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Mittwoch, 18. Februar 2009

Nick McDonell, Alexander Kielland

Der amerikanische Schriftsteller Nick McDonell wurde am 18. Februar 1984 in New York City geboren. McDonell wurde durch seinen im Jahre 2002 erschienenen, teils autobiographischen Roman Zwölf (engl. Twelve) international bekannt. Die englischsprachige Ausgabe seines zweiten Romans The Third Brother wurde im September 2005 veröffentlicht; die deutsche Übersetzung Der dritte Bruder erschien im Jahre 2006.Zwölf (Originaltitel: Twelve) ist McDonells erstes Buch und handelt von der Upper-Class New York Citys: White Mike (Hauptperson) ist seit sechs Monaten mit der Schule fertig und macht ein Jahr Pause, bevor er aufs College geht. Er lebt nun in Manhattan und arbeitet dort als erfolgreicher Drogendealer, ist aber selbst sauber.Unkommentiert führt er uns durch eine 5-tägige Odyssee in die New Yorker Upper-class, begleitet von unsicheren, orientierungslosen Highschool-Schülern, die in den Schulferien gegen die Langeweile kämpfen und dabei auf der Suche nach immer größeren Kicks in der Drogenwelt sind. McDonell schrieb das Buch als 17-Jähriger während seiner Sommerferien. Das frühe Erscheinungsdatum verdankt er den Kontakten seines Vaters, der selbst in der Branche arbeitet. Das Buch erschien in mehr als zehn Sprachen.

Aus: Twelve

„White Mike is thin and pale like smoke.
White Mike wears jeans and a hooded sweatshirt and a dark blue Brooks Brothers overcoat that hangs long on him. His blond hair, nearly white, is cropped tight around his head. White Mike is clean. White Mike has never smoked a cigarette in his life. Never had a drink, never sucked down a doobie. But White Mike has become a very good drug dealer, even though it started out as a one-shot deal with his cousin Charlie.
White Mike was a good student, but he’s been out of school for six months, and though some people might wonder what he’s doing, no one seems to care very much that he’s taking a year off before college. Maybe more than a year. White Mike saw that movie American Beauty about a kid who is a drug dealer and buys expensive video equipment with the money he makes. The kid says that sometimes there is so much beauty in the world that sometimes you just can’t take it. Fuck that, thinks White Mike.
White Mike is not looking at beauty. He is looking at the Upper East Side of Manhattan. It is two days after Christmas and all the kids are home from boarding school and everyone has money to blow. So White Mike is busy with a pickup in Harlem and then ounces and fifties and dimes and loud music and packed open houses and more rounds and kids from Hotchkiss and Andover and St. Paul’s and Deerfield all looking to get high and tell stories about how it is to kids from Dalton and Collegiate and Chapin and Riverdale, who have stories, of their own. All the same stories, really“.






Nick McDonell (New York, 18. Februar 1984)




Der Norwegische Schrifsteller Alexander Lange Kielland wurde am 18. Februar 1849 in Stavanger geboren. Er stammte aus einem einflussreichen, wohlhabenden Kaufmannsgeschlecht. Sein Studium der Rechtswissenschaften beendete er 1871 mit dem Staatsexamen. 1878/79 ging er nach Paris, um Autor zu werden. Dort traf er Bjørnstjerne Bjørnson, der Kiellands Schreibversuche unterstützte und einen Herausgeber für die Kurzprosasammlung Novelletter (1879) fand. In Dänemark verbrachte er zwei Jahre (1881–1883), in denen er engen Kontakt zu den Literaturwissenschaftlern Edvard und Georg Brandes hielt. Schon zu seinen Lebzeiten zählte Kielland zu den sogenannten "Großen Vier" der norwegischen Literatur des 19. Jahrhunderts - neben Henrik Ibsen, Bjørnstjerne Bjørnson und Jonas Lie. Alexander Lange Kielland gehörte zu den Autoren des Modernen Durchbruchs in Skandinavien, die sich dem konsequenten Realismus verschrieben hatten. Wie seine literarischen Mitstreiter setzte er sich sozialkritisch mit den Klassenunterschieden der damaligen Gesellschaft auseinander. Sein bis heute bekanntester Roman, Garman & Worse (1880), sollte noch Eindruck auf Thomas Mann machen. Sein relativ schmales Gesamtwerk, das u.a. von Charles Dickens und Iwan Sergejewitsch Turgenew beeinflusst wurde, entstand in der kurzen Zeitspanne zwischen 1879 und 1891. Gerade mit dem Genre der "Novelletter" leistete er einen innovativen Beitrag zur norwegischen Literatur.

Aus: Else - Eine Weihnachtsgeschichte (Übersetzt von Marie Leskien-Lie und Fr. Leskien)

„Ja, aber wir müssen bedenken, meine Damen und Herren, daß es hier nicht bloß gilt, der bedrängten Menschheit ganz im allgemeinen zu Hilfe zu kommen, sondern daß wir uns die Aufgabe gestellt haben, unsere Wirksamkeit auf ein bestimmtes Gebiet zu beschränken. Obwohl ich mich von ganzem Herzen den von Herrn Konsul With vorgetragenen Argumenten anschließe, so muß ich zugleich doch daran festhalten, daß wir nicht über die von uns selbst gesteckten Grenzen hinausgehen dürfen. Es ist wohl möglich, daß die Not – und was uns hier im besonderen betrifft: die sittliche Verderbnis unter den jungen Mädchen –, daß sie ebenso groß, ja vielleicht viel größer in der Gemeinde Sankt Pauli als hier in Sankt Petri ist. Aber ich glaube doch: Wenn unsere Arbeit wirklich sichtbare Früchte zum Segen tragen soll, so müssen wir uns innerhalb der von Gott selbst gewiesenen Grenzen halten, und das heißt, so meine ich, innerhalb unserer eigenen Gemeinde.«
»Oh, wie wahr das ist, was der Kaplan da sagt«, sagte Frau Bentzen froh; »es ist ganz wie damals, bevor mir meine bestimmten Armen zugeteilt wurden. Alles, was ich gab, was wir mit vollen Händen verteilten, verschwand spurlos, und es kamen nur immer mehr, die bettelten und etwas haben wollten. Aber jetzt lasse ich das Mädchen nur antworten: Wir haben unsere bestimmten Kunden. So weiß man, daß kein Unwürdiger etwas bekommt, und dann kann man die unsichtbaren Früchte – nein–, die gesegneten Früchte –; oder wie sagte der Kaplan doch? Es war ebenso wahr wie schön.«
»Sichtbare Früchte zum Segen«, sagte der Kaplan und errötete bescheiden.“







Alexander Kielland (18. Februar 1849 – 6. April 1906)

Dienstag, 17. Februar 2009

Shahrnush Parsipur, Jewgeni Grischkowez

Die iranische Schriftstellerin Shahrnush Parsipur wurde am 17. Februar 1946 in Teheran geboren. Sie machte 1973 ihren Abschluss in Soziologie an der Universität Teheran und studierte dann bis 1980 chinesische Sprache und Kultur an der Sorbonne. In den späten 1960ern veröffentlichte sie ihre ersten Kurzgeschichten. Ihr erstes Buch war Tupak-e Qermez (Der kleine rote Ball 1969), eine Geschichte für Jugendliche. Weitere Werke folgten. In den späten 80ern erhielt Parsipur erhebliche Aufmerksamkeit der Teheraner Literaturkreise und mehrere ihrer Geschichten wurden in iranischen Magazinen veröffentlicht. Ihr zweites Buch war Tuba und die Bedeutung der Nacht, welches sie nach vier Jahren im Gefängnis schrieb. Vor ihrer Inhaftierung hatte sie eine Übersetzung eines Buches von Michelle Mercier herausgegeben. Ihre nächste Arbeit beendete sie in den späten 70ern. Sie hieß Frauen ohne Männer, ein kurzer Roman, der aus verschieden miteinander verbundenen Geschichten bestand. Die iranische Regierung verbot Frauen ohne Männer und übte Druck auf die Autorin aus, derartiges in Zukunft nicht mehr zu schreiben. In 1990 beendete Parsipur ihr viertes Buch, eine 1000-seitige Geschichte eines weiblichen Don Quijote, das sie Die blaue Vernunft nannte und das bis 1992 unverkäuflich blieb. Shahrnush Parsipur verließ den Iran angesichts der Perspektivlosigkeit als Schriftstellerin dort zu leben. Derzeit lebt sie in den USA.

Aus: The Story of the Men of Sialk Hills

“The Sialk Hills civilization had many members. One of these was a man who played the tar and loved his profession very much. This man’s house was located on the western side of the hill. To the right of it was the house of a bearded man. And to the left of his house lived a man who shaved his beard. They were not friends, but they always greeted each other when they met on the street. The tar player had a girlfriend who always reminded him that she was a decent girl. The tar player knew that she was a decent girl, too. That is why he had decided to marry her one of these days. For this reason, he had bought a set of porcelain chimes and had hung them outside his house so when the wind blew they played a nice tune. As a result, the girl came to see him one day and said that they were showing a film that had won international acclaim in a movie theater in the downtown area. She said that it would be nice if they too could go and see it. Then they argued for awhile that since they were not married yet, they might get arrested if they walked together on the street and that they should think of a solution or a trick. This was easily done. The tar player asked his father to lend him his wedding ring, and the girl borrowed her mother’s ring. Then they started walking toward the cinema together.

There was a huge crowd before the theater. On the marquee above the theater door, they had hung the film posters. "The Sad Life Story of the Sufferers," was written in blinking neon. The tar player had forgotten his glasses. He asked the girl to read him the director’s name. The girl read, "A film by Edward Muntz, the Great Director Who Is Either Dead or Will Be Born in the Future and Die Sometime Afterwards."







Shahrnush Parsipur (Teheran, 17. Februar 1946)




Der russische Schriftsteller, Theater-Regisseur und Schauspieler Jewgeni Walerjewitsch Grischkowez wurde am 17. Februar 1967 im sibirischen Kemerowo geboren.Nach dem Ableisten des Wehrdiensts bei der Marine studierte er russische Philologie an der Technischen Universität des Kusbass in Kemerowo. Dort gründete er 1990 das Theaterensemble Loge, mit der er in den folgenden Jahren über 20 eigene Stücke erarbeitete, die die Gruppe gemeinsam aus Gespräch und Improvisationen entwickelte. 1998 entstand sein Einpersonenstück Wie ich einen Hund gegessen habe, mit dem er in Moskau auf dem Internationalen Theaterfestival NET (Neues europäisches Theater) groß herauskam. Im darauffolgenden Jahr stellte er auf dem NET-Festival sein neues Stück Gleichzeitig mit ähnlichem Erfolg vor.

Aus: Das Hemd (Übersetzt von Beate Rausch)

»Sie werden es nicht glauben! Das weiß ich!« antwortete er. »Da mußte ich schon öfter hin. So ungefähr ...«, er tat so, als würde er es überschlagen und im Kopf rechnen, »eine Million Mal.«
Ich nahm auf dem Rücksitz Platz, und wir fuhren los. Der Fahrer schaltete Musik ein. Nicht laut, sondern ... angenehm. Er hatte eine gute Anlage im Auto, das hörte man an der Klangqualität. Er hatte irgendeinen Jazz eingelegt. Ich verstehe nichts davon ... von Jazz. Für mich ist das eine einzige endlose und verschlungene Komposition. Aber jetzt war es angenehm. Ich schloß leicht die Augen, dadurch zerfielen die Lichter der Stadt und der Autos ringsum und wurden zu langen Strahlen. Und da – das Taxi, die Lichtstreifen, der Jazz, der langhaarige Fahrer mit seiner runden Brille, der Geruch des Wagens, ich werde beschattet ... Amerika!!!
»Stört Sie die Musik? Soll ich vielleicht leiser stellen?« fragte der Fahrer. »Nur das Radio mach ich nicht an. Ich höre kein Radio.«
»Alles wunderbar! Mir gefällt’s. Danke«, antwortete ich.
»Wenn Sie rauchen wollen, bitte, aber Radio auf keinen Fall!« Er hatte eine tiefe und sehr angenehme Stimme.
»Danke, ich rauche nicht. Aber was haben Sie denn gegen Radio?«
Ich dachte, er würde vermutlich antworten, daß er keine Kraft habe, diese schreckliche Musik zu hören, die immer gesendet werde, oder daß die Nachrichten alle negativ seien, wozu sie anhören, wo das Leben auch so schon scheußlich sei. Aber ich bekam eine ganz andere Antwort zu hören.
»Ich mag Radio nicht, ich höre kein Radio. Ich rege mich immer so auf! Ich habe das Gefühl, etwas zu verpassen. Es gibt so viele Radiosender! Und genau diese Vielzahl beunruhigt mich.”







Jewgeni Grischkowez (Kemerovo, 17. Februar 1969 )

Montag, 16. Februar 2009

Aharon Appelfeld, Alfred Kolleritsch

Der israelische Schrifsteller Aharon Appelfeld wurde am 16. Februar in Sadhora 1932 bei Czernowitz geboren, der größten Stadt der Bukowina, heute zur Ukraine gehörig. Nach Jahren der Flucht fand er 1946 in Palästina eine neue Heimat. Er hat international hochgelobte Romane geschrieben, darunter "Badenheim 1939". Für "Der eiserne Pfad", der 1999 auf deutsch erschien, erhielt er im selben Jahr den "National Jewish Book Award".

Aus: Blumen der Finsternis

„Morgen sollte Hugo elf Jahre alt werden, und zu seinem Geburtstag würden Anna und Otto kommen. Die meisten von seinen Freunden waren schon in ferne Dörfer geschickt worden, und die wenigen, die geblieben waren, würde man wohl auch bald wegschicken. Die Anspannung im Ghetto war groß, aber niemand weinte. Die Kinder errieten insgeheim, was ihnen bevorstand. Die Eltern verbargen ihre Gefühle, um keine Angst zu verbreiten, aber die Türen und Fenster kannten keine Zurückhaltung, sie fielen laut ins Schloss oder wurden nervös zugestoßen. In allen Gassen herrschte Durchzug.
Vor einigen Tagen sollte auch Hugo in die Berge geschickt werden, aber der Bauer, der ihn holen sollte, kam nicht. Unterdessen rückte sein Geburtstag immer näher, und die Mutter beschloss, eine Feier auszurichten, damit er sich an sein Zuhause und seine Eltern erinnern würde. Wer weiß, was uns bevorsteht? Und wer weiß, wann wir uns wiedersehen werden? Das waren die Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen.
Um Hugo eine Freude zu machen, kaufte sie Freunden, bei denen schon feststand, dass sie deportiert werden würden, drei Bücher von Jules Verne und einen Band Karl May ab. Wenn er in die Berge fahren würde, könnte er die Geschenke mitnehmen. Die Mutter wollte ihm noch ein Domino- und ein Schachspiel mitgeben, außerdem das Buch, aus dem sie ihm jeden Abend vor dem Schlafengehen vorlas.
Hugo versprach immer wieder, in den Bergen zu lesen, Rechenaufgaben zu lösen und abends Briefe an seine Mutter zu schreiben. Sie hielt ihre Tränen zurück und bemühte sich, dass ihre Stimme ganz normal klang.”







Aharon Appelfeld (Sadhora, 16. Februar 1932)





Der österreichische Schriftsteller und Lyriker Alfred Kolleritsch wurde am 16. Februar 1931 in Brunnsee in der Südsteiermark geboren. Er war Lehrer (Philosophie und Deutsch) in Graz, Mitgründer und - von 1969-95 - Präsident des ForumStadtpark und gibt seit 1960 die Literaturzeitschrift "manuskripte" heraus, in der er sich seit nunmehr 40 Jahren für die Literatur und die Schriftsteller und gegen jede - auch ästhetische - Erstarrung und Fest-Schreibung einsetzt. Seit seinem ersten Buch 1972 veröffentlichte er mehrere Gedichtbände, Essays, ein Theaterstück, Erzählungen und die Romane "Die Pfirsichtöter" (1972), "Die grüne Seite" (1974) und "Allemann" (1989).



Du nahst,
Wind schlägt dir entgegen,
die Bäume fliegen,
treue Boten mit Vogelgesang.

Zu deuten belebt sich die Zeit,
das Ferne, Verschwommene
glänzt.
Ähnlichkeiten
verheißen Glück,
mäßigen das Unbestimmte.

Nimm den Seitenweg, er ist schmal.
Es regt sich die Berührung.
Das ausnahmslos Unsrige.


***

Mehr darf es nicht sein,
es hängt von den Zeilen ab,
die frei sind,
der Platz ist ausgespart,
es wird der Übung bedürfen
ihn zu nutzen.
Was gerade die Größe hat,
muss sich nicht fügen.

Die Schrift bleibt gedrängt,
vielleicht unleserlich,
in der Vergrößerung verzerrt,
oder es stürzt die Leere
in nichts zusammen.







Alfred Kolleritsch (Brunnsee, 16. Februar 1931)

Sonntag, 15. Februar 2009

Elke Heidenreich, Hans Kruppa

Die deutsche Journalistin, Talkmasterin, Kabarettistin und Autorin Elke Heidenreich wurde am 15. Februar 1943 in Korbach geboren. Sie wurde einem größeren Publikum in den TV-Sendungen "Literaturmagazin", "Durchblick", "Kölner Treff" oder "live" bekannt. Zuvor schrieb sie Hörspiele und Drehbücher. Durch ihre kabarettistischen Auftritte als "Else Stratmann" während der Olympiasendungen aus Los Angeles und Seoul (1984 und 1988) erreichte Elke Heidenreich große Popularität. Als Schriftstellerin trat sie mit Titeln wie "Kolonien der Liebe" (1998), "Am Südpol, denkt man, ist es heiß" (1998), "Der Welt den Rücken" (2002) und "Mit unseren Augen" (2007) in Erscheinung.

Aus: Der Welt den Rücken

„Am 30. Juni 1999 spielte Boris Becker zum letzten Mal in Wimbledon. Er verlor, und dann sagte er: "Es war Zeit zu gehen" und "Es ist gut, daß es vorbei ist".
Wir hatten mit diesem Tag gerechnet und waren doch verstört und fassungslos, als er kam. Nie wieder unser Boris! Die meisten von uns interessierten sich überhaupt nicht für Sport, schon gar nicht für Tennis. "Fünfundfünfzig Millionen Tote im Zweiten Weltkrieg", sagte Wenzel immer, "und ich soll mich dafür interessieren, wer Dritter auf der Tennisweltrangliste ist? Leckt mich doch."
Wir ließen eigentlich nur Fußball als Sport des Volkes gelten, und die Fußball-WM wurde in unserer Stammkneipe immer komplett übertragen und mit horrenden Wetten begleitet. Aber Boris Becker, dieser rothaarige Junge mit den hellen Augen und den hellen Wimpern, der irgendwann plötzlich im Tennis aufgetaucht war, ein pummeliges Kerlchen, linkisch und scheinbar nicht besonders helle und auch nicht das klassische Reiche-Leute-Tenniskind in weißen Söckchen, dieser Boris Becker hatte uns im Laufe der Jahre alle fasziniert. Wir waren dabei gewesen, als er ein Sieger, ein Mann wurde, attraktiv, selbstbewußt, elegant und souverän. Wir haben triumphiert, als ausgerechnet er, der Blondeste der Teutonen, eine farbige Frau heiratete. Wir liebten seinen Jubel, und wir litten mit ihm, wenn er den Schläger verzweifelt auf den Rasen schmiß und "Scheiße!" schrie, und weil er ins Internet ging, gingen wir auch rein. Es brach uns fast das Herz, daß wir ihn nun nie wieder sehen würden, zumindest nie wieder in kurzen Hosen, rennend und mit vor Wut oder Freude geballten Fäusten, denn: "Im nächsten Jahr bin ich wieder da, aber dann mit Anzug und Krawatte" - das hatte er auch noch gesagt. Und jetzt trat er ab, weil er wußte, daß es Zeit war, und wir, alt geworden mit ihm, noch älter, saßen noch immer da, wo wir immer gesessen hatten. Wir hatten ihn damals unter uns aufgenommen, hatten gemeinsame Jahre mit ihm verbracht, und nun ging er einfach weiter und ließ uns zurück. Wir fühlten uns, wie Eltern sich fühlen, wenn die Kinder endgültig das Haus verlassen und unsichtbar an die Tür schreiben: "Jetzt seid ihr alt."







Elke Heidenreich (Korbach, 15. Februar 1943)




Der deutsche Lyriker und Schriftsteller Hans Kruppa wurde am 15. Februar 1952 in Marl geboren. 1970 beendete er seine Schulausbildung mit dem Abitur und beantragte seine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer. Von 1970 bis 1975 studierte er Anglistik, Amerikanistik und Sport an der Universität Freiburg und schloss sein Studium mit dem ersten Staatsexamen ab. Bereits während seines Studiums schrieb er Gedichte und Prosa und veröffentlichte 1974 seinen ersten Roman. 1975 wurde er als Kriegsdienstverweigerer anerkannt.1977 zog er von Freiburg nach Bremen und absolvierte ein Lehramtsreferendariat, das er mit dem zweiten Staatsexamen abschloss. Danach unterrichtete er zwei Jahre an einem Gymnasium, bis er 1981 endgültig die Lehrertätigkeit aufgab, um sich ganz dem Schreiben zu widmen und seine Berufung zu seinem Beruf zu machen. Seitdem lebt er als freier Schriftsteller.



Tagesprogramm

Heute will ich
aus dem Rahmen fallen
und weich landen,
dann zu der Musik
in meinem Kopf
schön aus der Reihe tanzen,
mich zum Ausruhen
zwischen die Stühle setzen,
danach ein bißchen
gegen den Strom schwimmen,
unter allem Geschwätz wegtauchen
und am Ufer der Phantasie
so lange den Sonnenschein genießen,
bis dem Ernst des Lebens
das Lachen vergangen ist.




Sommergedanken

Ich nehme mein Leben
in die Hand.
Leicht ist es
und gut zu fühlen.

Zeit gilt nicht,
wenn alles lauscht
und nur der Atem geht
wie sanfter Wind durchs Gras.

Ich schaue hoch.

Wer ich bin,
ist nicht zu sagen;
ich mache mir keinen Vers auf mich;
kein Wort ist so grün
wie die Blätter der Bäume.

Ich bleibe auf dem Teppich
meiner Möglichkeiten
und hoffe,
daß er fliegen lernt.







Hans Kruppa (Marl, 15. Februar 1952)

Samstag, 14. Februar 2009

Julia de Burgos, Frederick Philip Grove

Die puertoricanische Lyrikerin und Dichterin Julia Constanze Burgos García, besser bekannt als Julia de Burgos wurde am 14. Februar 1914 in Carolina, Puerto Rico geboren. Julia de Burgos wuchs in einem Barrio von Santa Cruz auf. Als ältestes von dreizehn Kindern besuchte sie die Schule und studierte nach dem Abschluss der Escuela Superior von 1931 bis 1933 an der Universidad de Puerto Rico. Danach unterrichtete sie bis zu ihrer Eheschließung 1934 in Naranjito. In den folgenden Jahren arbeitete sie für die Puerto Rico Economical Rehabilitation Agency. Zwischen 1937 und 1939 erschienen drei Lyrikbände von ihr, für die sie einen Preis des Instituto de Literatura Puertorriqueña erhielt. 1940 verließ sie Puerto Rico und ging nach New York, wo sie als Journalistin lebte. Ende des Jahres ging sie nach Kuba und studierte an der Universität von Havanna Literatur und Philosophie. 1942 kehrte sie nach New York zurück, wo sie Unterstützung beim Circle of Ibero-American Writers and Poets fand und in zweiter Ehe den Musiker Armando Marín heiratete. In den letzten Kriegsjahren lebte sie mit ihrem Mann in Washington und arbeitete im Büro des Coordinator of Interamerican Affairs. 1946 wurde bei ihre eine Leberzirrhose diagnostiziert, und ihre letzten Lebensjahre waren von Krankenhausaufenthalten in Folge ihres Alkoholkonsums und der Leberprobleme bestimmt. 1952 erschien ihr letzter Gedichtband.


I was the most quiet

I was the most quiet,
among those who voyaged to your harbor
No obscene social events announced me,
nor the hushed bells of ancestral reflexes;
my route was the wild music of birds
which flung into the air my kindness...fluttering.

Neither did vessels laden with opulence bear me,
nor oriental rugs support my body;
over the vessels my face appeared
whistling in the wind's aimless simplicity.

I did not measure the harmony of trivial ambitions
offered by your full-of-promises hand.
I perceived, only, in the depths of my frail spirit,
the tragic abandon hidden in your gesture.

Your constant duality was marked by my avid thirst.
You were like the sea, resonant and discreet.
Over you I spent my wasted hours.
You hovered above, as the sun on petals.

And I strolled in the breeze of your fallen anguish
in the naive sadness of knowing the truth:
your life was a deep struggle of restless springs
an awesome white river rushing to the desert.

One day, by the yellow banks of hysteria,
many ambitious, hidden faces trailed you;
through your surge of tears ripped from the cosmos
other voices encroached without discovering your
mystery...

I was the most quiet.
My voice, hardly an echo.
Conscience difused in a sound of anguish,
dissipated and sweet, throughout all silences.

I was the most quiet.
One who sprang from the earth with no other weapon
but a verse.

I stand before you... stars,
disarmed and gentle... his love in my breast!



Übersetzt von Jack Agueros







Julia de Burgos (14. Februar 1914 – 6. Juli 1953)




Der deutsch-kanadische Schriftsteller und Übersetzer Frederick Philip Grove wurde am 14. Februar 1879 als Felix Paul Greve in Radomno / Westpreußen als Felix Paul Greve geboren. Er war der Sohn eines Straßenbahnschaffners. Seit 1881 hatte die Familie ihren Wohnsitz in Hamburg. Er besuchte die Volksschule und die Realschule in St. Pauli, danach das Realgymnasium und schließlich die „Gelehrtenschule“ (Gymnasium) des Hamburger Johanneums, wo er 1898 sein Abitur ablegte. Anschließend studierte er mit Hilfe eines Stipendiums an den Universitäten in Bonn und München klassische Philologie und Archäologie, unterbrochen durch einen Aufenthalt am Deutschen Archäologischen Institut in Rom 1900/1901. Als Autor und Übersetzer fand er Anschluss an den Kreis um Stefan George; zeitweise bestand eine enge Freundschaft zu Karl Wolfskehl. In diese Zeit fällt Greves extensive Beschäftigung mit Oscar Wilde. Von München aus ging Greve 1902 nach Berlin, wo er ein Verhältnis mit Else Endell, der Frau des Architekten August Endell, begann, die er in München kennen gelernt hatte. Er brannte mit ihr nach Palermo durch. Auf der Rückreise wurde Greve 1903 in Bonn verhaftet; ein früherer Studienfreund hatte ihn, vermutlich aus Eifersucht, zur Rückzahlung eines Privatdarlehens gedrängt und bei Zahlungsunfähigkeit angezeigt. Greve wurde wegen Betrugs zu einem Jahr Gefängnis verurteilt; während der Verbüßung seiner Haft im Bonner Gefängnis war er als ungemein produktiver Autor, Herausgeber und Übersetzer tätig. Anschließend lebte Greve mit Else Endell in der Schweiz, in Frankreich und wieder in Berlin. Sie heirateten im Frühjahr 1907. Er übersetzte weiterhin aus dem Englischen und Französischen und verfasste neben zwei Romanen auch Essays und zwei Theaterstücke. Im Jahre 1909 sah Greve, der ständig mit großen Schulden zu kämpfen hatte und zuletzt seine Übersetzung von Swifts Prosaschriften gleichzeitig an zwei verschiedene Verlage verkauft hatte, keinen anderen Ausweg als seinen Selbstmord vorzutäuschen und Europa im Juni 1909 an Bord der SS Megantic zu verlassen. Von Liverpool aus reiste Greve nach Montréal. In Amerika nahm er unter dem Namen „Frederick Philip Grove“ eine neue Identität an.Groves englischsprachige Werke, die vorwiegend eigene Erfahrungen während seiner Jahre im amerikanischen mittleren Westen verarbeiten, gelten heute als Klassiker der kanadischen Literatur.

Aus: Settlers of the Marsh

„On the road leading north from the little prairie town Minor two men were fighting their way through the gathering dusk.
Both were recent immigrants; one, Lars Nelson, a giant, of three years’ standing in the country; the other, Niels Lindstedt, slightly above medium size, but compactly built, of only three months’. Both were Swedes; and they had struck up a friendship which had led to a partnership for the winter that was coming. They had been working on a threshing gang between Minor and Balfour and were now on their way into the bush settlement to the north-east where scattered homesteads reached out into the wilderness.
It was the beginning of the month of November.
Niels carried his suitcase on his back; Nelson, his new friend’s bundle, which also held the few belongings of his own which he had along. He wore practically the same clothes winter and summer.
Above five miles from town they reached, on the north road, the point where the continuous settlement ran out into the wild, sandy land which, forming the margin of the Big Marsh, intervened between the territory of the towns and the next Russo-German settlement to the north, some twenty miles or so straight ahead.“






Frederick Philip Grove (14. Februar 1879 – 19. August 1948)

Freitag, 13. Februar 2009

Irene Dische, Friedrich Christian Delius, Urs Faes

Die deutsch-amerikanische Schriftstellerin Irene Dische wurde am 13. Februar 1952 in New York geboren und wuchs dort auch auf. 1969 begab sich die Siebzehnjährige dann als Tramperin auf eine Weltreise. Von 1970 bis 1972 arbeitete Dische für den Ethnologen Louis Leakey in Ostafrika. Nach ihrer Rückkehr studierte sie an der Harvard University und veröffentlichte erste Reportagen in The New Yorker und in The Nation. 1977 zog Irene Dische nach Berlin, wo sie bis heute vorwiegend lebt. 1989 wurde Dische mit der unter dem Titel Fromme Lügen veröffentlichten Sammlung von Erzählungen erstmals einem größeren literarisch interessierten Publikum bekannt. 1990 folgte die Erzählung Der Doktor braucht ein Heim. 1993 publizierte Dische mit Ein fremdes Gefühl oder Veränderungen über einen Deutschen ihren ersten Roman. Esterházy, das sie gemeinsam mit Hans Magnus Enzensberger und Michael Sowa (als Zeichner) veröffentlichte, war Disches erstes Kinderbuch. 1986 drehte Dische mit dem Dokumentarfilm Zacharias ihren ersten Film. 2000 folgte mit Ein Job der erste Kriminalroman.

Aus: Lieben (Romeo und Julia, 2006)

“Niemand hinderte Romeo und Julia am Heiraten. Im Gegenteil, alle freuten sich. Romeo war schon achtundzwanzig und Julia achtzehn. In Romeos Frankfurter Wohnung wurde mit den Verwandten, die aus Nürnberg und Teheran angereist waren, ausgelassen gefeiert, dann folgten die Hochzeitsnacht und noch ei ni ge Nächte mehr. Romeo und Julia waren zufrieden mit dem Lauf der Welt. Nur die Augenblicke, in denen sie getrennt waren, missfi elen ihnen sehr. Wenn Julia nicht in Reichweite
war, wurde Romeo von Visionen heimgesucht. Er sah Julia vor sich, ein zierliches Mädchen mit schwerem, schwarz schimmerndem Haar, »wie Lava« (Romeo), und seine Hände halluzinierten, wie sich ihre Haut anfühlte, diese »scheinbar kühle, aber immer warme Haut« (noch einmal Romeo), und in jedem Winkel der Erinnerung suchten seine Augen nach den ihren – diesen braunen Augen, die ihrem noch jugendlich runden Gesicht seinen Schwerpunkt gaben und aus ihr das »schönste Mädchen in der Familie« machten (so die übereinstimmende Meinung der Familie). Wenn er nicht mit ihr sprechen konnte, unterhielt er sich im Kopf mit ihr, und dort antwortete sie immer.
Julia war weniger romantisch, pragmatischer. Wenn sie nicht mit Romeo zusammen war, betrachtete sie das Hochzeitsfoto. In dem Augenblick, als es entstanden war, hatten sie noch ein bisschen Angst gehabt, einander zu umarmen, aber man sah schon, wie vollkommen sie zueinanderpassten.
Obwohl Romeo »so groß« war (Julia), fast eins fünfundsiebzig, volle fünfzehn Zentimeter größer als seine Frau, war er schlank und geschmeidig. Majestätisch »wie Seidenfächer« (Julia) klappten seine langen Wimpern vor den scheu dreinblickenden braunen Augen auf und nieder. Sie machte ihm Komplimente, weil er nicht in Testosteron ertrank wie die meisten anderen Jungen.“






Irene Dische (New York, 13. Februar 1952)




Der deutsche Schriftsteller Friedrich Christian Delius wurde am 13. Februar 1943 in Rom geboren. Delius wuchs von 1944 bis 1958 im hessischen Wehrda auf . Er besuchte Gymnasien in Bad Hersfeld und Steinatal; das Abitur erlangte er 1963 an der Alten Landesschule Korbach. Von 1963 bis 1970 studierte er Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin sowie an der Technischen Universität Berlin, wo er bei Walter Höllerer studierte und 1970 zum Doktor der Germanistik promoviert wurde. Von 1970 bis 1973 arbeitete er als Lektor im Verlag Klaus Wagenbach, von 1973 bis 1978 in derselben Funktion im Rotbuch Verlag. Seit 1978 ist er freier Schriftsteller. Von 1978 bis 1980 lebte er in Nijmwegen (Niederlande), von 1980 bis 1984 in Bielefeld und seither wieder in Berlin und in Rom. Delius begann in den 1960er Jahren mit gesellschaftskritischer Lyrik und dokumentarischen, für gewöhnlich stark satirischen Texten. Seit den Siebzigerjahren schreibt er vorwiegend Romane, häufig zu Themen aus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, z.B. zum Deutschen Herbst.


Aus: Bildnis der Mutter als junge Frau

„in der Mitte des fünfstöckigen Gebäudes, ein von evangelischen Schwestern aus Deutschland betriebenes Krankenhaus und Altersheim mit einigen Gastzimmern, von denen sie eins bewohnte, bis
zur Niederkunft zusammen mit Ilse, danach war ihr eins allein für sich und das Kleine im vierten
Stock versprochen,
in diesem Haus unter der Obhut der Kai sers werther Diakonissen hatte sie alles, was sie brauchte und was sie mit geringem Geld bezahlte, einen Arzt und Geburtshelfer, eine Hebamme, Schwestern,
regelmäßiges Essen, ein Bett, einen Stuhl, einen kleinen Tisch, eine Schublade für die
Briefe aus Afrika, eine Schrankhälfte, einen winzigen Spiegel im Badezimmer drei Türen weiter,
eine Andacht jeden Morgen vor dem Frühstück, eine Terrasse auf dem Dach in einer Stadt, in der trotz der häufi gen Alarme keine Bomben fielen und wo der Winter eine nebensächliche, überwiegend sonnige und warme Angelegenheit war,
und die Hand aufs Treppengeländer legte, hier war sie umgeben und umsorgt von zehn Frauen
in dunkelblauer Tracht und weißen Hauben mit Rüschenrand und hoffmannsgestärkten Schleifen
unter dem Kinn, eine leitete die Küche, eine die Wäscherei, eine die Bügelstube, eine die Krankenpflege, eine die Verwaltung, und die prachtvollste von ihnen, Schwester Else, leitete das ganze Diakonissenheim, und sie alle widmeten sich den Kranken, den Müttern mit den Säuglingen
auf der Entbindungsstation und den Gästen, hier fühlte sie sich aufgehoben und konnte für all das
nur unendlich dankbar sein,







Friedrich Christian Delius (Rome, 13. Februar 1943)




Der Schweizer Schriftsteller Urs Faes wurde am 13. Februar 1947 in Aarau geboren. Er wuchs im aargauischen Suhrental in einem rigoros calvinistisch geprägten Umfeld auf. Er durchlief zunächst eine Ausbildung zum Primarlehrer am Seminar in Wettingen. Anschliessend studierte er Geschichte, Germanistik, Philosophie und Ethnologie und schloss mit einer Dissertation mit dem Titel Heidentum und Aberglauben der Schwarzafrikaner in der Beurteilung durch deutsche Reisende des 17. Jahrhunderts an der Universität Zürich ab. Neben seinem Studium arbeitete er an einem Zürcher Gymnasium. Seine ersten Texte erschienen 1970 in Zeitungen und Zeitschriften. Urs Faes ist besonders als Romanautor bekannt; daneben hat er Gedichte, Erzählungen, Theaterstücke und Hörspiele verfasst. Er lebt heute als freier Schriftsteller in Zürich und San Feliciano in Umbrien.

Aus: Sommerwende

"Melzer blickte in die anbrechende Dämmerung hinaus, in die vom Herbstwind zerrauften Bäume und Sträucher; hoch ragte der Kamin der stillgelegten Fabrik in den bläulich verschwimmenden Horizont hinaus, wo das hügelige Land abflachte, in die Ebene des Tales sich ergoss. Ein kühler Wind strich um die Häuser, wirbelte Laub auf, kräuselte die hellen Pfützen in den Gartenwegen. Im nahen Fluss stand das Wasser noch immer hoch, war schmutzig braun und führte Äste und Laub mit sich. Dämmriges Grau über dem Tal, dessen bewaldete Hügel sich als schwarze Linien in der Ferne kreuzten. Mutter, in einem Nachbardorf aufgewachsen, hatte das Tal kaum je verlassen. Man schlägt Wurzeln, wo man aufgewachsen ist und seine Toten hat, sagte sie . Wie schon in der Stadt hingen auch hier im Quartier überall Wahlplakate für die Parlamentswahlen; viel von Grün und Umwelt in den Parolen, aber auch vom Kampf gegen Überfremdung und Asylantenströme: "Bewahrt die Eigenart des Landes". Melzer folgte mit den Augen dem Weg, der hinaus in die Felder und zum Fluss führte, vorbei an den langen Reihen der Hasel- und Holunderbüsche; und weit draussen das Gehöft des Saumhofbauern, dem er als Kind bei der Heuernte geholfen hatte und beim Rübenschneiden im Herbst. Vieles hat sich geändert im Dorf. In der Landschaft der Kindheit. Vom Kirchturm schlug es sechs. Die Schläge waren ihm schon immer lang und schleppend vorgekommen. Melzer wandte sich vom Fenster ab. Still lag Mutters Gesicht im Kissen.“






Urs Faes (Aarau, 13. Februar 1947)

Donnerstag, 12. Februar 2009

Barbara Honigmann, Lou Andreas-Salomé, Detlev Meyer

Die deutsche Schriftstellerin und Malerin Barbara Honigmann wurde am 12. Februar 1949 in Ost-Berlin geboren. Barbara Honigmann ist die Tochter deutsch-jüdischer Emigranten, die das Dritte Reich im britischen Exil überlebten und 1947 nach Ost-Berlin kamen, um am Aufbau eines neuen Deutschland mitzuhelfen. Nach ihrem Abitur studierte Honigmann ab 1967 an der Humboldt-Universität das Fach Theaterwissenschaft, der Abschluss erfolgte 1972. In den folgenden Jahren arbeitete sie als Dramaturgin und Regisseurin in Brandenburg und an der Volksbühne sowie am Deutschen Theater in Ost-Berlin. Seit 1975 ist sie freie Schriftstellerin. 1984 reiste sie aus der DDR aus Honigmann ist Mitglied des P.E.N.-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland. Seit 2007 ist sie korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz.

Aus: Das Gesicht wiederfinden

Jede der Parteien weiß sich indiesem Glaubenskrieg im Besitz der jeweils einzig richtigen Religion, Idee, Überzeugung, und sie sind gerade gut genug, in ihrem Namen Blutbäder anzurichten. Montaigne aber ist sich ziemlich sicher, daß es nicht die Ideen, die Überzeugungen und Religionen sind, die Blut-bäder anrichten, sondern einzelne Menschen, Leute wie du und ich; jeder haßt seinen Nächsten so gut er kann. Und weil für ihn »jeder Mensch die Gesamtheit des Menschseins in sich trägt«, zieht er sich zurück, um eines dieser schwer verständlichen Wesen –nämlich sich selbst – zu erforschen, und kommt dabei zu interessanten und ungewohnten Schlüssen: »Ordnung halten ist eine glanz- und lichtlose Tugend. Eine Festung stürmen, eine Gesandtschaft führen, ein Volk regieren, das sind Taten, die auffallen; schelten, lachen, verkaufen, bezahlen, lieben, hassen und mit den Seinen und mit sich selbst ein Gespräch führen – bei alldem behutsam und gerecht bleiben, nicht locker lassen, sich nicht untreu werden – das ist etwas Selteneres, Schwierigeres und weniger Außerordentliches. Deshalb stellen die zurückgezogenen Leben, obwohl es nicht so scheint, ebenso schwierige und harte Aufgaben, die es zu erfüllen gilt, wie die anderen Leben, vielleicht nochschwierigere. (…) Ich kann mir leicht den Sokrates an Alexanders Stelle vorstellen, Alexander an der Stelle von Sokrates kann ich mir nicht denken. Wenn man Alexander fragt, was er versteht, wird ersagen: die Welt unterwerfen, wenn man den Sokrates danach fragt, sowird er sagen: die eigentlichen Aufgaben erfüllen, die uns das menschliche Leben stellt, das ist ein viel umfassenderes, gewichtigeres und berechtigteres Können.« Der Rückzug auf das Familienschloß hat in Wirklichkeit nicht lange gedauert, Montaigne unternahm schon bald wieder ausgedehnte Reisen und ließ sich für zwei Amtszeiten zum Bürgermeister von Bordeaux wählen. Aber der Bruch, den er mit dem Rückzug in die Kontemplation vollzogenhatte, motivierte ihn, bis zu seinem Lebensende an den Essais weiterzuschreiben, die in diesem Sinne unvollendet geblieben sind.“






Barbara Honigmann (Ost-Berlin, 12. Februar 1949)




Die russisch-deutsche Schrifstellerin Lou Andreas-Salomé wurde am 12. Februar 1861 in St. Petersburg geboren und hieß eigentlich Louise. Das von Hugenotten aus Avignon abstammende Geschlecht von Salomé lebte seit Generationen im Baltikum. Im September 1880 reiste Lou von Salomé mit ihrer Mutter – der Vater war am 23. Februar 1879 gestorben – nach Zürich und immatrikulierte sich in der Universität, einer der wenigen Hochschulen, die damals bereits für Frauen zugänglich waren. Nach einem halben Jahr musste sie ihr Studium der Theologie, Philosophie und Geschichte jedoch aufgrund eines Bluthustens aufgeben. In der Hoffnung auf ein zuträglicheres Klima hielten sich Lou von Salomé und ihre Mutter einige Zeit im Seebad Scheveningen auf und brachen im Februar 1882 nach Rom auf. In Rom verkehrten sie mit der fünfundsechzigjährigen deutschen Schriftstellerin Malwida von Meysenbug, die in ihrem Salon regelmäßig Intellektuelle versammelte. Bei ihr lernte Lou von Salomé die miteinander befreundeten Philosophen Paul Rée und Friedrich Nietzsche kennen. Lou, Rée und Nietzsche planten die Errichtung einer „Wohn- und Studiergemeinschaft“ in Berlin, die jedoch scheiterte, als die junge Frau die Heiratsanträge der beiden Männer ablehnte. In der Folgezeit bereiste Lou mit Rée europäische Großstädte und verfasste psychologische und religionsphilosophische Schriften, Rezensionen, Essays, Erzählungen und Romane. Im Frühjahr 1897 fuhr Lou Andreas-Salomé mit Frieda von Bülow von Berlin nach München, wo sie Rainer Maria Rilke begegnete. Der vierzehn Jahre jüngere Student erinnerte sie an ihre eigene Phase des schwärmerischen, wirklichkeitsfremden Fühlens und Denkens. Die beiden wurden ein Liebespaar, und Rainer Maria Rilke ließ sich nachhaltig von Lou Andreas-Salomé beeinflussen. Ab 1903 lebte Lou Andreas-Salomé zusammen mit ihrem Mann, dem Orientalisten Carl Friedrich Andreas, in Göttingen, wo sie 1915 eine psychoanalytische Praxis eröffnete, in der sie bis zu ihrer schweren Krebsoperation 1935 erfolgreich als psychoanalytische Therapeutin wirkte.

Aus: Ruth

„Ruth hatte sich langsam erhoben. Auf ihrem Gesicht prägte sich ein grenzenloses Befremden aus, – Zweifel, Unglaube, ja Entsetzen prägten sich darauf aus. Ihr war, als müsse sie nach einem Entfernten, – nach Erik rufen, – ihn zu ihrer Hilfe rufen gegen einen Unverstandenen, Unbekannten. Aber er – er war es ja gerade, der da vor ihr stand–. Erik sah den Wechsel in ihren Zügen, die Selbstbeherrschung verließ ihn. Er fühlte nur noch Angst, – die Angst, sie zu verlieren.»Ruth!« rief er, »verzeih, daß du vor mir gekniet hast. Ich will es tun vor dir. Nur sei mein! Nicht nur mein Kind mehr, – du bist kein Kind mehr, – ein Weib, – mein Weib!«In diesem Augenblick wurde die Tür vom Flur aus aufgerissen. Jonas erschien auf der Schwelle. Er trat nicht ein. Er warf die Tür wieder ins Schloß. Man hörte ihn sich entfernen.»Jonas!« murmelte Ruth halb bewußtlos, »–wir müssen, – er hat gehört, – wir müssen nach Jonas sehen.«Während sie es sagte, ertönte ein dumpfer Fall. Erik sprang auf. Ruth war schon bei der Tür. Sie öffnete sie. Im Flur lag Jonas am Boden, – lang hingestreckt. Mit dem Kopf war er im Fallen gegen den Mantelständer geschlagen. Über seine linke Schläfe träufelte Blut.“






Lou Andreas-Salomé (12. Februar 1861 – 5. Februar 1937)




Der deutsche Lyriker und Schrifsteller Detlev Meyer wurde 1950 in Berlin geboren. Er studierte Bibliotheks- und Informationswissenschaften in Berlin und Cleveland, Ohio. Danach war er Bibliothekar in Toronto und Entwicklungshelfer in Jamaika. Er lebte als freier Journalist und Autor in Berlin, Detlev Meyer war einer der wenigen offen schwulen Autoren in Deutschland. Seine Themen waren das Leben in und mit der Szene sowie die Bedrohung durch Aids, der Krankheit, deren Folgen er selbst am Ende erlag. Er blieb aber kein „Autor der Szene“, sondern fand weiter darüber hinaus ein Publikum. Meyer war PEN-Mitglied und erhielt zahlreiche Literaturstipendien.



Groschen

Dieses Gedicht
möchte
ins Gewicht fallen
oder wenigstens
aus der Reihe
dem Rahmen

nicht
in jemandes Wort
oder
gar
unter den Tisch
und die Räuber

auch nicht
vom Stengel
oder
jemandem zur Last
in den Rücken

wie Schuppen von den Augen
möchte es
jemandem in den Schoß

aber lieber doch:

ins Gewicht
das Gedicht

und aus allen Wolken





Reisevorbereitung

Ich packe in meinen Koffer das Virus.

Ich packe in meinen Koffer das Virus und die
Verrentung.

Ich packe in meinen Koffer das Virus, die Verrentung
und einen Designersarg.

Ich packe in meinen Koffer das Virus, die Verrentung
einen Designersarg und einen verstorbenen Lover.

Ich packe in meinen Koffer das Virus, die Verrentung
einen Designersarg einen verstorbenen Lover und
zwei Krücken.

Ich packe in meinen Koffer das Virus, die Verrentung
einen Designersarg einen verstorbenen Lover, zwei
Krücken und drei Talkshowauftritte.

Toll, das packe ich auch alles in meinen Koffer.
Ich leg aber noch eine unglückliche Kindheit dazu.
So viel Platz muß sein!






Detlev Meyer (12. Februar 1950 – 30. Oktober 1999)

Mittwoch, 11. Februar 2009

Else Lasker-Schüler, Gerhard Kofler

Die deutsche Dichterin Else Lasker-Schüler wurde am 11. Februar 1869 als jüngstes von sechs Kindern in Elberfeld (Wuppertal) geboren. Die Mutter wurde zu einer zentralen Gestalt ihrer Dichtung. Ihr Vater war Aaron Schüler, ein jüdischer Privatbankier. Er wurde später Vorbild für die Hauptfigur aus Die Wupper. Else galt als Wunderkind der Familie, denn sie konnte bereits mit vier Jahren lesen und schreiben. Ab 1880 besuchte sie das Lyceum West An der Aue. Als sie 13 Jahre alt war, starb ihr Lieblingsbruder Paul, ihre Mutter starb im Jahr 1890 und ihr Vater 1897. Der Tod ihrer Mutter bedeutete für sie „die Vertreibung aus dem Paradies“. Nachdem sie die Schule abgebrochen hatte und Privatunterricht im Hause ihrer Eltern erhielt, heiratete sie 1894 den Arzt Dr. Jonathan Berthold Lasker und zog nach Berlin um. Am 24. August 1899 wurde ihr Sohn Paul geboren, und die ersten Gedichte wurden veröffentlicht. Der erste Gedichtband Styx folgte 1902. 1907 erschien die Prosasammlung Die Nächte der Tino von Bagdad. 1909 publizierte sie das Schauspiel Die Wupper, welches jedoch zunächst nicht zur Aufführung kam. Mit dem Gedichtband Meine Wunder (1911) wurde Lasker-Schüler zur führenden deutschen Expressionistin. Obwohl die Dichterin 1932 mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet worden war, emigrierte sie am 19. April 1933 nach tätlichen Angriffen und angesichts der nationalsozialistischen Bedrohung ihres Lebens nach Zürich, erhielt dort jedoch Arbeitsverbot. Im Jahre 1938 wurde ihr die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt, und 1939 reiste sie (zum dritten Mal) nach Palästina. Der Kriegsausbruch hinderte sie an einer Rückkehr in die Schweiz. 1944 erkrankte sie schwer. Nach einem Herzanfall am 16. Januar starb Else Lasker-Schüler am 22. Januar 1945. Sie ist auf dem Ölberg in Jerusalem begraben.




Das Lied meines Lebens

Sieh in mein verwandertes Gesicht . . .
Tiefer beugen sich die Sterne.
Sieh in mein verwandertes Gesicht.

Alle mein Blumenwege
Führen auf dunkle Gewässer,
Geschwister, die sich tödlich stritten.

Greise sind die Sterne geworden . . .
Sieh in mein verwandertes Gesicht.




Herbst

Auf einmal mußte ich singen
Und ich wußte nicht warum.
Doch abends weinte ich bitterlich.

Es stieg aus allen Dingen
Ein Schmerz und der ging um
Und legte sich auf mich.

Stürmische Wolkendepeschen
Erschreckten den Weltenraum;
Und die Beeren der Ebereschen
Die winzigen Monde am Baum.





Sinnenrausch

Dein sünd'ger Mund ist meine Totengruft,
Betäubend ist sein süsser Atemduft,
Denn meine Tugenden entschliefen.
Ich trinke sinnberauscht aus seiner Quelle
Und sinke willenlos in ihre Tiefen,
Verklärten Blickes in die Hölle.

Mein heisser Leib erglüht in seinem Hauch,
Er zittert, wie ein junger Rosenstrauch,
Geküsst vom warmen Maienregen.
- Ich folge Dir ins wilde Land der Sünde
Und pflücke Feuerlilien auf den Wegen,
- Wenn ich die Heimat auch nicht wiederfinde ...








Else Lasker-Schüler (11. Februar 1869 – 22. Januar 1945)





Der Südtiroler Lyriker und Schriftsteller Gerhard Kofler wurde am 11. Februar 1949 in Bozen geboren. Kofler wuchs in Brixen auf, studierte Germanistik und Romanistik in Innsbruck und Salzburg und lebte als Schriftsteller und Literaturkritiker, sowie als Generalsekretär der Grazer Autorenversammlung in Wien. Gedichte von Gerhard Kofler wurden ins Englische, Spanische, Russische, Griechische, Slowakische, Ungarische, Slowenische, Rumänische, Litauische, Makedonische, Bulgarische, Niederländische und Arabische übersetzt. Zuletzt - im Jahr 2003 - erschien die umfangreiche Gedichtsammlung Poesie von Meer, Erde und Himmel - Poesie di mare, terra e cielo im Klagenfurter Wieser Verlag. Gerhard Kofler übersetzte auch selbst Gedichte u.a von H.C. Artmann, Gerald Bisinger, Ernst Jandl, Friederike Mayröcker und Gerhard Rühm ins Italienische. Aus dem Italienischen übersetzte Kofler u.a. Umberto Saba.



LEBEN EINES MANNES

der glückliche
moment
wie oft
ist er vernachlässigt

er geht vorbei
mit offenen augen

und bleibt
ein kind
wenn du von ihm läßt



BALLADE DER GRIECHISCHEN UND IRISCHEN TÜREN

es gibt einen griechen
der die tür schließt
in einem lied
von Bob Dylan

ich lache jedesmal
wenn ich daran denke

in Kassiopi zum beispiel
öffnete uns der besitzer
eine ausgeleierte tür
mit fußtritten
"it's a greek door"
gab er uns zu verstehen

in Stoupa mußten wir
vorgestern
ein verrostetes schloß abmontieren
um aus dem bad
unseren sohn zu befreien

auch in Irland
erzählt der jüdische freund uns
schließen die türen nicht

trinken wir also auf die schönheit
der länder
die für Europa
im süden und norden
offen lassen die türen







Gerhard Kofler (11. Februar 1949 - 2. November 2005)

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