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Samstag, 17. Januar 2009

Lukas Moodysson, Jörg Bernig

Der schwedische Schriftsteller und Regisseur Lukas Moodysson wurde am 17. Januar 1969 in Malmö geboren. Kurz nachdem er mit 17 Jahren die Schule abgebrochen hatte, folgte Lukas Moodysson zunächst seinem Interesse für Literatur und eigenem Schreiben: seine erste Gedichtsammlung Det spelar ingen roll var blixtarna slår ner („Es ist unwichtig, wo der Blitz einschlägt“) erschien. Weitere fünf Bücher folgten, unter anderem der Roman Vitt blod („Weißes Blut“). Lukas Moodysson absolvierte ein Studium als Regisseur am Dramatischen Institut (Dramatiska Institutet) in Stockholm und trat dann mit seinem Film Raus aus Åmål an die Öffentlichkeit. Dieser Film wie auch die folgenden, Zusammen! und Lilja 4-ever, erhielt eine Reihe von Auszeichnungen. 2003 wurde Moodysson der Stig Dagerman-Preis verliehen.

Aus: Raus aus Amal (Vertaald door Hansjörg Betschart)

„(Jessica sitzt am Küchentisch und bereitet ein Glas Schokomilch zu. Jessica trägt ein
T-Shirt und enganliegende Leggings. Sie wendet sich an das Publikum.) Meine
Schwester ist ein Jahr jünger. Ich bin ihr also ein Jahr voraus. Wenn in der Schule so
eine Misswahl stattfinden würde, würde meine Schwester vielleicht den ersten Platz
belegen. Mir egal. Ich bin ihr trotzdem in allem ein Jahr voraus. Ich werde dieses
Jahr Vorsprung immer behalten. Auch wenn sie rumnervt: Es bleibt dabei: Sie muss
noch ein Jahr länger zur Schule als ich. Und ein Jahr kann viel heißen. Ich habe zum
Beispiel in einem einzigen Jahr gelernt, wie man ...
Elin
(Schreit.) Was machst du da?
Jessica
Ich frühstücke. Und du hast verschlafen. Mehr als ein Jahr ...
Elin
Verdammte Scheiße. (Sie packt die Schokomilch-Packung, stellt fest, dass sie leer
ist und wirft sie nach Jessica.) Das darf doch nicht wahr sein.
Jessica
Jetzt reiß dich zusammen.
Elin
Du bist eine egoistische Sau! Ich hasse dich! (Packt Jessicas Glas und überschüttet
sie mit Schokomilch.)
Jessica
Sag mal, bist du jetzt voll bescheuert? (Wirft sich über Elin. Sie rangeln. Fallen
übereinander her zu Boden. Ringen. Schreien.) Du blöde Kuh.
Elin
Aua!
(Die Mutter der beiden, Birgitta, steht unvermittelt in der Tür. Sie trägt T-Shirt und
Slip. Sie kommt eben erst aus dem Bett.)
Birgitta
Was soll der Lärm? Aufhören. Kann ich hier nicht ein einziges Mal in Ruhe schlafen?“






Lukas Moodysson (Malmö, 17. Januar 1969)




Der deutsche Schrifsteller und Lyriker Jörg Bernig wurde am 17. Januar 1964 in Wurzen geboren. Bernig absolvierte nach einer Berufsausbildung als Bergmann mit Abitur zunächst seinen Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee. Von 1985-1990 studierte Bernig Germanistik und Anglistik an der Karl-Marx-Universität in Leipzig. Danach ging er als Assistenzlehrer an ein katholisches und protestantisches Gymnasium nach Dunfermline in Schottland, sodann, bis 1993, als Lektor ans Germanistische Seminar der University of Wales in Swansea. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland promovierte er bis 1996 an der Freien Universität Berlin mit einer Arbeit über die Schlacht um Stalingrad im deutschsprachigen Roman nach 1945. Daran schlossen sich freiberufliche Tätigkeiten als Redakteur bei der Dresdner Literaturzeitschrift Ostra-Gehege und als Lehrbeauftragter und Mitarbeiter an kulturwissenschaftlichen Forschungsprojekten an der TU Dresden. Seit 1995 lebt er im sächsischen Radebeul. Sein erster Roman Dahinter die Stille, für den er mit dem Hölderlin-Förderpreis ausgezeichnet wurde, erschien im Jahre 1999.

Aus: Weder Ebbe noch Flut

„Nachdem Dorothee das Krankenhaus verlassen hatte, nur um herauszufinden, daß Albert gegangen war, wartete sie einige Tage auf seine Rückkehr, ging ihrer Arbeit nach, sagte nichts, saß abends im dunklen Zimmer und schaute aus dem Fenster in den Garten, in die Wildnis, die noch immer da wucherte und die einzudämmen sie sich nun nicht mehr aufraffen konnte. Sie betrachtete eine Fotografie Alberts, die sie immer bei sich trug. Ja, er hatte von einer Trennung gesprochen, aber das war doch nicht so gemeint! Das konnte er doch nicht ernst gemeint haben?! Man verschwindet doch nicht einfach so?! Sie steckte das Foto zurück in den Kalender, den sie in ihrer Tasche hatte. Warf die Tasche in die Zimmerecke. Aber daß Albert zurückkommen würde, dessen war sie sich am vierten Tag ihres Wartens noch sicher, und mit diesem Gefühl schlief sie auch ein. Mitten in der Nacht wachte sie jedoch auf. Der Schlaf hatte ihr die Gewißheit gegeben, daß Albert für immer gegangen war. Dorothee lag wach, bis es dämmerte, fand von da an keine Ruhe mehr. Wenn sie fortan schlief, dann wie ein Tier, stets auf dem Sprung. Sie hörte Geräusche, die sie nie zuvor gehört hatte und von denen sie nicht wußte, daß es sie jede Nacht gab. Sie entdeckte die Nacht, entdeckte eine Welt, die sie ihr ganzes Leben lang verschlafen hatte.“






Jörg Bernig (Wurzen, 17. Januar 1964)

Freitag, 16. Januar 2009

Inger Christensen, Aleksandar Tišma

Die dänische Lyrikerin und Schriftstellerin Inger Christensen wurde am 16. Januar 1935 in Vejle, Dänemark geboren. Christensen absolvierte eine Ausbildung zur Volksschullehrerin, studierte Medizin, Chemie und Mathematik an der Universität Kopenhagen und arbeitete einige Jahre an einer Kunsthochschule. Seit 1962 lebte sie in Kopenhagen. Nach ihrem Debüt mit dem Gedichtband Lys (dt. Licht) im Jahre 1962 veröffentlichte sie 1969 eines ihrer Hauptwerke, den Gedichtzyklus Det (dt. Das) Der Gedichtband Alfabet (dt. „Alphabet“ 1981), ihr zweites Hauptwerk, bezieht sich auf die sogenannte Fibonacci-Reihe, eine nach dem italienischen Mathematiker Leonardo Fibonacci benannte Zahlenreihe, bei der sich jedes Glied der Reihe aus der Summe der beiden vorangehenden Zahlen errechnet (also: 0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13…). Christensen setzte die Fibonacci-Zahlen in Korrespondenz mit Struktur und Wachstum verschiedener Pflanzenarten. Daneben erschienen von ihr weitere Gedichtbände und eine Vielzahl von anderen literarischen Arbeiten, darunter zwei Romane, Kinder- und Jugendbücher, Theaterstücke, Hörspiele und zahlreiche Essays, davon viele auch in deutscher Übersetzung, so etwa im Jahr 2000 der Essayband Der Geheimniszustand und Gedicht vom Tod. Inger Christensen starb am 2. Januar dieses Jahres im Alter von 73 Jahren.


Alphabet (Fragment)

5

den herbst gibt es; den nachgeschmack und das nachdenken
gibt es; und das insichgehn gibt es; die engel,
die witwen und den elch gibt es; die einzelheiten
gibt es, die erinnerung, das licht der erinnerung;
und das nachleuchten gibt es, die eiche und die ulme
gibt es, und den wacholderbusch, die gleichheit, die einsamkeit
gibt es, und die eiderente und die spinne gibt es,
und den essig gibt es, und die nachwelt, die nachwelt


6

den fischreiher gibt es, mit seinem graublau gewölbten
rücken gibt es ihn, mit seinem federschopf schwarz
und seinen schwanzfedern hell gibt es ihn; in kolonien
gibt es ihn; in der sogenannten Alten Welt;
gibt es auch die fische; und den fischadler, das schneehuhn
den falken; das mariengras und die farben der schafe;
die spaltprodukte gibt es und den feigenbaum gibt es;
die fehler gibt es, die groben, die systematischen,
die zufälligen; die fernlenkung gibt es und die vögel;
und die obstbäume gibt es und das obst im obstgarten wo
es die aprikosenbäume gibt, die aprikosenbäume gibt,
in ländern wo die wärme genau die färbe im fleisch
erzeugen wird die aprikosenfrüchte haben


12

das leben, die luft die wir einatmen gibt es
eine leichtigkeit in allem, eine gleichheit in allem,
eine gleichung, eine offen bewegliche aussage
in allem, und während baum um baum hinaufbraust in
den frühen sommer, eine leidenschaft, leidenschaft
in allem, als gäbe es für das spiel der luft mit
dem fallenden manna eine einfache modellzeichnung,
einfach wie wenn das glück massenhaft nahrung hat
und das unglück keine, einfach wie wenn die sehnsucht
massenhaft wege hat und das leiden keine,
einfach wie der heilige lotus einfach ist
weil man ihn essen kann, eine zeichnung so einfach
wie wenn das lachen dein gesicht in luft zeichnet



Aus dem Dänischen von Hanns Grössel





Inger Christensen (16. Januar 1935 – 2. Januar 2009)





Der serbische Schriftsteller Aleksandar Tišma wurde am 16. Januar 1924 als Sohn eines Serben und einer ungarischen Jüdin in Horgoš an der Grenze Jugoslawiens zu Ungarn geboren. In Belgrad studierte er Deutsch, Englisch und Französisch und absolvierte eine Ausbildung als Journalist. Ab November 1944 nahm er an der Volksbefreiungsbewegung teil. Er arbeitete ab 1945 als Journalist und bei dem Verlag "Letopis matice srpske" als Lektor. Er lebte in Frankreich und Novi Sad. Ab 1950 beschäftigte er sich mit literarischen Arbeiten. Des Weiteren übersetzte er aus dem Deutschen und Ungarischen. Aleksandar Tišma war von Mai bis August 2000 am Literaturhaus Basel «Writer in Residence». Tišmas Werk gilt als Teil der Weltliteratur. Darin fokussierte er das Scheitern des europäischen Humanismus. Seine autobiografisch geprägten ersten fünf Bücher ergeben zusammen einen Romanzyklus, der in seiner Heimatstadt Novi Sad spielt.

Aus: Ohne einen Schrei (Übersetzt von Barbara Antkowiak)

„Die Wirtin erwachte von einem ungewohnten, gedehnten Ton; als sie lauschte, brach er ab, dann zerriß er wieder die schläfrige Stille des morgendlich dämmerigen Zimmers. Sie wußte, daß ihr Mann bereits zur Arbeit gegangen war - sie erinnerte sich, ihn über die Waschschüssel gebeugt und später mit der Mütze auf dem Kopf an der Tür gesehen zu haben - und daß das Kind neben ihr lag, sie spürte sein Gewicht und seinen Atem. In der Wohnung war also niemand sonst; dennoch wollte dieser gedehnte Ton, der wie ein Wimmern klang, nicht verstummen. In der Sekunde, als ihr bewußt wurde, daß es wirklich ein Wimmern war - vermutlich von einem Menschen -, war sie wach genug, um zu begreifen, daß es aus dem Mädchenzimmer kam, wo die Untermieterin wohnte.
Sie richtete sich im Bett auf, zog vorsichtig den Arm unter dem Kopf des Kleinen hervor, setzte die Füße auf den Boden und ging im Unterkleid, wie sie immer schlief - ohne in die Schuhe zu schlüpfen, die sie im Dunkeln nicht finden konnte -, auf Zehenspitzen zwischen Bett und Tisch hindurch zur Küche, in die das Licht des kalten Wintermorgens drang. Vor der Tür des Mädchenzimmers blieb sie stehen. Es war still gewesen, als sie über den kalten glatten Betonboden tapste, und für einen Moment hatte sie gedacht, das Geräusch zuvor sei ein Irrtum gewesen; nun machte sie zögernd an der Tür halt und hörte einen Schmerzenslaut, viel deutlicher als das schwer bestimmbare Wimmern, das sie im Zimmer vernommen hatte. Ohne Bedenken öffnete sie die Tür. Das Mädchenzimmer war hell wie die Küche, denn die Gardine war nicht zugezogen; die Wirtin erblickte mitten im Raum wie auf einer Bühne ihre Untermieterin Branka. Sie stand weit vorgebeugt, die Schuhe hatte sie von den Füßen gestreift, hielt die Knie gebeugt, der Kopf mit dem langen blonden Haar war kraftlos herabgesunken. Sie klammerte sich mit den Händen ans Bettgestell, als fürchte sie, jeden Augenblick zusammenzubrechen. Als die Tür knarrte, wandte sie erschrocken den Kopf und sah die Wirtin aus großen, grünen, weitstehenden Augen an; sie erkannte sie und begann zu weinen.“






Aleksandar Tišma (16. Januar 1924 – 16. Februar 2003)

Donnerstag, 15. Januar 2009

Osip Mandelstam, Mihai Eminescu

Der russische Lyriker Ossip Mandelstam wurde 1891 als Sohn eines jüdischen Lederhändlers in Warschau geboren. In seiner Kindheit zog seine Familie nach Pawlowsk und später nach Petersburg, wo Mandelstam am renommierten Tenischew-Gymnasium eine breite geisteswissenschaftliche Ausbildung erhielt. Mit 16 Jahren lernte Mandelstam auf einer Parisreise, wo er Lesungen an der Sorbonne hörte, Nikolai Gumiljow kennen. Im gleichen Jahr wurde er auch Gasthörer an der Universität Heidelberg, hörte bei sporadischen Heimreisen auch in Petersburg Vorlesungen in Literatur und Poesie. Beeinflusst von der Idee des Symbolismus, veröffentlichte Mandelstam 1910 seine ersten Gedichte in der Zeitschrift Apollon (Аполлон) und begann 1911 an der Petersburger Universität sein literaturwissenschaftliches Studium. Er wurde Mitglied der Literatengruppe der Akmeisten um Nikolai Gumiljow und veröffentlichte neben Gedichten auch Essays zu literarischen Themen. Sein 1913 erschienener erster Gedichtband Der Stein (Камень) machte Mandelstam in der literarischen Welt bekannt.



Bedrücktes Schweigen können wir nicht leicht ertragen

Bedrücktes Schweigen können wir nicht leicht ertragen –
Dass Seelen schwächeln, schließlich, wird nicht gern gelitten!
Ob er wohl störe, sprach, der kam, was vorzutragen,
Und freudig grüßen wir den Mann: Wir bitten!

Ich wusst' auch so, wer hier war, unsichtbar zu dienen:
Der Alptraummensch liest für uns »Ulalume«.
Der Inhalt weltlich und das Wort nur ein Gebrumm,
Solang Phonetik dienstbar ist den Serafimen.

Und Edgars Harfe sang das Lied vom Haus der Ascher,
Vom Wasser trank der Irre, sah auf und schwieg versonnen.
Ich war schon auf der Straße. Es pfiff Altweibersommer, –
Die Gurgel wärmt ein Seidenschal, der kitzlig ist, und raschelt.





Nur noch Kinderbücher zu lesen

Nur noch Kinderbücher zu lesen,
Nur noch Kindergedanken zu hegen,
Alles große ganz weit zu verwehen,
Aus tiefem Kummer stets aufzuerstehn.

Ich bin vom Leben so tödlich geschafft,
Dass ich von ihm nichts mehr annehmen werde,
Ich liebe jedoch diese kärgliche Erde,
Weil ich noch nie eine andere sah.

Ich schaukelte in einem Garten, weit fort,
Auf einer einfachen, hölzernen Schaukel.
Hohe Tannen am dunklen Ort
Sah ich, erinnernd, durch Traumnebel gaukeln.





Das leichte Leben nahm uns den Verstand

Das leichte Leben nahm uns den Verstand:
Wein seit dem Morgen, abends dann der Kater.
Ist dieser hohle Frohsinn aufzuhalten,
Dein Wangenrot, besoffne Cholera?

Der Händedruck: ein Ritus voller Qualen,
Dann in den Straßen nächtliches Geküsse,
Wenn sie gewichtig strömen: all die Flüsse
Und die Laternen brennen wie die Fackeln.

Den Tod erwarten wir wie'n Märchenwolf,
Doch fürchte ich, vor allen andern stirbt
Er, dessen Mund ganz rot und so verwirrt,
Vor dessen Augen eine Locke rollt.






Osip Mandelstam (15. Januari 1891 – 27. Dezember 1938)





Der rumänische Dichter Mihail Eminescu wurde am15. Januar 1850 in Ipoteşti, damals Moldau, heute Rumänien geboren. Er besuchte die deutschsprachige Hauptschule und später das deutsche Obergymnasium in dem zur k. und k. Monarchie gehörenden Czernowitz, der Hauptstadt der Bukowina. Von 1871 bis 1874 studierte Eminescu in Berlin Philosophie, Geschichte, Wirtschaft und Rechtswissenschaften. In diesen Jahren war der Einfluss der deutschen Kultur auf seine Geisteshaltung und seine künstlerische Aktivität enorm. Neben philosophischen und historischen Texten las er deutsche Literatur, vor allem deutsche Lyrik. So beschäftigt er sich intensiv mit Arthur Schopenhauer und Immanuel Kant. Er übersetzte beispielsweise Auszüge aus Kants Kritik der reinen Vernunft oder Werke von Friedrich Schiller. Eminescu gilt als der bedeutendste rumänische Dichter des 19. Jahrhunderts. Sein Werk setzte Maßstäbe für die Entwicklung der modernen rumänischen Hochsprache.

Sonette I

Es herbstet schon. Die welken Blaetter wehen,
Und schwere Tropfen prallen an die Scheiben;
Du liest in alten, laengst vergilbten Schreiben
Und suchst den Sinn des Lebens zu verstehen.

Mit teuerem Kleinkram sich die Zeit vertreiben
Und klopft es an die Tuer, nicht oeffnen gehen;
Liegt dann auch schon Morast auf den Allen,
Ist's schoener noch, am Offen traeumen bleiben.

So sitz auch ich, und die Gedanken schweifen
Zur schoenen Fee ins alte Land Legende,
Und Nebel wachsen um mich, Reif um Reifen;

Auf einmal ist's als teilten sich die Waende,
Ich hoere einen Saum den Boden streifen...
Und meine Augen schliessen kuehle Haende.


Übersetzt von Dieter Roth





Der See

Auf dem blauen See im Walde
Schweben gelbe Wasserrosen,
Waehrend hell die Wellen kraeuseln,
Bebend einen Kahn umkosen.

Und ich wandle an dem Ufer,
Harre lauschend und verschwiegen,
Dass sie jaeh dem Schilf entsteige,
Sich an meine Brust zu schmiegen,

Dass ins kleine Boot wir springen,
Wo um uns die Wasser lallen,
Bis das Steuer ich verliere
Und die Ruder mir entfallen;

Dass wir gleitend fliehn, vom milden
Mond verzueckt, in Zaubertraeume -
Windhauch rausche sacht im Schilfe,
Wellensang uns zart umschaeume! -

Doch sie kommt nicht - und ich seufze
Fruchtloß, meinem Gram ergeben,
Einsam an dem blauen Weiher,
Wo die Wasserrosen schweben.



Übersetzt von Zoltan Franyo






Mihai Eminescu (15. Januar 1850 – 15. Juni 1889)
Bronze von Lazar Dubinovschi

Mittwoch, 14. Januar 2009

John Dos Passos, Werner Helwig

Der amerikanische Schriftsteller John Dos Passos wurde am 14. Januar 1896 in Chicago. Er gilt neben Ernest Hemingway und F. Scott Fitzgerald als einer der Hauptvertreter der amerikanischen Moderne und wird mit diesen zur Lost Generation gezählt. Dos Passos wurde als unehelicher Sohn eines wohlhabenden Rechtsanwalts portugiesischer Abstammung geboren und wuchs unter der Obhut seiner Mutter in Virginia auf. Noch als Schüler unternahm er mit einem Privatlehrer eine halbjährige Bildungsreise durch Frankreich, England, Italien, Griechenland und den Nahen Osten, um dort Meisterwerke der klassischen Kunst und Architektur im Original zu studieren. 1913 schrieb er sich an der Harvard-Universität ein und ging nach Studienabschluss 1916 nach Spanien, um sich dort ebenfalls Kunst und Architektur anzuschauen. Zu der Zeit wütete in Europa der Erste Weltkrieg, in den die USA damals noch nicht eingetreten waren. Dos Passos meldete sich im Juli 1917 auf französischer Seite zusammen mit seinen Freunden E. E. Cummings und Robert Hillyer als Krankenwagenfahrer. Der erste Roman One Man's Initiation: 1917 wurde 1920 veröffentlicht. Ihm folgte 1921 der Anti-Kriegs-Roman Three Soldiers, der ihm erste Anerkennung eintrug. 1925 erschien Manhattan Transfer, das heute neben James Joyce′ Ulysses und Alfred Döblins Berlin, Alexanderplatz als einer der großen Großstadtromane der literarischen Moderne gilt.

Aus: Three Soldiers

„The company stood at attention, each man looking straight before him at the empty parade ground, where the cinder piles showed purple with evening. On the wind that smelt of barracks and disinfectant there was a faint greasiness of food cooking.
At the other side of the wide field long lines of men shuffled slowly into the narrow wooden shanty that was the mess hall. Chins down, chests out, legs twitching and tired from the afternoon’s drilling, the company stood at attention. Each man stared straight in front of him, some vacantly with resignation, some trying to amuse themselves by noting minutely every object in their field of vision,—the cinder piles, the long shadows of the barracks and mess halls where they could see men standing about, spitting, smoking, leaning against clapboard walls. Some of the men in line could hear their watches ticking in their pockets.
Someone moved, his feet making a crunching noise in the cinders.
The sergeant’s voice snarled out: “You men are at attention. Quit yer wrigglin’ there, you!”
The men nearest the offender looked at him out of the corners of their eyes.
Two officers, far out on the parade ground, were coming towards them. By their gestures and the way they walked, the men at attention could see that they were chatting about something that amused them. One of the officers laughed boyishly, turned away and walkedslowly back across the parade ground. The other, who was the lieutenant, came towards them smiling. As he approached his company, the smile left his lips and he advanced his chin, walking with heavy precise steps.“






John Dos Passos (14. Januar 1896 – 28. September 1970)





Der deutsche Schriftsteller Werner Helwig wurde am 14.Januar 1905 in Berlin geboren. Von seinem Vater wurde er künstlerisch und musikalisch beeinflusst. Seine Leselust gedieh schon ungewöhnlich früh. Nach dem Besuch des Real-Gymnasiums begann er eine landwirtschaftliche Lehre und eignete sich in den folgenden Jahren als Autodidakt vielfältige Kenntnisse in den Bereichen Völkerkunde, Literatur und Musik an. Großen Einfluss auf sein weiteres Schaffen übte die Jugendbewegung aus; Helwig gehörte dem Nerother Wandervogel an und verbrachte Mitte der zwanziger Jahre längere Zeit auf der Burg Waldeck, dessen Bundeszentrum. Vagabundierend erkundete er viele Jahre lang Skandinavien, Island, Irland, Spanien und hielt sich als Emigrant seit 1933 in Griechenland und Italien auf.
Kurz vor Ausbruch des Krieges kam er in die Schweiz, von wo er – frisch verheiratet, seine Frau erwartete ein Kind – nach Liechtenstein ausgewiesen wurde. Dort verbrachte er die Kriegszeit in kargen Verhältnissen, da er nichts veröffentlichen durfte. Von 1949 bis zu seinem Tode lebte er in Genf.

Aus: Raubfischer in Hellas

„Ich gab nicht nach und hielt ihm entgegen, daß der Mensch, der in den Zentralen der Hochzivilisation lebe, sozusagen in der Urzelle seiner selbst bedroht sei. Die Luft sei nicht mehr in Ordnung, an den Nahrungsmitteln wirkten sich schädliche, kaum kontrollierbare Einflüsse aus, wegen der Übervölkerung nehme der Verkehr ständig zu. Man wisse nicht mehr, wohin das führen solle. Es sei keine Zukunft mehr da, der man geruhig und in Erwartung eines vergnüglichen Lebensabends entgegengedeihen könne. Man müsse von Moment zu Moment überleben und freue sich der erfochtenen Siege kaum. Denn schon wäre die nächste Sorge da und würde die Kraft von gestern und morgen zugleich verbrauchen. Er jedoch hätte sich in eine, wie er selbst dargestellt - Räubergesellschaft zurückgezogen, die sich, alles überspringend, an die Spitze des Vernichtungszuges gesetzt hätte, der, man wisse nicht wann, jedenfalls irgendwo im neunzehnten Jahrhundert, aufgebrochen sei, um der Welt die letzte ihrer Stunden aufzuzwingen. Was aber unternähme er, um diese Entwicklung zu stoppen? Während in den Städten Gegenmaßnahmen durchberaten und erprobt würden, hätten seine Freunde nichts Besseres im Sinn, als das Meer, die Lebensweide von einigen hunderttausend Wesen, lahmzulegen und der künftigen Weltverödung die ersten gelungenen Entwürfe zu liefern!"





Werner Helwig (14. Januar 1905 – 4. Februar 1985)

Dienstag, 13. Januar 2009

Edmund White, Daniel Kehlmann

Der amerikanische Schriftsteller Edmund White wurde am 19. Januar 1940 in Cincinnati geboren. Nach längeren Aufenthalten in New York und Rom arbeitete er Anfang der 70er Jahre als Redakteur für die Literaturzeitschriften The Saturday Review und Horizon. Zusammen mit sechs anderen schwulen Autoren begründete er die literarische Gruppe Violet Quill. Nach Whites ersten Erzählungen Forgetting Elena (1973) und Notturno für den König von Neapel (1978) erschien 1982 als erster Titel in einer Reihe autobiografischer Romane Selbstbildnis eines Jünglings. Geschildert wird das Ende der Kindheit eines Jungen, der seine Homosexualität entdeckt und herauszufinden versucht, wie er mit dieser Entdeckung umgehen soll. Diesem Buch folgten Und das schöne Zimmer ist leer (1988), Abschiedssymphonie (1997) und The Married Man (2000). Damit ist die Tetralogie seiner autobiografischen Romane abgeschlossen. White verfasste zwei Biografien – über Jean Genet 1993 und über Marcel Proust 1999.

Aus: Hotel de Dream

„Cora never thought for a moment that her young husband could die. Other people—especially that expensive specialist who'd come down for the day from London and stuck his long nose into every corner of Brede Place and ended up charging her fifty pounds!—he'd whispered that Stevie's lungs were so bad and his body so thin and his fever so persistent that he must be close to the end. But then, contradicting himself, he'd said if another hemorrhage could be held off for three weeks he might improve.
It was true that she had had a shock the other day when she'd bathed Stephen from head to foot and looked at his body standing in the tub like a classroom skeleton. She'd had to hold him up with one hand while she washed him with the other. His skin was stretched taut against the kettledrum of his pelvis.
And hot—he was always hot and dry. He himself said he was "a dry twig on the edge of the bonfire."
"Get down, Tolstoi, don't bother him," Cora shouted at the tatterdemalion mutt. It slipped off its master's couch and trotted over to her, sporting its feathery tail high like a white standard trooped through the dirty ranks. She unconsciously snuggled her fingers under his silky ears and he blinked at the unexpected pleasure.
The newspapers kept running little items at the bottom of the page headlined, "Stephen Crane, the American Author, Very Ill." The next day they announced that the American author was improving. She'd been the little bird to drop that particular seed about improvement down their gullets.
Poor Stephen—she looked at his head as he gasped on the pillow. She knew that even in sleep his dream was full of deep, beautiful thoughts and not just book-learning! No, what a profound wisdom of the human heart he'd tapped into. And his thoughts were clothed in such beautiful raiments.“






Edmund White (Cincinnati, 13. Januar 1940)





Der deutsche Schriftsteller Daniel Kehlmann wurde am 13. Januar 1975 als Sohn des Regisseurs Michael Kehlmann und der Schauspielerin Dagmar Mettler in München geboren. 1981 kam er mit seiner Familie nach Wien, wo er das Kollegium Kalksburg, eine Jesuitenschule, besuchte und danach an der Universität Wien Philosophie und Germanistik studierte. 1997 erschien sein erster Roman "Beerholms Vorstellung". Er hatte Poetikdozenturen in Mainz, Wiesbaden und Göttingen inne und wurde mit zahlreichen Preisen, darunter dem Preis der Konrad-Adenauer-Stiftung, dem Doderer-Preis, dem Kleist-Preis 2006 sowie zuletzt dem WELT-Literaturpreis 2007 ausgezeichnet. Kehlmanns Rezensionen und Essays erschienen in zahlreichen Magazinen und Zeitungen, darunter "Der Spiegel", "Guardian", "Frankfurter Allgemeine Zeitung", "Süddeutsche Zeitung", "Literaturen" und "Volltext". Sein Roman "Ich und Kaminski" war ein internationaler Erfolg, sein Roman "Die Vermessung der Welt", in bisher vierzig Sprachen übersetzt, wurde zu einem der erfolgreichsten deutschen Romane der Nachkriegszeit. Daniel Kehlmann lebt als freier Schriftsteller in Wien und Berlin.

Aus: Die Vermessung der Welt

“Im September 1828 verließ der größte Mathematiker des Landes zum erstenmal seit Jahren seine Heimatstadt, um am Deutschen Naturforscherkongreß in Berlin teilzunehmen. Selbstverständlich wollte er nicht dorthin. Monatelang hatte er sich geweigert, aber Alexander von Humboldt war hartnäckig geblieben, bis er in einem schwachen Moment und in der Hoffnung, der Tag käme nie, zugesagt hatte.
Nun also versteckte sich Professor Gauß im Bett. Als Minna ihn aufforderte aufzustehen, die Kutsche warte und der Weg sei weit, klammerte er sich ans Kissen und versuchte seine Frau zum Verschwinden zu bringen, indem er die Augen schloß. Als er sie wieder öffnete und Minna noch immer da war, nannte er sie lästig, beschränkt und das Unglück seiner späten Jahre. Da auch das nicht half, streifte er die Decke ab und setzte die Füße auf den Boden.
Grimmig und notdürftig gewaschen ging er die Treppe hinunter. Im Wohnzimmer wartete sein Sohn Eugen mit gepackter Reisetasche. Als Gauß ihn sah, bekam er einen Wutanfall: Er zerbrach einen auf dem Fensterbrett stehenden Krug, stampfte mit dem Fuß und schlug um sich. Er beruhigte sich nicht einmal, als Eugen von der einen und Minna von der anderen Seite ihre Hände auf seine Schultern legten und beteuerten, man werde gut für ihn sorgen, er werde bald wieder daheim sein, es werde so schnell vorbeigehen wie ein böser Traum. Erst als seine uralte Mutter, aufgestört vom Lärm, aus ihrem Zimmer kam, ihn in die Wange kniff und fragte, wo denn ihr tapferer Junge sei, faßte er sich. Ohne Herzlichkeit verabschiedete er sich von Minna; seiner Tochter und dem jüngsten Sohn strich er geistesabwesend über den Kopf. Dann ließ er sich in die Kutsche helfen.
Die Fahrt war qualvoll. Er nannte Eugen einen Versager, nahm ihm den Knotenstock ab und stieß mit aller Kraft nach seinem Fuß. Eine Weile sah er mit gerunzelten Brauen aus dem Fenster, dann fragte er, wann seine Tochter endlich heiraten werde. Warum wolle die denn keiner, wo sei das Problem?
Eugen strich sich die langen Haare zurück, knetete mit beiden Händen seine rote Mütze und wollte nicht antworten.”





Daniel Kehlmann (München, 13. Januar 1975)

Montag, 12. Januar 2009

Fatos Kongoli, Jakob Michael Reinhold Lenz

Der albanische Schrifsteller Fatos Kongoli wurde am 12. Januar 1944 in Elbasan geboren und wuchs in Tirana auf. Er studierte Mathematik und arbeitete nach der Diplomprüfung 1967 zwei Jahre lang als Mathematiklehrer, ehe er als Redakteur bei der Kulturzeitschrift „Drita” zu arbeiten begann. Von 1977 bis zum Ende der kommunistischen Herrschaft in Albanien im Jahr 1992 war er als Lektor beim Verlag „Naim Frashëri” tätig. Fatos Kongoli gehörte zu den Mitbegründern der albanischen Demokratiebewegung.

Uit: Die albanische Braut (Übersetzt von Joachim Roehm)

„Natürlich wußte ich, daß Vilma im Labor arbeitete. Ich hatte sie n weißen Leinenhosen und im weißen Arbeitsmantel hinten aus er Fabrik kommen sehen, auf dem Kopf die unvermeidliche nd gleichfalls weiße Haube. Allerdings immer nur von weitem.
In der Hölle, in der ich mich bewegte, bewies mir ihre Erscheinung, aß es irgendwo noch ein anderes Leben gab als das, das ir alltäglich in Gestalt sündiger Teufel entgegentrat. Jemand, er von solch unglückseligen Bevölkerern der Hölle umgeben ar, konnte nicht anders, als ein paradiesisches Wesen in ihr u sehen. Darauf war es wahrscheinlich auch zurückzuführen, aß ich meinte, das Reich der Schatten in Richtung Garten den zu verlassen, als Dori einen ehemaligen Studenten der industriellen
Chemie im dritten Semester für geeignet hielt, den latz der jählings entführten Laborantin zu besetzen. In Wahrheit andelte es sich dabei um einen absolut gewöhnlichen aum mit absolut gewöhnlichen Geräten, in dem Tag und Nacht in ohrenbetäubender Lärm herrschte. Von einem Paradies war
wirklich nichts zu spüren. Die einzige Veränderung in meinem eben war die, daß ich auf meinem Weg ins Labor keine in Zeitungspapier ingewickelte Pausenzehrung bei mir führte. Und aß ich nicht mehr mit Teufeln zu tun hatte, sondern den Tag n Gesellschaft zweier von Kopf bis Fuß in Weiß gehüllter Wesen erbrachte. Eines davon war Vilma.
Das gütige Geschick führte mich in Vilmas Labor auf dem mweg über ein Büro, in dem es weder Staub noch Lärm gab.
Es war darin weder besonders hell noch besonders dunkel, und as einzige Fenster war vergittert. Wollte man hineingelangen, ußte man erst an einer mit emailliertem Blech beschlagenen
Tür anklopfen. Wenn man sie dann öffnete, stand man verdutzt or einem Käfig: von einer Wand zur anderen erstreckte sich in deckenhohes Eisengitter. Es war, als würde man eine Gefängniszelle
betreten. Doch es handelte sich um kein Verlies, ondern um das Kaderbüro. In dem eisernen Käfig saß zwischen egalen und Tresoren ein Mensch.“





Fatos Kongoli (Elbasan, 12. Januar 1944)




Der Deutsche Dichter Jakob Michael Reinhold Lenz wurde am 12. Januar 1751 in Seßwegen/Livland als evangelischer Pfarrerssohn geboren. Er studierte Theologie in Königsberg, wo er vor allem die Vorlesungen Kants hörte. Auf einer Reise nach Straßburg lernte er 1771 Goethe kennen, den er bewunderte. In den folgenden Jahren kam es zu mehreren Treffen. 1773 unterhielt er einen Briefwechsel mit Herder . Nachdem seine ersten Dramen veröffentlicht worden waren folgte er im April Goethe nach Weimar. Aufgrund eines nicht überlieferten Vorfalls wurde er im November aus der Stadt ausgewiesen. Goethe brach jeden Kontakt mit ihm ab. Ende 1777 erlitt er in Zürich einem psychischem Anfall, von dem er sich nie vollends erholen sollte.

Urania

Du kennst mich nicht,
Wirst nie mich kennen
Wirst nie mich nennen
Mit Flammen im Gesicht.

Ich kenne dich
Und kann dich missen –
Ach mein Gewissen
Was peinigest du mich?

Dich missen? Nein,
Für mich geboren –
Für mich verloren?
Bei Gott es kann nicht sein.

Sei hoch dein Freund
Und groß und teuer –
Doch ist er treuer
Als dieser, der hier weint?

Und dir mißfällt – –
O Nachtgedanken!!
Kenn ihn, den Kranken,
Sein Herz ist eine Welt.



An die Sonne

Seele der Welt, unermüdete Sonne!
Mutter der Liebe, der Freuden, des Weins!
Ach ohne dich erstarret die Erde
Und die Geschöpfe in Traurigkeit.
Und wie kann ich von deinem Einfluß
Hier allein beseelt und beseligt
Ach wie kann ich den Rücken dir wenden?

Wärme, Milde! Mein Vaterland
Mit deinem süßesten Strahl, nur laß mich,
Ach ich flehe, hier dir näher,
Nah wie der Adler dir bleiben.






Jakob Michael Reinhold Lenz (12. Januar 1751 – 24. Mai 1792)

Sonntag, 11. Januar 2009

Jasper Fforde, Katharina Hacker

Der britische Schriftsteller und Kameramann Jasper Fforde wurde am 11. Januar 1961 in London geboren. Fforde schrieb über 14 Jahre neben seiner eigentlichen Arbeit als Kameraassistent (z. B. für den James-Bond-Film GoldenEye (1995) oder den Kinofilm The Saint – Der Mann ohne Namen (The Saint)) Romane und veröffentlichte diese als Fortsetzungsroman mit Thursday Next als Hauptfigur: Der Fall Jane Eyre (2004), In einem anderen Buch, Im Brunnen der Manuskripte (2005) und Es ist was faul (2006). Das fünfte Buch der „Thursday Next“-Reihe „First Among Sequels“ erschien im Juli 2007. Eine neue Romanreihe über die „Nursery Crime Division“ ist im Entstehen. Der erste Band ist auf Englisch unter dem Titel The Big Over Easy (z. dt. in etwa Das Große Weiche Ei) bereits erschienen und eigentlich Jasper Ffordes erster Roman. Das Buch wurde von 76 Verlagen abgelehnt und nun, nach dem Erfolg der „Thursday Next“-Bücher, überarbeitet.
Die Bücher von Fforde sind für ihre literarischen Anspielungen, Wortspiele, nicht voraussehbaren Handlungsverlauf und auch dafür bekannt, dass man die Bücher sehr schlecht in irgendein literarisches Genre einordnen kann (am ehesten treffen würde Kriminal-Humor-Science-Fiction-Fantasy).

Aus: The Big Over Easy

„It was the week following Easter in Reading, and no one could remember the last sunny day. Gray clouds swept across the sky, borne on a chill wind that cut like a knife. It seemed that spring had forsaken the town. The drab winter weather had clung to the town like a heavy smog, refusing to relinquish the season. Even the early bloomers were in denial. Only the bravest crocuses had graced the municipal park, and the daffodils, usually a welcome splash of color after a winter of grayness, had taken one sniff at the cold, damp air and postponed blooming for another year.
A police officer was gazing with mixed emotions at the dreary cityscape from the seventh floor of Reading Central Police Station. She was thirty and attractive, dressed up and dated down, worked hard and felt awkward near anyone she didn't know. Her name was Mary. Mary Mary. And she was from Basingstoke, which is nothing to be ashamed of."Mary?" said an officer who was carrying a large potted plant in the manner of someone who thinks it is well outside his job description. "Superintendent Briggs will see you now. How often do you water these things?"





Jasper Fforde (London, 11. Januar 1961)




Die deutsche Lyrikerin und Schriftstellerin Katharina Hacker wurde am 11. Januar 1967 in Frankfurt am Main geboren. Ihr Schaffen umfasst erzählende und essayistische Prosa sowie Übersetzungen aus dem Hebräischen. Katharina Hacker besuchte von 1975 bis 1986 das altsprachliche Heinrich-von-Gagern-Gymnasium in Frankfurt am Main, wo sie durch ihr schriftstellerisches Talent auffiel. Ab 1986 studierte sie Philosophie, Geschichte und Judaistik an der Universität Freiburg. 1990 wechselte sie an die Hebräische Universität Jerusalem; parallel arbeitete sie als Deutschlehrerin und an der School for Cultural Studies in Tel Aviv. Seit 1996 lebt sie als freie Autorin in Berlin.


im Oktober

die Farbe platzt ab von den Augen
während der Tag überm Dach den Wind
antreibt und Geruch nach Weihrauch
aus einem Gebüsch steigt Bussardrufe
unablässig tönen und Flugzeuge aller Arten
Passanten sind hier überall promenieren
wie in der Stadt Hunde voran und
leichtes Schuhwerk an den Füßen
während die Landschaft sich vernutzt
unter den täglichen Blicken
werden die Farben von Tag zu Tag
kühner platzen ab von den Augen






Katharina Hacker (Frankfurt am Main, 11. Januar 1967)

Samstag, 10. Januar 2009

Annette von Droste-Hülshoff, Vicente Huidobro

Die deutsche Dichterin Anna Elisabeth Freiin von Droste zu Hülshoff, wurde am 12 Januar 1797 auf der Burg Hülshoff als schwaches Siebenmonatskind geboren. Im Familien- und Freundeskreis nannte man sie nur "Nette". In ihrer Jugend erhielt Annette eine Bildung, die weit über dem hinausging, was für adelige Mädchen sonst üblich war. Auf der Burg Hülshoff wurde kein Unterschied zwischen Mädchen und Jungen gemacht. Zunächst unterrichtete die Mutter die Kinder in der Bibliothek. Später dann wurden sie von einem Hauslehrer unterrichtet in Religion, in alten und neuen Sprachen, Literatur, Mathematik und Naturkunde. 1826 starb ihr Vater, Clemens August von Droste-Hülshoff. Therese-Luise, seine zweite Frau und ihre Töchter "Jenny" (Maria Anna) und Annette zogen in das Haus Rüschhaus und verzichteten auf ihr Erbteil. Ihr Vater hatte das Anwesen bereits 1825 als Witwensitz für seine Frau gekauft. Hier hat sich Annette in ihr "Schneckenhaus", wie sie ihr Wohnzimmer nannte, zurück gezogen.1804 - als siebenjährige versteckte Annette von Droste Hülshoff im Gärtnersturm hinter einem Dachbalken ihr erstes Gedicht. Die erste Veröffentlichung erschien halbanonym im Jarhe 1838: "Gedichte von Annette Elisabeth von D... H....". Wohl deshalb, weil die Familie der Ansicht war, dass es ein "Spleen" von Annette war und dem Ansehen der Familie in der Öffentlichkeit schaden könne. Annette von Droste-Hülshoff nahm ihre literarische Arbeit sehr ernst und war sich bewusst, große Kunst zu schaffen. Ihre Balladen wurden berühmt (Der Knabe im Moor), wie auch ihre Novelle (Die Judenbuche). Ein wichtiges Dokument tiefer Religiosität ist ihr Gedichtzyklus „Das geistliche Jahr“, in dem aber - typisch für die Zeit - auch die Zerrissenheit des Menschen zwischen aufgeklärtem Bewusstsein und religiöser Suche gestaltet wird.



Ein harter Wintertag

Daß ich dich so verkümmert seh',
Mein lieb lebend'ges Wasserreich,
Daß ganz versteckt in Eis und Schnee
Du siehst der plumpen Erde gleich;

Auch daß voll Reif und Schollen hängt
Dein überglaster Fichtengang:
Das ist es nicht, was mich beengt,
Geh' ich an deinem Bord entlang.

Zwar in der immer grünen Zier
Erschienst, o freundlich Element,
Du ähnlich den Oasen mir,
Die des Arabers Sehnsucht kennt;

Wenn neben der verdorrten Flur
Erblühten deine Moose noch,
Wenn durch die schweigende Natur
Erklangen deine Wellen doch.

Allein auch heute wollt' ich gern
Mich des kristallnen Flimmers freun,
Belauschen jeden Farbenstern
Und keinen Sommertag bereun:

Wär' nicht dem Ufer längs, so breit,
Die glatte Schlittenbahn gefegt,
Worauf sich wohl zur Mittagszeit
Gar manche rüst'ge Ferse regt.

Bedenk' ich nun, wie manches Jahr
Ich nimmer eine Eisbahn sah:
Wohl wird mir's trüb und wunderbar,
Und tausend Bilder treten nah.

Was blieb an Wünschen unerfüllt,
Das nähm' ich noch gelassen mit:
Doch ach, der Frost so manchen hüllt,
Der einst so fröhlich drüber glitt!





Der Weiher

Er liegt so still im Morgenlicht,
So friedlich, wie ein fromm Gewissen;
Wenn Weste seinen Spiegel küssen,
Des Ufers Blume fühlt es nicht;
Libellen zittern über ihn,
Blaugoldne Stäbchen und Karmin,
Und auf des Sonnenbildes Glanz
Die Wasserspinne führt den Tanz;
Schwertlilienkranz am Ufer steht
Und horcht des Schilfes Schlummerliede;
Ein lindes Säuseln kommt und geht,
Als flüstre's: Friede! Friede! Friede! —







Annette von Droste-Hülshoff (10. Januar 1797 – 24. Mai 1848)
Burg Hülshoff, im Garten






Der chilenische Lyriker Vicente García Huidobro Fernandez wird am 10. Januar 1893 in Santiago de Chile geboren. Huidobro ist der Älteste von sechs Geschwistern und seine Mutter sieht für ihn den Titel des Marqués de Casa Real vor. Er bekommt eine ausgezeichnete Erziehung bei den Jesuiten, und wird durch seine Mutter schon früh literarisch beeinflusst. Als bekannte Schriftstellerin und Feministin unterhält sie in Santiago de Chile einen literarischen Salon der in erster Linie Appolinaire gewidmet ist. Appolinaire ist es auch, der Huidobro im Anfangsstadium seines Schaffens massgeblich prägt. Die erste Phase seines dichterischen Schaffens ist vor allem romantisch und modernistisch geprägt. 1912 Leitet er die Zeitschrift ,,Musa Joven", welche aus sechs Ausgaben besteht. Ihre Nachfolge tritt die Zeitschrift ,,Azul" an, welche Huidobro mit Pablo de Rokha ein Jahr später gründet, und die drei Ausgaben hat. Wiederum ein Jahr später erhebt sein Gedichtband ,,Pasando y Pasando" erhebliches Aufsehen. Es handelt sich bei diesem Gedichtband um eine Sammlung bissiger Chroniken und Satiren über seine Gesellschaftsschicht und seine Erziehung bei den Jesuiten. Sein Grossvater, um das Ansehen der Familie besorgt, verbrennt den grössten Teil der Auflage.
Im selben Jahr leitet Huidobro in Santiago de Chile die Konferenz ,,Non serviam" und legt somit den Grundstein für die neue Ästhetik. 1916 reist er mit seiner Familie nach Buenos Aires um dort einen Vortrag zu halten. In diesem Vortrag stellt er zum ersten Mal seine creacionistische Theorie vor,
Während seines Aufenthaltes in Buenos Aires erscheint auch sein Gedichtband ,,El espejo de Agua" in welchem sich unter anderen das Gedicht ,,Arte Poetica" befindet. Nachdem er Buenos Aires verlassen hatte, schifft er mit seiner Familie in Europa ein und lässt sich zunächst in Paris nieder. Von dort aus reist er nach Spanien, wo er zur Bildung der ,,Ultraístas" beiträgt. Zurück in Paris schreibt er 1917 für die Zeitschrift ,,Nord - Sud", in welcher er auch Teile von ,,El espejo de Agua" veröffentlicht.
1921 gründet er die Zeitschrift ,,Creación. Revista Internacional del Arte", welche er in Madrid herausgibt. Zusammen mit dem Franzosen Pierre Ruerdy ist er auf der Suche nach der idealen Verwirklichung seiner creacionistischen Theorie.


Stunden

Eine kleine Stadt
Ein auf der Ebene haltender Zug
Taube Sterne schlafen
in jeder Pfütze
Und das Wasser zittert
Vorhänge im Wind
Die Nacht hängt in den Bäumen der Allee
Im blumenbewachsenen Turm
Blutet ein beständiges Tröpfeln
Die Sterne aus
Dann und wann
Fallen die reifen Stunden
Auf das Leben





Nacht

Die Nacht gleitet hörbar über den Schnee
Das Lied fiel aus den Bäumen
Und durch den Nebel klangen Stimmen
Ich zündete meine Zigarre an einem Blick an
Mit jedem Öffnen der Lippen
Überflute ich die Leere mit Wolken
Im Hafen
Sind die Masten voller Nester
Und der Wind
seufzt in den Flügeln der Vögel
DIE WELLEN WIEGEN DAS TOTE SCHIFF
Ich pfeifend am Ufer
Betrachte den zwischen meinen Fingern glimmenden Stern



Übersetzt von Johannes Beilharz







Vicente Huidobro (10. Januar 1893 – 2. Januar 1948)

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Zuletzt aktualisiert: 23. Jan, 19:14

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