Gabriel García Márquez, Günter Kunert
Der kolumbianische Schriftsteller Gabriel García Márquez wurde am 6. März 1928 in dem Dorf Aracataca als ältestes von sechzehn Kindern eines Telegraphisten geboren. Seine frühe Kindheit verbrachte er bei seinen Großeltern. Er studierte Jura in Bogotá, dann in Cartagena, bevor er sich ausschließlich dem Schreiben zuwandte. Als Journalist arbeitete er u.a. für El Espectador in Bogotá. Aufenthalte in Rom und Paris. 1957 reiste er als Reporter in die DDR und die UDSSR. Er vertrat die kubanische Presseagentur Prensa Latina in Bogotá und New York. 1967 gelang ihm mit »Hundert Jahre Einsamkeit« der literarische Durchbruch. Mit einer weltweiten Auflage von weit über zehn Millionen Exemplaren machte dieser Roman ihn zum meistgelesenen lateinamerikanischen Autor. 1982 wurde Gabriel García Márquez mit dem Nobelpreis geehrt.
Aus: Leben, um davon zu erzählen (Übersetzt von Dagmar Ploetz)
"So wurde also in Aracataca der erste von sieben Söhnen und vier Töchtern geboren, am 6. März 1927, bei einem für die Jahreszeit höchst ungewöhnlichen Platzregen, während am Horizont das Sternbild des Stiers aufzog. Der Knabe wäre fast von der Nabelschnur stranguliert worden, da die Hebamme der Familie, Santos Villero, im ungünstigsten Augenblick die Übersicht verlor. So auch Tante Francisca, die zur Eingangstür rannte und wie bei einer Feuersbrunst schrie: 'Ein Junge! Ein Junge!' Und gleich darauf, wie beim Sturmläuten: 'Rum her, er erstickt.' ... Ich hätte eigentlich Olegario heißen sollen, das war der Heilige des Tages, doch niemand hatte einen Heiligenkalender zur Hand, also gaben sie mir in der Eile den Namen meines Vaters, und dazu noch den des Tischlers, José, weil er der Patron von Aracataca und März sein Monat war. Misia Juana de Freytes schlug noch einen dritten Namen vor, um der allgemeinen Versöhnung zu gedenken, die innerhalb der Familie und des Freundeskreises mit meiner Geburt stattgefunden hatte, aber auf dem offiziellen Taufschein, der drei Jahre später ausgestellt wurde, vergaß man ihn: Gabriel José de la Concordia."
Gabriel García Márquez (Aracataca, 6. März 1928)
Der deutsche Lyriker und Schriftsteller Günter Kunert wurde am 6. März 1929 in Berlin geboren. Nach dem Besuch der Volksschule war es Günter Kunert auf Grund der nationalsozialistischen Rassengesetze (seine Mutter war Jüdin) nicht möglich, eine höhere Schule zu besuchen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges studierte er in Ost-Berlin fünf Semester Grafik, brach sein Studium dann jedoch ab. 1948 trat er der SED bei. Er lernte Bertolt Brecht und Johannes R. Becher kennen.
1972/73 war er Gastdozent an der University of Texas in Austin, 1975 an der University of Warwick in England. Er gehörte 1976 zu den Erstunterzeichnern der Petition gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann. Daraufhin wurde ihm 1977 die SED-Mitgliedschaft entzogen. 1979 ermöglichte ihm ein mehrjähriges Visum das Verlassen der DDR. Kunert ließ sich mit seiner Frau Marianne in Kaisborstel bei Itzehoe nieder, wo er bis heute als freier Schriftsteller lebt. Kunert gilt als einer der vielseitigsten und bedeutendsten Gegenwartsschriftsteller.
Leute
Kleine Leute, große Leute
gab es gestern, gibt es heute,
wird es sicher immer geben,
über, unter, hinter, neben
dir und mit und ihm und ihr:
Kleine, Große sind wie wir.
Größer als ein Großer kann
aber sein ein kleiner Mann.
Klein und groß sagt gar nichts aus,
sondern nur, was einer draus
für sich selbst und alle macht.
Darum habe darauf acht:
Wer den andren hilft und stützt
und sich nicht nur selber nützt,
hat das richtige Format -
ob ein Zwerg er oder grad
lang wie eine Latte ist
oder einen Meter mißt.
Kleine Leute, große Leute
gab es gestern, gibt es heute.
Der alte Mann
Der alte Mann
studiert die Todesanzeigen
mit Befriedigung:
Generaldirektor Sowieso
verstarb im sechzigsten Lebensjahr.
Da fühlt man sich gleich besser
und gesünder und fast
glücklich. Wie im Krieg, wo
die Granaten links und rechts
einschlugen. Es trifft
immer die anderen. Gott sei Dank,
daß ich kein anderer bin.
Günter Kunert (Berlin, 6. März 1929)
Aus: Leben, um davon zu erzählen (Übersetzt von Dagmar Ploetz)
"So wurde also in Aracataca der erste von sieben Söhnen und vier Töchtern geboren, am 6. März 1927, bei einem für die Jahreszeit höchst ungewöhnlichen Platzregen, während am Horizont das Sternbild des Stiers aufzog. Der Knabe wäre fast von der Nabelschnur stranguliert worden, da die Hebamme der Familie, Santos Villero, im ungünstigsten Augenblick die Übersicht verlor. So auch Tante Francisca, die zur Eingangstür rannte und wie bei einer Feuersbrunst schrie: 'Ein Junge! Ein Junge!' Und gleich darauf, wie beim Sturmläuten: 'Rum her, er erstickt.' ... Ich hätte eigentlich Olegario heißen sollen, das war der Heilige des Tages, doch niemand hatte einen Heiligenkalender zur Hand, also gaben sie mir in der Eile den Namen meines Vaters, und dazu noch den des Tischlers, José, weil er der Patron von Aracataca und März sein Monat war. Misia Juana de Freytes schlug noch einen dritten Namen vor, um der allgemeinen Versöhnung zu gedenken, die innerhalb der Familie und des Freundeskreises mit meiner Geburt stattgefunden hatte, aber auf dem offiziellen Taufschein, der drei Jahre später ausgestellt wurde, vergaß man ihn: Gabriel José de la Concordia."
Gabriel García Márquez (Aracataca, 6. März 1928)
Der deutsche Lyriker und Schriftsteller Günter Kunert wurde am 6. März 1929 in Berlin geboren. Nach dem Besuch der Volksschule war es Günter Kunert auf Grund der nationalsozialistischen Rassengesetze (seine Mutter war Jüdin) nicht möglich, eine höhere Schule zu besuchen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges studierte er in Ost-Berlin fünf Semester Grafik, brach sein Studium dann jedoch ab. 1948 trat er der SED bei. Er lernte Bertolt Brecht und Johannes R. Becher kennen.
1972/73 war er Gastdozent an der University of Texas in Austin, 1975 an der University of Warwick in England. Er gehörte 1976 zu den Erstunterzeichnern der Petition gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann. Daraufhin wurde ihm 1977 die SED-Mitgliedschaft entzogen. 1979 ermöglichte ihm ein mehrjähriges Visum das Verlassen der DDR. Kunert ließ sich mit seiner Frau Marianne in Kaisborstel bei Itzehoe nieder, wo er bis heute als freier Schriftsteller lebt. Kunert gilt als einer der vielseitigsten und bedeutendsten Gegenwartsschriftsteller.
Leute
Kleine Leute, große Leute
gab es gestern, gibt es heute,
wird es sicher immer geben,
über, unter, hinter, neben
dir und mit und ihm und ihr:
Kleine, Große sind wie wir.
Größer als ein Großer kann
aber sein ein kleiner Mann.
Klein und groß sagt gar nichts aus,
sondern nur, was einer draus
für sich selbst und alle macht.
Darum habe darauf acht:
Wer den andren hilft und stützt
und sich nicht nur selber nützt,
hat das richtige Format -
ob ein Zwerg er oder grad
lang wie eine Latte ist
oder einen Meter mißt.
Kleine Leute, große Leute
gab es gestern, gibt es heute.
Der alte Mann
Der alte Mann
studiert die Todesanzeigen
mit Befriedigung:
Generaldirektor Sowieso
verstarb im sechzigsten Lebensjahr.
Da fühlt man sich gleich besser
und gesünder und fast
glücklich. Wie im Krieg, wo
die Granaten links und rechts
einschlugen. Es trifft
immer die anderen. Gott sei Dank,
daß ich kein anderer bin.
Günter Kunert (Berlin, 6. März 1929)
froumen - 6. Mär, 18:47