, that they did not by any means rank as misfortunes with her."






Jane Austen (16. Dezember 1775 – 18. Juli 1817)





Der spanische Dichter Rafael Alberti wurde am 16. Dezember 1902 in El Puerto de Santa María (Cádiz) geboren. Er wird der sogenannten Generación del 27 zugerechnet, die nach dem 300.Todestag von Luis de Góngora benannt ist, dessen Werke sie bekannter machen wollte. Als Jugendlicher widmete er sich erst der Malerei, bevor er sich endgültig der Dichtung hingab. In Deutschland wohl am bekanntesten ist sein erster Gedichtband, Mar y tierra, später in Marinero en tierra umbenannt (dt. von "Meer und Erde" in "Matrose auf Landgang" umbenannt) und seine Memoiren La arboleda perdida (dt. Der verlorene Hain). Nachdem 1939 im Spanischen Bürgerkrieg die republikanischen Kräfte unterlagen, ging er nach Argentinien ins Exil, wo er auch nach dem Militärputsch bis 1963 blieb. Nach einigen Jahren in Italien kehrte er 1977 wieder ins demokratische Spanien zurück und saß auch für die kommunistische Partei im Parlament.


Matrose an Land

Wenn meine Stimme an Land stirbt,
bringt sie hinunter ans Meer
und laßt sie mir am Strande.

Bringt sie hinunter ans Meer
und ernennt sie zum Kapitän
auf einem weißen Kriegsschiff.

Oh, meine Stimme mit dem
großen Seemannsorden!
Über dem Herzen ein Anker
und über dem Anker ein Stern
und über dem Stern der Wind
und über dem Wind das Segel!






Getäuscht hat sich die Taube

Getäuscht hat sich die Taube.
Sie hat sich getäuscht.

Um nach Norden zu fliegen, flog sie nach Süd.
Sie glaubte der Weizen sei Wasser.
Sie hat sich getäuscht.

Sie glaubte das Meer sei der Himmel,
die Nacht sei früher Morgen.
Sie hat sich getäuscht.

Die Sterne seien Tau,
die Hitze Schneegestöber.
Sie hat sich getäuscht.

Dein Rock sei deine Bluse,
in deinem Herzen sei ihr Nest.
Sie hat sich getäuscht.

(Sie schlief am Ufer. — Du
auf der Spitze eines Zweiges.)




Übersetzt von Erwin Walter Palm





Rafael Alberti (16. Dezember 1902 – 27. Oktober 1999)

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Zuletzt aktualisiert: 23. Jan, 19:14

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