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Freitag, 5. Dezember 2008

Christina Rossetti, Alois Brandstetter

Die englische Dichterin Christina Georgina Rossetti wurde geboren am 5. Dezember 1830 in London. Ihr Vater, Gabriele Rossetti, war ein Flüchtling aus Neapel und suchte in England politisches Asyl und ihre Mutter, Frances Mary Lavinia Polidori, war die Schwester des Physikers John William Polidori, der mit Lord Byron sehr gut befreundet war. Christina wurde mit ihren drei Geschwistern Dante Gabriel (1828–1882), William Michael (1829–1919) und Maria Francesca (1827–1876) zu Hause unterrichtet. Christina kränkelte in ihrer Jugend häufig, schrieb aber schon früh Gedichte. Ihr erstes Gedicht publizierte sie bereits mit 17 Jahren. Ihre einzigen beiden Liebesbeziehungen (einmal mit James Collinson und etwa zehn Jahre später mit dem gebürtigen Russen Charles Cayley) löste sie trotz wahrhaftiger Liebe vermutlich aus religiösen Gründen auf. Ihr Glaube spielte eine sehr entscheidende Rolle in ihrem Leben und beeinflusste all ihre Entscheidungen.



SYMBOLS

I WATCHED a rosebud very long
Brought on by dew and sun and shower,
Waiting to see the perfect flower:
Then, when I thought it should be strong,
It opened at the matin hour
And fell at evensong.

I watched a nest from day to day,
A green nest full of pleasant shade,
Wherein three speckled eggs were laid:
But when they should have hatched in May,
The two old birds had grown afraid
Or tired, and flew away.

Then in my wrath I broke the bough
That I had tended so with care,
Hoping its scent should fill the air;
I crushed the eggs, not heeding how
Their ancient promise had been fair:
I would have vengeance now.

But the dead branch spoke from the sod,
And the eggs answered me again:
Because we failed dost thou complain?
Is thy wrath just? And what if God,
Who waiteth for thy fruits in vain,
Should also take the rod?




DE PROFUNDIS

OH why is heaven built so far,
Oh why is earth set so remote?
I cannot reach the nearest star
That hangs afloat.

I would not care to reach the moon,
One round monotonous of change;
Yet even she repeats her tune
Beyond my range.

I never watch the scatter'd fire
Of stars, or sun's far-trailing train,
But all my heart is one desire,
And all in vain:

For I am bound with fleshly bands,
Joy, beauty, lie beyond my scope;
I strain my heart, I stretch my hands,
And catch at hope.






Christina Rossetti (5. Dezember 1830 – 27. Dezember 1894)





Der österreichische Schriftsteller und Philologe Alois Brandstetter wurde gboren am 5. Dezember 1938 in Aichmühl bei Pichl, Oberösterreich. Er besuchte das bischöfliche Knabenseminar in Linz und das Gymnasium Wels, ehe er in Wien Germanistik und Geschichte studierte und 1962 promovierte. Er habilitierte sich 1970 in Saarbrücken mit dem Thema Prosaauflösung. Studien zur Rezeption der höfischen Epik im frühneuhochdeutschen Prosaroman. Nach Berufung auf Professuren für Deutsche Philologie bzw. Altgermanistik lehrte Brandstetter an den Universitäten Salzburg und Saarbrücken und ist seit 1974 Universitätsprofessor für deutsche Philologie in Klagenfurt. Als Schriftsteller begann er erst relativ spät zu wirken, wurde aber nach den ersten Förderpreisen (1973 Oberösterreich, 1975 Kärnten) rasch bekannt.


Aus: Der geborene Gärtner

“Du hättest besser, mein Wernher, unserer großen Wohltäter gedenken sollen, als Dich in die Gefahr zu begeben, der Komplizenschaft mit den Feinden in der Heiligen Kirche bezichtigt zu werden und zwielichtige und mißverständliche Äußerungen zu machen. Du kennst mich als einen Mann des Ausgleichs und der Mäßigung, der harte und überharte Worte scheut und auch allen Manichäismus der Schwarzweißmalerei verabscheut. Aber nicht einmal ich kann jenen Herren im Konvent aus voller Überzeugung widersprechen, die Dich mit dem häßlichen alten bairischen Wort "Nestbeschmutzer" bedenken! Während also Du offenbar nach Deinem Selbstverständnis Dich für einen hältst, der "ausmistet" und den Augiasstall von Auswurf befreit, nennen Dich Deine Confratres "Nestbeschmutzer"! Du gereichtest, sagen sie, Ranshofen nicht zur Zier, wenn Dich auch einige sogenannte Intellektuelle im Literaturfach als kritischen Geist und Mann der Distinktion und der Diskretion, das heißt der Unterscheidung der Geister, rühmen und Dir so ein Charisma, eine Gabe des Heiligen Geistes, nachsagen und zusprechen. Für die anderen bist du ein Nestbeschmutzer, der sich der Illoyalität schuldig gemacht, weil er die Kirche der Raffgier bezichtigt, indem er die Partei der Bauern ergreift. Weil ich nun dem Ausgleich das Wort rede und sicher auch, weil ich selbst als Bauernfreund dem Bauerntum nahe stehe, gebe ich, wenn solche Vorwürfe vor allem während Deiner langen Abwesenheit infolge der "Lesereisen" laut werden, immer zu bedenken, daß Du als Bauernbürtiger doch wohl entschuldigt bist, oder wenn nicht ganz enschuldigt bist, so doch ein wenig Nachsicht verdienst, wenn Du Deinem Herkunftsstand ein gutes Andenken bewahrst und ihm Dein Wort leihst.:”





Alois Brandstetter (Aichmühl , 5 december 1938)

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Rainer Maria Rilke, Emil Aarestrup

Der österreichische Dichter Rainer Maria Rilke wurde geboren am 4. Dezember 1875 in Prag. Rilke war der Sohn eines Militärbeamten und Beamten bei der Eisenbahn. Besuchte die Militärschule St. Pölten 1886 bis 1891 und danach die Militär-Oberrealschule in Mährisch-Weißkirchen. Der sensible Knabe wich der Offizierslaufbahn aus, bereitete sich privat auf das Abitur vor und studierte Kunst- und Literaturgeschichte in Prag, München und Berlin. Im Jahre 1897 begegnete er Lou Andreas-Salomé, mit der er 1899/1900 nach Rußland reiste. Das Land, die Menschen, vor allem die »russische Seele« beeindruckten ihn sehr. 1900 ließ er sich in der Malerkolonie Worpswede nieder und heiratete die Bildhauerin Clara Westhoff, von der er sich 1902 wieder trennte. 1905 wurde er für acht Monate der Privatsekretär von Rodin in Paris. 1911/12 lebte er auf Schloß Duino an der Adria bei der Fürstin Marie v. Thurn u. Taxis. Im 1. Weltkrieg diente er kurze Zeit beim österreichischen Landsturm, wurde aber aus Gesundheitsgründen entlassen. Nach Kriegseende zog er in die Schweiz: Seit 1921 wohnte er auf Schloß Muzot im Kanton Wallis, das ihm sein Mäzen Werner Reinhart zur Verfügung gestellt hatte.


Sonette an Orpheus

Das V. Sonett

Errichtet keinen Denkstein. Lasst die Rose
nur jedes Jahr zu seinen Gunsten blühn.
Denn Orpheus ists. Seine Metamorphose
in dem und dem. Wir sollen uns nicht mühn

um andre Namen. Ein für alle Male
ists Orpheus, wenn es singt. Er kommt und geht.
Ists nicht schon viel, wenn er die Rosenschale
um ein paar Tage manchmal übersteht?

O wie er schwinden muss, dass ihrs begrifft!
Und wenn ihm selbst auch bangte, dass er schwände.
Indem sein Wort das Hiersein übertrifft,

ist er schon dort, wohin ihrs nicht begleitet.
Der Leier Gitter zwangt ihm nicht die Hände.
Und er gehorcht, indem er überschreitet.




Der Hund

Da oben wird das Bild von einer Welt
aus Blicken immerfort erneut und gilt.
Nur manchmal, heimlich, kommt ein Ding und stellt
sich neben ihn, wenn er durch dieses Bild

sich drängt, ganz unten, anders, wie er ist;
nicht ausgestoßen und nicht eingereiht,
und wie im Zweifel seine Wirklichkeit
weggebend an das Bild, das er vergißt,

um dennoch immer wieder sein Gesicht
hineinzuhalten, fast mit einem Flehen,
beinah begreifend, nah am Einverstehen
und doch verzichtend: denn er wäre nicht.




Archaischer Torso Apollos


Wir kannten nicht sein unerhörtes Haupt,
darin die Augenäpfel reiften. Aber
sein Torso glüht noch wie ein Kandelaber,
in dem sein Schauen, nur zurückgeschraubt,

sich hält und glänzt. Sonst könnte nicht der Bug
der Brust dich blenden, und im leisen Drehen
der Lenden könnte nicht ein Lächeln gehen
zu jener Mitte, die die Zeugung trug.

Sonst stünde dieser Stein entstellt und kurz
unter der Schultern durchsichtigem Sturz
und flimmerte nicht so wie Raubtierfelle;

und bräche nicht aus allen seinen Rändern
aus wie ein Stern: denn da ist keine Stelle,
die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern.







Rainer Maria Rilke (4. Dezember 1875 – 29. Dezember 1926)





Der dänische Dichter Emil Aarestrup wurde geboren am 4. Dezember 1800 in Kopenhagen. Aarestrup studierte Medizin, ließ sich als praktischer Arzt zunächst auf Lolland nieder und arbeitete schließlich als Stiftsphysikus in Odense. Zu Lebzeiten erschien ein einziges Werk, Digte, Gedichte, 1838, das, unter der Hand verbreitet, für einiges Aufsehen sorgte, aber von der damaligen Kritik nicht beachtet wurde. Beeinflusst wurde Aarestrups Lyrik von Heinrich Heine und Friedrich Rückert. Erst nach seinem Tod wurde sein Werk aufgrund einer Abhandlung von Georg Brandes allgemein bekannt.
Aarestrup übersetzte einige bedeutende Lyriker wie Heinrich Heine, Lord Byron und Thomas Morus ins Dänische.


Mittag

Des Tages Melodram will sich entfalten,
mit Sang und Klang den hohen Weg beschreiten;
vom Himmel heiße Strahlen niedergleiten,
die sich brennend überm Pilger ballten.

In klarem Glas wird ein Bouquett gehalten,
mit frischem Nass, und diesem Strauß zur Seiten
beginn ich die Gedanken zu bereiten,
die sich um den Tageseindruck falten.

Es winken mich zu Tisch zwei Lilien-Hände.
Er ist mit Blumen festlich ausgeschmückt,
voll Anmut und der Wein brennt wie Karfunkel,

und meine Rose schürt die zarten Brände
auf Mund und Wange, wenn sie näher rückt.
Ein Tag im Kreis der Lieben wird nie Dunkel.






Emil Aarestrup (4. Dezember 1800 – 21. Juli 1856)

Mittwoch, 3. Dezember 2008

Ugo Riccarelli, France Prešeren

Der italienische Schriftsteller Ugo Riccarelli wurde am 3. Dezember 1954 in Ciriè bei Turin geboren. Riccarelli studierte Philosophie in Turin und arbeitete anschließend in der Biblioteca Palazzo Pretorio sowie als Regieassistent und Journalist in Pisa. 1995 debütierte er mit seinem literarischen Erstlingswerk Le scarpe appese al cuore und verfasste daneben Lyrik. 2004 gewann er den bedeutenden italienischen Literaturpreis Premio Strega für sein Werk Il dolore perfetto. In Deutschland wurde er bekannt durch seinen Bruno Schulz-Roman Un oumo che forse si chiamava Schulz (1998) (dt. Ein Mann, der vielleicht Schulz hieß, 1999). 2004 erschien sein Erzählband Fausto Coppis Engel auf Deutsch, 2006 Der vollkommene Schmerz (Übersetzung von Il dolore perfetto).

Aus: Fausto Coppis Engel (Übersetzt von Sylvia Höfer)

Er war ganz allein, der Mané, abseits, und schaute den anderen zu, die hinter dem Fußball herliefen. Er hatte zwei krumme Beinchen, dürr wie Spatzenbeine. Zwei Stöckchen, mit denen er niemals würde laufen können. Und dennoch lächelte er. Sitzend folgte er dem Spiel der Kinder mit den Augen. Er lächelte und schien glücklich zu sein. Rundum gab es nur Staub und elende Hütten und niemanden, der auf dieses arme krumme Vögelchen aufpaßte. Deshalb kam ich zu dem Schluß, daß es sich nicht lohnte, noch weiter, bis nach Rio, zu gehen: Ich würde der Schutzengel eines Spatzen sein.«
Bei diesem Gedanken nickte der Mann mehrmals, und Jesus empfand Mitleid mit ihm, aber auch ein leises Gefühl der Erleichterung, hatte es doch den Anschein, als habe er mit dem Weinen aufgehört und als habe die Freude am Weitererzählen seiner Geschichte die Oberhand gewonnen. Deshalb schwieg Jesus und ließ sich von den Worten einhüllen.
»Die Kinderlähmung. In Pau Grande, wo es beinahe nichts gab, herrschte an Kinderlähmung kein Mangel, und meinem Spatz hatte sie die Beine verdorrt. Aber das schien Mané nichts auszumachen. Er war immer fröhlich, auch im Unglück, auch wenn er schlecht und nur kurze Zeit gehen konnte, auch wenn er nicht hinter dem Ball herlaufen konnte wie die anderen und wie sein Vater, dem die Tatsache, ihn so klein und so verkrüppelt sehen zu müssen, die Tränen in die Augen trieb. Um diesen Schmerz zu lindern, gelang es mir irgendwie, den Mann zu überzeugen, seinen Sohn zu einem Arzt nach Rio zu bringen. Deamaro nahm ihn huckepack, und wir gingen, ich immer an ihrer Seite, um diesen Arzt zu konsultieren, der die krummen Beine der Kinder operierte.
Er untersuchte Mané und bemühte sich während einer stundenlangen Operation, seine Beine geradezubiegen, aber es glückte ihm nur halb, so daß er, als er ihn uns zurückgab, verlegen dreinschaute. Er sagte, daß er nun wenigstens mit dem linken Bein gehen könne."






Ugo Riccarelli (Turin, 3. Dezember 1954 )





Der slowenische Dichter France Prešeren wurde am 3. Dezember 1800 in Vrba (im damaligen Herzogtum Krain) als drittes von acht Kindern einer bäuerlichen Familie geboren. Nach dem Schulbesuch in Ribnica und Ljubljana studierte er in Wien Rechtswissenschaften, wo er sich für Poesie zu interessieren begann. Nach seiner Promotion arbeitete er als Advokat. Prešeren gehört mit seinen deutschen Gedichten und Sonetten auch zur deutschen Literatur. In Laibach (Ljubljana), wo er von 1828 bis 1846 als Angestellter einer Rechtsanwaltskanzlei lebte, fand der Weltbürger nur wenig Anklang und vereinsamte; seine große Liebe Julia Primitz (Julija Primic) wollte von ihm nichts wissen, obwohl ein Teil der Ausgabe der Poezije im Akrostichon ihren Namen trug. 1839 lernte er in ihrem Haus die Arbeiterin Ana Jelovšek kennen, die ihm drei Kinder gebar, ihn dann aber verließ. Vereinsamt starb er an Leberzirrhose. Heute gilt er als slowenischer Nationaldichter.


Die Eiche, die der Sturm des Winters fällte

Die Eiche, die der Sturm des Winters fällte,
Wird, wenn sich warme Sonnenstrahlen zeigen,
Noch da und dort ergrünen an den Zweigen,
Die noch die alte Kraft der Säfte schwellte;

Und doch ist keine Hoffnung mehr, die gälte;
Beginnt der nächste Lenz den Jahresreigen,
Wird kaum noch Leben in den Schössling steigen,
Den schon der Moder sich zum Frasse wählte.

So steht der Ärmste, Schicksal, deinem Grimme
Zur Wehr, den du aus hohen, klaren Sphären
Zu Boden streckst mit Macht und Donnerstimme.

Der Tod wird, wenn auch zögernd, sein begehren,
Die Lebenskerze, ob sie gleich noch glimme,
Wird bald bis zum Erlöschen sich verzehren.





DER SONETTENKRANZ (14/14)

Zur Blüte bringt dein Blick, was ohnegleichen,
Wie Blumen blühn, wenn Winters Macht gefallen,
Und wenn der Lenz mit seinen Wundern allen
Den Blütenschnee verstreut, den überreichen.

Die Bienen wollen schnell ins Licht entweichen,
Der Hirt lässt früh sein Jauchzen schon erschallen,
Der Busch ertönt vom Lied der Nachtigallen,
Und die Natur durchschauern Freudenzeichen.

Nie hat mein Singen solches Glück gefunden;
Vor Furcht, es käme deinem Wunsch zuwider,
Erbebt mein Herz, ist mir der Mut geschwunden.

Sieh gnädig auf die Blüten meiner Lieder,
Die ich, mein Weh zu kühlen, so gewunden!
Als dein Poet leg ich den Kranz dir nieder.



Übersetzt von Lili Novy





France Prešeren (3 december 1800 – 8 februari 1849)

Dienstag, 2. Dezember 2008

Botho Strauß, Ann Patchett

Der deutsche Schrifsteller Botho Strauß wurde als Sohn eines Chemikers am 2. Dezember 1944 in Naumburg an der Saale geboren. Strauß studierte in München und Köln Theaterwissenschaft, Soziologie und Germanistik. Nach dem Studienabbruch arbeitete er von 1967 bis 1970 als Redakteur für die Zeitschrift "Theater heute". Von 1971 bis 1975 war er als Dramaturg an der Schaubühne am Halleschen Ufer in Berlin beschäftigt; zugleich übersetzte er Stücke wie zum Beispiel "Das Sparschwein" von Eugène Labiches.
Strauß schrieb das Drehbuch zu Maxim Gorkis Stück "Sommergäste", das 1975 von Peter Stein verfilmt wurde. Später entschloss er sich für ein Leben als freier Schriftsteller in Berlin. Botho Strauß wurde ein mehrfach ausgezeichneter Schriftsteller und Theaterautor. So erhielt er 1989 nicht nur den Georg-Büchner-Preis, sondern zusammen mit Franz Xaver Kroetz und Thomas Bernhard 1974 den Dramatikerpreis der Stadt Hannover für das Werk "Bekannte Gesichter, gemischte Gefühle".

Aus: Die Unbeholfenen

„Das Haus, in dem mich die Familie meiner neuen Freundin erwartete, lag draußen vor der Stadt und war das einzige Wohngebäude mitten in einem öden Gewerbepark.
Verloren und trotzig übriggeblieben stand es zwischen den Fertigteilkonstruktionen der Lagerhallen und Containerbüros. Ein dreigeschossiger Fachwerkbau aus späterer Zeit, mit nachempfundenem mittelalterlichen Zierat, galt es seinen jetzigen Bewohnern je nach Laune für das einstige Domizil einer zu Wohlstand gelangten Wahrsagerin oder gar für das Haus des Scharfrichters außerhalb der Stadtmauer. Vor allem Nadjas jüngere Geschwister hielten es für fluchbeladen, wenn sie einmal der Koller der Abgeschiedenheit überkam und sie ihr entlegenes Wohnen als Strafe empfanden. Aber dies geschah eher selten und war allenfalls Ausdruck einer flüchtigen Überreizung, denn man hatte sich ja
freiwillig in die gemeinsame Isolation begeben und von der äußeren Alltagswelt entfernt.
Als erster begrüßte mich der ältere Bruder, ein Mann knapp über dreißig, mit einem Kopf voll silbergrauer Locken und ungewöhnlich breitem Oberkörper. Natürlich sah ich, daß es die Brust eines
Verwachsenen war, die mir auf Anhieb so vertrauenswürdig erschien und bei der ich am liebsten schon jetzt Zuflucht gesucht hätte. Denn ich fühlte mich unversehens entwurzelt, kaum daß ich in dieses mir völlig unbekannte Gemeinschaftsleben eingetreten war. Sein Brustkorb saß beinahe ohne Übergang auf den Oberschenkeln, ein Bauch oder Unterleib war nicht zu erkennen. Er fuhr im Rollstuhl auf mich zu, und ich kann mich nicht erinnern, daß mir der Anblick dieser Mißgestalt in den Zimmern meiner neuen Geliebten auch nur das geringste Unbehagen bereitet hätte.
»Albrecht!« rief er seinen Namen und streckte mir die Hand entgegen. Im selben Moment faßte ich eine überschwengliche Zuneigung zu ihm, ziemlich haltlos und verfrüht. Das einfache Wechselspiel von anziehenden und abstoßenden Kräften, das für gewöhnlich unter noch unbekannten Menschen eine erste Orientierung erlaubt, schien bei mir zu diesem Zeitpunkt außer Kontrolle geraten. Jedenfalls war ich in der fremden Umgebung, die die häusliche meiner mir ebenfalls noch fremden Freundin war, nicht imstande, zwischen Scheu und Überschwang, tiefer Beklommenheit und spontaner Vertrauensseligkeit eine gemäßigte Empfindungslage zu wählen.“





Botho Strauß (Naumburg, 2. Dezember 1944)




Die US-amerikanische Schriftstellerin Ann Patchett wurde am 2. Dezember 1963 in Los Angeles geboren. Ann Patchett wuchs in Nashville (Tennessee) auf. Sie erwarb einen B.A.-Abschluss am Sarah Lawrence College, Bronxville, N.Y., und den Grad Master of Fine Arts (1987) an der University of Iowa. Ihre ersten Werke veröffentlichte sie bereits als Studentin. Später erhielt sie Berufungen an Colleges und Universitäten und war 1994 Guggenheim Fellow und 1997 Tennessee Williams Fellow für Kreatives Schreiben an der University of the South in Sewanee. Patchett schreibt Kurzgeschichten, Essays und Romane. In ihrem bekanntesten Roman Bel Canto beschreibt sie die überraschenden Beziehungen, die sich zwischen südamerikanischen Geiselnehmern und ihren Gefangenen entwickeln. Für dieses Werk erhielt sie den PEN/Faulkner Award. In dem biographischen Werk Truth and Beauty schreibt sie über ihre Freundschaft mit Lucy Grealy, die 2002 an einer Überdosis Drogen starb.

Aus: Bel Canto

„When the lights went off the accompanist kissed her. Maybe he had been turning towards her just before it was completely dark, maybe he was lifting his hands. There must have been some movement, a gesture, because every person in the living room would later remember a kiss. They did not see a kiss, that would have been impossible. The darkness that came on them was startling and complete. Not only was everyone there certain of a kiss, they claimed they could identify the type of kiss: it was strong and passionate, and it took her by surprise. They were all looking right at her when the lights went out. They were still applauding, each on his or her feet, still in the fullest throes of hands slapping together, elbows up. Not one person had come anywhere close to tiring. The Italians and the French were yelling, "Brava! Brava!" and the Japanese turned away from them. Would he have kissed her like that had the room been lit? Was his mind so full of her that in the very instant of darkness he reached for her, did he think so quickly? Or was it that they wanted her too, all of the men and women in the room, and so they imagined it collectively. They were so taken by the beauty of her voice that they wanted to cover her mouth with their mouth, drink in. Maybe music could be transferred, devoured, owned. What would it mean to kiss the lips that had held such a sound?

Some of them had loved her for years. They had every recording she had ever made. They kept a notebook and wrote down every place they had seen her, listing the music, the names of the cast, the conductor. There were others there that night who had not heard her name, who would have said, if asked, that opera was a collection of nonsensical cat screechings, that they would much rather pass three hours in a dentist's chair. These were the ones who wept openly now, the ones who had been so mistaken.“





Ann Patchett (Los Angeles 2. Dezember 1963)

Montag, 1. Dezember 2008

Mihály Vörösmarty, Ernst Toller

Der ungarischer Dichter, Schriftsteller und Übersetzer Mihály Vörösmarty wurde am 1. Dezember 1800 in eine adlige katholische Familie geboren. Mihály wurde in Székesfehérvár bei den Zisterzienser und in Pest bei den Piaristen erzogen. Die Aktivitäten des Landtages von 1825 entfachten seinen Patriotismus und gaben seinem poetischen Genius eine neue Richtung. Einer unerwiderten Liebe verdanken wir eine große Anzahl Gedichte, während sein Patriotismus in dem Heldenepos Zalán futása (Zalans Flucht) aus1824 seinen Ausdruck fand. Dieses neue Epos markiert den Übergang von der klassischen zur romantischen Schule. Von 1830 bis 1843 widmete er sich hauptsächlich dem Drama, dem vielleicht besten seiner Stücke, Vérnász (Bluthochzeit) (1833), das den 200-Gulden-Preis der Akademie gewann. Er veröffentlichte einige Gedichtbände, die einige seiner besten Werke enthielten. 1848 nahm er zusammen mit János Arany und Sándor Petőfi eine ausgezeichnete Übersetzung von Shakespeares Werken in Angriff. Er selbst war verantwortlich für Julius Cäsar und König Lear. Sein bekanntestes Gedicht ist der Szózat (dt. „Aufruf“). Wenn in Ungarn der Nationalfeiertag begangen wird, beginnt die Gedenkfeier meistens mit der Nationalhymne und endet in der Regel mit Vörösmartys vertontem Gedicht Szózat.



Ich zürne dir

Ich zürne dir, weil deine Haare braun,
ich zürne dir ob deiner Augen Glanz,
der Augen, die mich zauberhaft durchschaun,
ich zürne dir, dein Mund betört mich ganz.

Ich zürne dir, denn hin ist meine Ruh,
ich zürne dir, du bist zu tugendhaft,
mein Herz ist jetzt bei dir, das raubtest du,
und hältst es sicher ewiglich in Haft.





An Laura

Dich schaun, weil ich dich liebe,
dich schaun, weil du mich haßt,
denn tödlich sind, ich weiß es,
die Reize die du hast.

Dich schaun, o welche Wonne
zu schaun dein Angesicht.
An deiner trotzigen Schönheit
zu sterben scheu ich nicht.

Dich schaun - es könnt geschehen
für einen Augenblick,
was ich dir gab und gebe,
du gäbst es mir zurück.

Dann würdest du erfahren,
wie grausam ist der Spaß,
wenn Liebe widerwillig
vergolten wird mit Haß.

Vielleicht wirst du bereuen
all deine Grausamkeit,
denn Liebe, die halbherzig:
erzeugt nur Liebesleid.



Übersetzt von Géza Engl





Mihály Vörösmarty (1. Dezember 1800 – 19. November 1855)




Der deutsche Schriftsteller, Politiker und Revolutionär Ernst Toller wurde am 1. Dezember 1893 in Samotschin, Provinz Posen, geboren. Ab seinem siebten Lebensjahr besuchte Toller eine „Privatschule für Knaben“ in seinem Heimatort. Um 1905 erkrankte er schwer, so dass er für ungefähr ein Jahr seinen Schulbesuch unterbrechen musste. 1906 konnte Toller auf das Realgymnasium in Bromberg wechseln und lebte dort als Kostgänger bei verschiedenen Familien. In diese Zeit fallen auch seine ersten literarischen Versuche. Mit Wirkung vom 9. August 1914 trat Toller als Kriegsfreiwilliger dem Fuß-Artillerie-Regiment in München bei. Seine Kriegserfahrungen bewirkten bei ihm eine pazifistische und revolutionär-sozialistische Einstellung. Nach dem Krieg beteiligte er sich 1918 am Umsturz in Bayern und rief zusammen mit Gustav Landauer und Erich Mühsam am 9. April 1919 die Münchner Räterepublik aus.Tollers revolutionäre expressionistische Dichtungen erregten in den 1920er Jahren Aufsehen. Im Theaterstück Masse Mensch hatte er sich später, angelehnt an das Schicksal von Sara Rabinowitsch, unter anderem mit dem daraus resultierenden Gewissenskonflikt auseinandergesetzt.


Das Schwalbenbuch (Fragment)

Wann endlich, Tiere, bündet Ihr Euch
Zum Bunde,wider die Menschheit?
Ich, ein Mensch,
Rufe Euch auf!
Euch Nachtigallen, geblendet mit glühender Nadel,
Euch Hammel, gewürgt in Kasematten vergaster Übungsschiffe,
Euch Esel, sanfteste Tiere, zusammenbrechend unter Peitschenhieben,
Euch Strauße, zuckenden Atems gerupft und fühlenden Herzens,
Euch Pferde, sonnenlos werkend in verpesteten Schächten,
Euch Bären, dressiert auf glühender Eisenmatte,
Euch Löwen, gezähmt im Zirkus von stählerner Knute,
Euch Alle Euch Alle
Rufe ich auf!
Erwachet!
Rächen wollen wir
Die Opfer des Menschen:
Tiere für Gaumenkitzel atmend gefoltert,
Tiere für Modelaunen lachend geschunden,
Tiere berauschten Arenen eitel geopfert,
Tiere in Kriegen sinnlos zerfetzt…

Ich will mich an Eure Spitze stellen, Ich, ein Renegat der Menschheit,
Will Euch führen gegen den einen Feind
M e n s c h.

Tiere der Wüste: Brüllet Alarm!
Tiere des Dschungels: Heulet Sturm!

Keine Unterscheidung lassen wir gelten,
Weisse und Schwarze, Gelbe und Braune,
Alle alle Erdschänder! Muttermörder! Sternenräuber!






Ernst Toller (1. Dezember 1893 – 22. Mai 1939)

Sonntag, 30. November 2008

Jonathan Swift, John Alexander McCrae

Der irische Schriftsteller und scharfzüngiger Satiriker Jonathan Swift wurde am 30. November 1667 in Dublin geboren. Sein berühmt-berüchtigter Roman, The travels into several remote nations of the world by Lemuel Gulliver (dt. Gullivers Reisen) wurde 1726 veröffentlicht. Lange Zeit hauptsächlich als Kinderbuch angesehen, und in gekürzten Ausgaben seiner Satire beraubt, ist es oft unterbewertet. In einer Art Robinsonade beschreibt Swift die Reisen von Gulliver in verschiedene Länder, deren belächelte Eigenheiten Swift als scharfe Spitzen gegen die englische herrschende Klasse, die Royal Academy und die Menschennatur allgemein nutzt.

Aus: Gullivers Reisen (Kurt Heinrich Hansen)

„Da die letzte meiner Reisen nicht gerade sehr glücklich verlief, verlor ich die Lust an der Seefahrt und entschloss mich, bei Frau und Kindern zu bleiben. Ich zog von der Old Jury in die Fetter Lane und von dort nach Wapping, weil ich hoffte, von den Seeleuten Arbeit zu bekommen; aber es kam dabei nichts heraus. Nachdem ich drei Jahre lang vergeblich darauf gewartet hatte, dass meine Lage sich bessern würde, nahm ich ein sehr vorteilhaftes Angebot des Mr. William Prichard an, Kapitän der Antilope", die eine Reise in die Südsee machen sollte. Am 4. Mai 1699 lichteten wir in Bristol die Anker, und unsere Reise verlief zunächst glücklich.

Es liegt nun nicht in meiner Absicht, den Leser mit Einzelheiten über unsere Erlebnisse in jenen Breitengraden zu ermüden. Es soll genügen zu erzählen, dass wir auf unserer Reise nach Ostindien in einen furchtbaren Sturm gerieten, durch den wir in die Nordwestecke von Van Diemensland verschlagen wurden. Nach unserer Berechnung befanden wir uns auf 30 Grad 2 Minuten südlicher Breite. Zwölf Matrosen starben durch Überanstrengung und schlechte Kost, die übrigen waren völlig erschöpft. Am 5. November (das ist in jenen Breiten das Datum des Sommeranfangs) war es so neblig, dass die Seeleute ein Riff erst ausmachten, als das Schiff nur noch eine halbe Kabellänge davon entfernt war. Der Wind war so stark, dass wir direkt auf den Felsen zutrieben und das Schiff sofort zerschellte, Sechs von uns, darunter ich selbst, liessen ein Boot zu Wasser, und wir versuchten, von Schiff und Fels freizukommen. Wir ruderten nach meiner Berechnung etwa drei Seemeilen, dann konnten wir nicht mehr, weil wir unsere Kräfte schon vorher bei der Arbeit an Bord ausgegeben hatten. Wir überliessen uns also der Willkür der Wellen, und nach knapp einer Stunde schlug das Boot um. Was aus meinen Kameraden wurde und aus den anderen, die sich auf den Felsen gerettet hatten oder im Schiff geblieben waren, weiss ich nicht. Vermutlich sind sie alle umgekommen. Ich selbst schwamm, den Wind und die hohen Wellen im Rücken, auf gut Glück drauflos. Ab und zu liess ich die Beine sinken, fand aber keinen Grund. Als meine Kräfte nachliessen und ich den Kampf schon aufgeben wollte, fühlte ich plötzlich Boden unter den Füssen. Auch hatte der Sturm sich inzwischen gelegt. Das Ufergefälle war so gering, dass ich noch fast eine halbe Stunde gehen musste, bis ich ans Ufer kam. Das war nach meiner Schätzung um acht Uhr abends. Ich ging noch ungefähr eine halbe Meile landeinwärts, konnte aber keine Spur von Häusern oder Menschen entdecken. Vielleicht war ich auch so geschwächt, dass ich sie nicht bemerkte. Ich war sehr müde, und das heisse Wetter und ein Viertelliter Branntwein, den ich vorm Verlassen des Schiffes getrunken hatte, taten ein übriges, so dass ich nur noch an Schlafen dachte. Ich legte mich in das kurze und sehr weiche Gras und schlief besser und tiefer als je zuvor, ungefähr neun Stunden lang, denn als ich erwachte, brach der Tag gerade an. Ich wollte aufstehen, aber es war mir unmöglich, auch nur ein einziges Glied zu rühren. (...)“




Jonathan Swift (30. November 1667 – 19. Oktober 1745)
Porträt von Charles Jervas




Der kanadische Dichter, Schriftsteller und Mediziner John Alexander McCrae wurde am 30. November 1872 in Guelph, Ontario, geboren. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Sanitätsoffizier im medizinischen Korps der kanadischen Streitkräfte. McCrae wurde im englischsprachigen Raum durch sein Kriegsgedicht In Flanders Fields, das er aus Trauer über einen gefallenen Kameraden verfasst hatte, bekannt.


In Flanders Field

In Flanders fields the poppies blow
Between the crosses, row on row,
That mark our place; and in the sky
The larks, still bravely singing, fly
Scarce heard amid the guns below.

We are the Dead. Short days ago
We lived, felt dawn, saw sunset glow,
Loved and were loved, and now we lie,
In Flanders fields.

Take up our quarrel with the foe:
To you from failing hands we throw
The torch; be yours to hold it high.
If ye break faith with us who die
We shall not sleep, though poppies grow
In Flanders fields.




The Anxious Dead

O guns, fall silent till the dead men hear
Above their heads the legions pressing on:
(These fought their fight in time of bitter fear,
And died not knowing how the day had gone.)

O flashing muzzles, pause, and let them see
The coming dawn that streaks the sky afar;
Then let your mighty chorus witness be
To them, and Caesar, that we still make war.

Tell them, O guns, that we have heard their call,
That we have sworn, and will not turn aside,
That we will onward till we win or fall,
That we will keep the faith for which they died.

Bid them be patient, and some day, anon,
They shall feel earth enwrapt in silence deep;
Shall greet, in wonderment, the quiet dawn,
And in content may turn them to their sleep.





John McCrae (30. November 1872 – 28. Januar 1918)

Samstag, 29. November 2008

Jean-Philippe Toussaint, Wilhelm Hauff

Der Belgische Schrifsteller und Regisseur Jean-Philippe Toussaint wurde am 29. November 1957 in Brüssel geboren. Ab 1971 lebte er in Paris. 1973 errang er in Cannes den Juniorweltmeistertitel im Scrabble. 1978 erhielt er ein Diplom am Institut d'études politiques de Paris, ein Jahr später sein DEA (Diplome d'études approfondies) in Neuerer Geschichte. Um dem Militärdienst zu entgehen, bewarb er sich um eine Stelle als Französischlehrer in Médéa (Algerien) und übte diese Tätigkeit von 1982 bis 1984 aus. Während dieser Zeit schrieb er den Roman "La salle de bain", der erst von fünf oder sechs Verlagen abgelehnt wurde, bis das Exemplar seines Manuskriptes, das er Alain Robbe-Grillet zugeschickt hatte, ein paar Monate später Jérôme Lindon, dem Verleger der "Éditions de Minuit" in die Hände fiel, der es 1985 publizierte.1986 folgte der Roman Monsieur. 1987 realisierte er zusammen mit John Lvoff die Verfilmung von "La salle de bain". Zwei Jahre später erschien L'appareil-photo, in etwa zeitgleich mit der Verfilmung von Monsieur, bei der er nun allein die Regie führte. 1992 verfilmte er seinen Roman "L'appareil-photo" unter dem Titel "La Sévillane" und wurde im folgenden Jahr vom DAAD für einen einjährigen Aufenthalt nach Berlin eingeladen, wo er den Film Berlin 10H46' realisierte und die Arbeit an seinem aktuellen Roman La télévision aufnahm. 1995 verfilmte er sein bis dahin unveröffentlichtes Drehbuch La Patinoire. Die Dreharbeiten wurden live im Internet übertragen. 2002 publizierte Toussaint "Faire l'Amour", ein Roman der in Frankreich zum Bestseller wurde. 2006 gewann der Autor mit dem "Prix Médici" einen der wichtigsten Literaturpreise Frankreichs für den im Jahr zuvor veröffentlichten Roman "Fuir". Die Romane "Faire l'Amour" und "Fuir" sind die ersten beiden Teile einer Trilogie, die in Asien spielt und das Ergebnis ausgedehnter Reisen und Aufenthalte des Autors in Japan und China sind.

Aus: Das Badezimmer (Übersetzt von Joachim Unseld)

“26) Einen Fuß vor den anderen setzend, fast im Laufschritt, trabte ich in den Flur, um das Telefon abzuheben. Falsch verbunden, der Anruf galt den Vormietern. Im Zimmer drang ein grauer Tag durch die Tüllvorhänge. Ich legte den Hörer zurück auf die Gabel des alten Apparats, umrundete in Gedanken versunken meinen Schreibtisch und blieb reglos am Fenster stehen. Es regnete. Die Straße war naß, die Bürgersteige glänzten dunkel. Autos parkten ein. Über andere, die bereits standen, ging der Regen nieder. Leute beeilten sich, über die Straße zu kommen, betraten und verließen das Postamt, den modernen Bau mir gegenüber. Auf die Fensterscheibe vor mir legte sich ein leichter Beschlag. Hinter dem zarten Dunstfilm beobachtete ich, wie Passanten Briefe einwarfen. Der Regen verlieh ihnen etwas Konspiratives: Am Briefkasten angekommen, zogen sie einen Umschlag unter dem Mantel hervor und steckten ihn, sehr schnell, damit er nicht naß wurde, in einen Schlitz, richteten danach den Mantelkragen auf, um sich vor dem Regen zu schützen. Ich bewegte mein Gesicht noch näher ans Fenster, und plötzlich, die Augen an die Scheibe gepreßt, konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß sich alle diese Leute da unten in einem Aquarium befanden. Hatten sie vielleicht Angst? Das Aquarium füllte sich langsam.

27) Auf meinem Bett sitzend, den Kopf in die Hände gestützt (immer diese extremen Stellungen), sagte ich mir, daß die Leute den Regen nicht fürchteten; manche, die gerade vom Friseur kämen, würden sich vor ihm hüten, aber niemand hätte wirklich Angst, daß der Regen nie wieder aufhört, ein unaufhörliches Fließen, das alles verschwinden läßt – alles vernichtet. Mich dagegen, da am Fenster, überkam plötzlich ausgelöst durch eine Verwirrung, die der wachsenden Beklemmung geschuldet war angesichts all der Bewegungen vor meinen Augen, dem Regen, dem Hin und Her der Menschen und Autos, Angst vor dem Unwetter, dabei war es das Verrinnen der Zeit selbst, das mich, einmal mehr, in Schrecken versetzt hatte.

28) Der Küchentisch bedeckt mit einem weißen Wachstuch, der Küchenschrank, seine Schubladen und Regale, das Fenster und das Fensterbrett. Das Spülbecken und den Stapel Geschirr dort gegenüber, auch diesen Herd erkannte ich nicht mehr wieder. Der Boden wirkte dunkel, an manchen Stellen hatte sich das Linoleum gelöst. Zwei Besen waren an die Wand gelehnt. Ich registrierte all diese Details, ich schaute, ohne mich entschließen zu können einzutreten. Ich stand im Türrahmen und hatte das Gefühl, mich an einem völlig fremden Ort zu befinden. Wer waren diese Männer? Was hatten sie bei mir zu suchen?





Jean-Philippe Toussaint (Brussel, 29. November 1957)




Der deutsche Dichter Wilhelm Hauff wurde am 29. November 1802 in Stuttgart geboren. Er studierte zunächst Theologie und Philosophie in Tübingen, arbeitete dann als Hauslehrer und schließlich als Redakteur von Cottas Morgenblatt. Seinen größten literarischen Erfolg erzielte Hauff mit dem Buch Lichtenstein (1826), mit dem er den historischen Roman in Deutschland begründete. Wirklich bekannt aber wurde er durch seine Märchen, die in drei Almanachen 1826, 1827 und 1828 erschienen, und durch seine Lieder, die sich zu Volksliedern entwickelten.


Der Mutter zum 24. Dez. 1824

Oft schwimmt ein Schiff durch stille Wogen
Sorglos im heitern Sonnenlicht,
Da fällt vom reinen Himmelsbogen
Ein Blitz der seinen Mast zerbricht:

Das ist des Schicksals schwere Hand,
Drum glücklich wer dem Schlag entronnen
Wer einen Retter sich gewonnen
Der ihn hinausschifft an den Strand!

Das Schiff versinkt. – Du trotzt den Wellen
Auf leichtem Kahn mit schwacher Hand?
Dein Fahrzeug kann ein Stoß zerschellen
Und noch ist's weit bis an den Strand!

Und ohne Anker willst Du ziehn?
Die Nacht umhüllt das Licht der Sterne
Sie leiten Dich nicht aus der Ferne
Zum Hafen Deiner Ruhe hin.

Doch wunderbar! er teilt die Wogen,
Der Kahn fliegt durch der Klippen Reihn,
Durch Stürme ist er hingezogen,
Und in den Hafen läuft er ein. –

Das ist die Mutter, die dies schafft!
Denn, war der Himmel noch so trübe
Sie schiffte mit dem Stern der Liebe
Ihr Anker war des Glaubens Kraft.

Wilhelm




Wilhelm Hauff (29. November 1802 – 18. November 1827)

Freitag, 28. November 2008

Stefan Zweig, Sherko Fatah

Der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien als Sohn des wohlhabenden jüdischen Textilfabrikanten Moritz Zweig und dessen Frau Ida geboren. Das Gymnasium (1892 - 1900) wurde von Stefan Zweig als Tortur empfunden, weil auf individuelle Interessen überhaupt nicht eingegangen wurde. Statt für den Unterrichtsstoff begeisterte Stefan Zweig sich für Literatur und schwärmte zum Beispiel für Hugo von Hofmannsthal. Obwohl er morgens um 7 Uhr aufstehen musste, las er als Gymnasiast in der Regel bis 1 oder 2 Uhr nachts. Das 1900 in Wien begonnene Germanistik- und Romanistik-Studium schloss er 1904 mit der Promotion in Berlin ab.Stefan Zweig richtete sich 1919 in Salzburg ein und heiratete im Jahr darauf in Wien Friderike Maria von Winternitz (1882 - 1971).Nachdem Stefan Zweigs Bücher am 10. Mai 1933 zusammen mit denen anderer missliebiger Autoren öffentlich in Deutschland verbrannt worden waren, zog der österrreichische Schriftsteller im Februar 1934 mit seiner Frau von Salzburg nach England. Nach dem Verlust seiner österreichischen Staatsangehörigkeit bat er in England um einen Pass für Staatenlose. Als die Deutschen am 1. September 1939 Polen überfielen und die britische Regierung deshalb dem Deutschen Reich den Krieg erklärte, sank Stefan Zweig noch eine weitere Stufe nach unten: vom Staatenlosen zum "enemy alien". 1940 emigrierte Stefan Zweig mit seiner zweiten Frau über New York nach Brasilien. Am 22. Februar 1942 nahmen sie sich in Petrópolis bei Rio de Janeiro mit einer Überdosis Veronal das Leben.

Aus: Verwirrung der Gefühle

„Ich weiß nicht, wie diese Geschichte zu mir kam. Ich bin nur, dessen entsinne ich mich, am frühen Nachmittage hier lang gesessen, habe in einem Buche gelesen und es dann sinken lassen, hindämmernd in Träumerei, vielleicht auch in leisen Schlaf Und plötzlich sah ich Gestalten hier, und sie glitten die Wand entlang, und ich konnte ihre Worte hören und in ihr Leben sehen.
Doch als ich den Entschwindenden nachblicken wollte, war ich schon wieder wach und allein. Zu meinen Füßen gesunken, lag das Buch. Nun ich es aufhob und nach den Gestalten frug, fand ich darin die Geschichte nicht mehr; es war, als sei sie aus den Blättern in meine Hände gefallen, oder sie war nie darin gewesen.
(...)
Wie soll ich beginnen? Ich fühle, ich muss einen Augenblick aus dem Dunkel herausheben, ein Bild und eine Gestalt, denn so beginnen auch in mir diese seltsamen Träume. Nun entsinne ich mich schon. Ich sehe einen schlanken Knaben, der die breitstufige Treppe eines Schlosses niedersteigt. Es ist Nacht und eine Nacht mit nur mattem Mondlicht, aber ich umfasse wie mit einem erhellten Spiegel jede Kontur seines geschmeidigen Körpers, sehe genau in seine Züge. Er ist außerordentlich schön. Kindhaft gekämmt fallen die schwarzen Haare glatt über die fast überhohe Stirne, und die Hände, die er im Dunkel verbreitet, um die Wärme der durchsonnten Luft tastend zu fühlen, sind sehr zart und edel. Sein Schritt zögert. Verträumt steigt er nieder zu dem großen, mit vielen runden Bäumen rauschenden Garten, durch den wie ein weißer Steg eine einzige breite Chaussee strahlt.





Stefan Zweig (28. November 1881 – 22. Februar 1942)





Der Deutsche Schrifsteller Sherko Fatah wurde am 28. November 1964 in Ost-Berlin geboren. Sherko Fatah ist der Sohn eines Kurden aus dem irakischen Kurdistan und einer deutschen Mutter. Er verbrachte die ersten Jahre seiner Kindheit in der DDR, hielt sich allerdings auch damals bereits länger im Heimatland seines Vaters auf. 1975 siedelte die Familie nach Wien und schließlich nach West-Berlin über. Hier studierte Fatah Philosophie und Kunstgeschichte und schloss sein Studium mit einer Arbeit zur philosophischen Hermeneutik ab. Er ist auch während dieser Zeit häufig in den Irak gereist. Für seinen ersten Roman „Im Grenzland“ erhielt er 2001 den Aspekte-Literaturpreis, 2002 wurde Fatah mit dem Ehrenpreis zum Deutschen Kritikerpreis ausgezeichnet.

Uit: Das Dunkle Schiff

Es war ein Sommertag, heiß, aber doch so windig, dass man es nicht wirklich spürte. Wolkenschatten eilten dunkel über die Ebenen und Hänge, als schwebten Luftschiffe durch den tiefblauen Himmel. Vielleicht war es der schönste Tag seines Lebens, nicht des leichten Lichtes und des sanften Windes wegen, nein, an diesem späten, saumselig vergehenden Tag verspürte er ein erstes Mal die tiefe Ruhe, welche die Schönheit gewährt, und erfuhr zugleich ihre Vergeblichkeit.
Um diese Jahreszeit zogen die alten Frauen hinaus, um Heilkräuter zu sammeln. Sie wussten, wann sie für welches Gewächs an einen bestimmten Ort zu gehen hatten. Weit mußten sie nicht hinaufsteigen, nur auf die Hügel. Dort sah er sie, eine kleine Kolonne, die wie so oft schon den nie ganz überwucherten Pfaden folgte. Sie sprachen und lachten laut, hier draußen waren sie endlich ganz unter sich, für ein paar Stunden fern von Räumen und Regeln. Hätten sie umhergeschaut, auch ihnen wäre die Unberührbarkeit der wilden Gräser, der Dolden und der warmen Steine aufgefallen. Doch sie schwenkten ihre Körbe, und ihre farbenfrohen Gewänder wehten im Wind, sie waren zu sehr miteinander beschäftigt. Fast beneidete er sie darum, so selbstvergessen hineingestellt zu sein in den Tag, der wie ein riesiges, geöffnetes Fenster um sie stand. Er lief ihnen nach, als sie hinter den Hügeln verschwanden, nur einfach um sie weiterhin zu sehen, winzig, doch nicht verloren, und blieb auf dem Hügel stehen. Er fühlte nicht mehr die Abgeschiedenheit hier draußen, nicht mehr die rauhe Einöde, er sah die Landschaft wie eine geöffnete Hand. Er atmete schwer. Ich bin noch ein Kind, dachte er kurz, meine Lungen sind nicht weit genug für diesen Tag. Und selbst wenn sie es wären, so ahnte er, dann könnte ich doch niemals weit genug in ihn hineingehen.




Sherko Fatah (Ost-Berlin, 28. November 1964)

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